In der 75. Minute nahm Selina Cerci an der Seitenlinie Aufstellung. Noch ein paar letzte Anweisungen von Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg, womöglich auch der eine oder andere gute Wunsch für’s Debüt – dann war die 21-jährige Angreiferin vom 1. FFC Turbine Potsdam bereit für ihren ersten DFB-Auftritt. Zum 1:1 (0:0)-Unentschieden gegen Spanien zum Auftakt des Arnold Clark Cups im Riverside-Stadion von Middlesbrough konnte die Potsdamer Top-Torjägerin bei ihrer Premiere im Nationalmannschaftstrikot am Donnerstag sogar noch einen kleinen Beitrag leisten, als sie mit ihrem beherzten Nachsetzen an der Außenlinie den Ballgewinn vor Lea Schüllers spätem Ausgleichstreffer erzwang.
Dabei waren die Vorzeichen für diesen EM-Härtetest (Voss-Tecklenburg: „Das sind drei Top-Nationen, die uns alles abverlangen werden.“) für die deutsche Auswahl alles andere als ideal. Gleich reihenweise sagten die von ihr nominierten Spielerinnen für das Vier-Nationen-Turnier auf der Insel coronabedingt ab. Vor allem bei den Akteurinnen des VfL Wolfsburg hatte das Virus richtig zugeschlagen. So musste unter anderen Turbine Potsdams frühere Kapitänin Svenja Huth wegen einer Infektion für die England-Reise passen. Am Wochenende seien die Hiobsbotschaften fast stündlich eingetrudelt, berichtete die Bundestrainerin über die Hürden im Vorfeld des Turniers. „Das hat viel Energie gebraucht. Dass uns das dann in der massiven Form trifft, ist unglücklich, aber nicht veränderbar“, sagte die 54-Jährige. Man wolle nun aber „etwas Cooles draus machen“, betonte sie



Zum Start ins EM-Jahr – das Kontinentalturnier findet vom 6. bis 31. Juli ebenfalls in England statt – bekommen so noch einmal neue Kräfte die Gelegenheit, sich zu präsentieren. „Vielleicht nutzt das die eine oder andere, um den Etablierten nochmal Druck zu machen“, so Martina Voss-Tecklenburg. „Für jede, die nicht dabei sein kann, ist es schade. Aber für jede, die hier ist, ist es eine Riesenchance.“ Neben Cerci, die mit elf Treffern auch das Bundesliga-Torranking anführt, profitierten auch die Debütantinnen Martina Tufekovic, Sarai Linder und Chantal Hagel (alle TSG Hoffenheim) sowie die 29-jährige Ramona Petzelberger von Aston Villa von der deutschen Absagen-Flut. Erste DFB-Spielminuten sammeln durfte zum Start des Vier-Nationen-Turniers, bei dem Deutschland noch auf Olympiasieger Kanada (Sonntag, 21.15 Uhr) und Gastgeber England (Mittwoch, 20.30 Uhr) trifft, aber nur die Potsdamerin.
Sie sah zunächst von der Bank, wie Weltfußballerin Alexia Putellas vom FC Barcelona die Spanierinnen direkt nach der Halbzeitpause in Führung schoss (46. Spielminute). Keine gute Figur machte dabei die erst 20-jährige Wolfsburgerin Lena Oberdorf, die Martina Voss-Tecklenburg etwas überraschend als Abwehrchefin aufgeboten hatte. Die Ibererinnen hatten die Partie bis dahin kontrolliert, aber Merle Frohms im deutsche Tor kaum zu nennenswerten Aktionen gezwungen.
Lea Schüller gleicht aus
Das änderte sich nach dem Wechsel. Da verhinderte die Frankfurter Keeperin gleich doppelt den zweiten Einschlag. Zuvor hatte Münchens Lina Magull die beste DFB-Chance vergeben (72.). Bayern-Kollegin Lea Schüller besorgte mit ihrem 24. Tor im 35. Länderspiel in der 88. Minute schließlich den Ausgleich. Ein Teilerfolg für die ersatzgeschwächte deutsche Elf und ein Vorgeschmack auf die EM, wo die Spanierinnen neben Dänemark und Finnland zu den Vorrundengegnern gehören.