Gelegentlich reicht es im Fußball wie im Leben, jemanden aus seinen eingefahrenen Bahnen zu holen, und er ist wie neu belebt. Das extremste Beispiel hierzu liefert gerade Manchester United: Unter Trainer José Mourinho fristete das Team bis Weihnachten ein kümmerliches Dasein – und vom ersten Tag an unter dem neuen Coach Ole Gunnar Solskjaer spielt es wie befreit. Von den bislang elf Spielen unter Solskjaer gewann United sagenhafte zehn Partien.

Wer heute, zu Beginn des Champions-League-Achtelfinals, irgendwo jemanden mit dem Kopf auf eine Tischplatte schlagen sieht: Das ist vermutlich jemand, der vor Weihnachten eine scheinbar sichere Wette auf Uniteds Gegner Paris Saint-Germain abgeschlossen hat.
Solskjaer gab United den freien Spielstil zurück
Was bei United geschieht, ist ein Lehrbeispiel für alle Chefs dieser Welt: Sie mögen gute Gründe haben, schlecht gelaunt und zornig zu sein – aber wenn sie damit die ganze Truppe belästigen, legt es den Betrieb lahm. So erging es Mourinho, der vor der Saison in einer Hotel-Lobby laut ins Handy schrie: „Alles ist Scheiße!“, weil der Vorstand ihm nicht die gewünschten Neuzugänge wie Jérôme Boateng genehmigte. Mit seinem Negativismus zog Mourinho seine Spieler herunter: Er kanzelte Paul Pogba oder Anthony Martial ab, er sperrte das Team in ein defensiv orientiertes Spielsystem ein. Solskjaer musste nicht viel tun, außer vernünftig zu sein: Er gab United einen natürlicheren, offensiveren und freieren Spielstil zurück; er behandelt die Spieler respektvoll. Pogba und Martial gehören seit Wochen zu den Besten.
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Nur ein Problem hat United nun: Wie werden sie Solskjaer wieder los? Denn eigentlich sollte er bloß die Dinge kurzzeitig richten, ehe im Sommer eine Trainerkoryphäe à la Mauricio Pochettino von Tottenham übernimmt. Aber wie kann United einen Trainer wegschicken, der nur gewinnt? Dabei weiß niemand, ob Solskjaer tatsächlich ein außergewöhnlich guter Trainer ist oder nur vom wunderbaren Ich-kam-nach-Mourinho-Effekt profitiert. In seinem bislang einzigen anderen Trainerjob in England stieg Solskjaer mit Cardiff City ab.
Immer dienstags wechseln sich an dieser Stelle Bestsellerautor Ronald Reng, Kulttrainer Hans Meyer, der Ex-Schiedsrichter und heutige Motivationscoach für Unternehmen, Babak Rafati, Sky-Kommentator Wolff Fuss und Jochen Breyer, Moderator des ZDF-„Sportstudios“, mit Meinungsbeiträgen ab. Sie sind alle Kolumnisten des RedaktionsNetzwerks Deutschland (RND).