Oberstdorf. Natürlich hat sich Martin Hamann als Zuschauer im Oberstdorfer Stadion über die grandiose WM-Goldmedaille für das deutsche Skisprung-Team gefreut. Aber der aus Altenbach in der Nähe von Wurzen stammende Flieger war verständlicherweise auch ein bisschen traurig, als die deutsche Hymne für Karl Geiger, Markus Eisenbichler, Pius Paschke und Severin Freund erklang. Schließlich hätte er selbst auf dem obersten Siegerpodest stehen können, wenn seine Leistung am Freitagabend beim Einzelspringen von der Großschanze etwas besser gewesen wäre.
„Das ist schon ein bisschen ärgerlich, weil ich besser Skispringen kann, als ich bei der WM gezeigt habe“, sagt Hamann. Im Kampf um den vierten Startplatz im deutschen Team hatte Hamann als 24. im Einzelspringen von der Großschanze das Duell gegen Routinier Severin Freund (22.) hauchdünn verloren. Winzige 2,8 Punkte fehlten dem Muldentaler zum Sprung ins deutsche Quartett - das sind umgerechnet knapp 1,56 Meter. Die Differenz zwischen der Zuschauerrolle und WM-Gold.



Besonders bitter ist das auch deshalb, weil Hamann diese Erfahrung in diesem Winter schon einmal gemacht hat. Auch bei der Skiflug-WM in Planica verlor der Rand-Leipziger das Duell um den vierten Startplatz knapp, damals gegen Constantin Schmid. Das deutsche Team gewann Silber. Andere wären nach derlei Erlebnissen nur frustriert, doch für Martin Hamann sind sie eher eine große Motivation für den nächsten Winter: „Bei Olympia 2022 will ich zur deutschen Mannschaft gehören. Und zwar zu den besten Vier und nicht nur zu den besten Fünf oder Sechs.“
"Tolle Erfahrung"
Dass er das Potenzial dazu hat, ist unumstritten. Bundestrainer Stefan Horngacher beschreibt den 23 Jahre alten Flieger als „Mann für die Zukunft“. Auch Horst Hüttel, Sportlicher Leiter Skispringen im Deutschen Skiverband (DSV), ist „vom riesigen Potenzial von Martin Hamann“ überzeugt: „Er war ja bei der Deutschen Meisterschaft und beim Weltcup-Auftakt in Wisla deutlich besser unterwegs“. Beim nationalen Championat gewann Hamann Silber, in Wisla segelte er auf unglaubliche 138,5 Meter. Doch danach konnte er seine oft überragenden Trainingsleistungen nicht mehr in den Wettkampf bringen.
Das galt auch für die WM. „Ich mache mir manchmal zu viele Gedanken. Das findet alles im Kopf statt“, analysiert der Fan der Fußballer von RB Leipzig. Wenn er sich im Wettkampf selbst zu viel Druck macht, findet Hamann die perfekte Anfahrtsposition nicht und kann seine Stärken im Flug deshalb nicht wie gewünscht ausspielen: „Ich muss halt weiter dranbleiben und arbeiten. Wenn mein Grundniveau höher wird, kann ich auch mehr drauf vertrauen und zweifle nicht mehr so viel. Ich muss einfach meine sieben Sachen beieinander haben.“
Es bleibt also viel Arbeit für den angehenden Polizeimeister, der einst auf der Schanze in Eilenburg das Skisprung-ABC gelernt hat. Allerdings kann er durchaus auch stolz auf seinen bislang besten Winter sein, in dem er sich im deutschen Weltcup-Team festsetzen konnte und erstmals den Sprung zu einer Nordischen Ski-WM geschafft hat. „Es war eine tolle Erfahrung, ich habe das WM-Feeling erlebt. Das kann ich mitnehmen. Oberstdorf hat das auch ohne Zuschauer sehr gut gemacht, zum Beispiel mit den Lichteffekten bei den Siegerehrungen.“ Beim Olympia in knapp einem Jahr in Peking will Martin Hamann dann aber endlich selbst mit auf dem Siegerpodest stehen.
Anzeige: Erlebe die Relegation zwischen dem SV Wehen Wiesbaden und Arminia Bielefeld auf WOW und fiebere live mit!