Noch eine Nahaufnahme, die Kamera zoomt, es folgt das traditionelle Spiel am Kickertisch, wenig später ist der Auftritt von Luis Zwick im Studio des Sportbuzzer-Talks der MAZ beendet. Zu verkünden hatte Zwick, Profi-Torhüter – neben Einblicken in die Welt eines Berufsfußballspielers im rauen Schottland und Details seiner ungewöhnlichen Laufbahn – gestern Vormittag auch einen sich anbahnenden Vereinswechsel: „Ich stehe in guten Gesprächen mit Hansa Rostock“, berichtete der 23 Jahre alte Torhüter, der seine Laufbahn beim Teltower FV begann, „es wäre ein Traum, wenn es klappen sollte.“
Ein Fall für Fußball-Romantiker
Damit steht eine Geschichte, die bei Fußball-Romantikern für anhaltendes Herzklopfen sorgt, vor ihrer Fortsetzung: 2015 hatte Zwick innerhalb weniger Monate den Sprung vom Berlinligisten Zehlendorf in die Startelf des schottischen Premier-League-Clubs Dundee United geschafft – ein im heutigen Fußballbusiness, wo der hinterste Amateurligaplatz nach Talenten abgegrast wird – kaum noch für möglich gehaltener Vorgang. In Rostock wird derzeit ein personeller Umbruch vollzogen, Neu-Trainer Pavel Dotchev formiert ein Ensemble für die kommende Saison in der dritten Liga. Auch im Torhüter-Bereich stellt sich der Club derzeit neu auf. Am Freitag hatte der FCH Kai Eisele vom SC Freiburg II unter Vertrag genommen.
Vor 40 000 Zuschauern gegen Celtic Glasgow
Eine gewisse Symbolik in Sachen Luis Zwick verströmen die Kameras im Talk-Studio der Märkischen Allgemeinen Zeitung: Mit einem Video hatte sich Zwick, der ohnehin erst mit 14 Jahren von einer Feldposition ins Tor wechselte, bei einer Reihe von Vereinen beworben. Wie schon beim Start seiner Torhüter-Laufbahn – „der Trainer hat mich ins Tor gestellt, weil ich der Größte war“ – hilft der Zufall und günstige Umstände: Lediglich in Dundee, beim United Football Club, öffnet sich die Tür zu einem Probetraining – eine deutsche Pressesprecherin knüpft den Kontakt.
Zwick beißt sich in der 150 000-Einwohner-Stadt an der schottischen Ostküste monatelang ohne Gehalt im Reserveteam durch, dann schafft er den Sprung ins Tor des Profiteams. Ein Traum wird wahr, Zwick steht unter anderem zweimal gegen Celtic Glasgow im Tor und läuft vor mehr als 40 000 Zuschauern in der legendären Arena in Glasgow auf, „das war ein unglaubliches Gefühl, dort zu spielen“. Allerdings brechen für United, viele Jahrzehnte Inventar der schottischen Eliteliga und Endspielteilnehmer des UEFA-Cups in der Saison 1986/87, turbulente Zeiten an.
K.o. in der Relegation gegen Hamilton Academical
Nach 13 Partien verliert der Shootingstar im Zuge einer Negativserie des Clubs und mehrerer Trainerwechsel seinen Stammplatz, am Ende der Spielzeit 2015/16 rutscht Dundee in die zweithöchste Spielklasse ab. In der gerade abgelaufenen Saison kämpft er sich als Reservekeeper (vier Ligaeinsätze, dazu spielte Zwick in diversen Cup-Wettbewerben) mit dem Ensemble bis ins Relegationsfinale, in dem der Traditionsverein aber an der allerletzten Hürde gegen Hamilton Academical (0:0, 0:1) die direkte Rückkehr verpasst. „Ich habe meinen Vertrag nicht verlängert, weil es immer mein Traum war, im deutschen Profibereich zu spielen“, sagt Zwick, „und weil ich mehr spielen möchte, dieses Gefühl hat mir der Trainer in Dundee nicht gegeben. Es wurde Zeit für einen neuen Schritt.“ Schon Ende April hatte Zwick im Gespräch mit dem Sportbuzzer mit einem Weggang aus Schottland geliebäugelt.
Derzeit macht der Keeper Urlaub und genießt den Aufenthalt in der Heimat, vielleicht aber wird die sportliche Traumreise mit dem nächsten Engagement eines Traditionsvereins in Kürze fortgesetzt: Von Dundee in die Hafenstadt Rostock, oder wie manch einer auf der Insel sagt, wenn ein Torhüter den Ball bei einem Abschlag direkt zu seinem Kollegen befördert: Von Küste zu Küste.
Anzeige: Erlebe die gesamte Bundesliga mit WOW und DAZN zum Vorteilspreis