Abbrechen? Einfrieren? Annullieren? Der Fußball steckt – wie andere Sportarten auch – in der größten Krise, seit es Ligen, Tabellen und Punkte gibt. Die Klubs fordern eine Entscheidung der Verbände: Wie sieht der Weg aus der Krise aus? Der Deutsche Fußball-Bund mit sieben Millionen Mitgliedern überlässt den regionalen Verbänden die Suche nach dem Weg.
Der größte unter ihnen, der Bayerische Fußball-Verband (BFV/1,6 Millionen Mitglieder) ist mit DFB-Vize Rainer Koch Vorreiter in der Corona-Krise. Der BFV beschloss, die Saisons zu Ende zu spielen, frühestens ab dem 1. September. Der Niedersächsische Fußballverband (NFV) ist auf dem Weg, den Bayern zu folgen.
Ist alles bereits beschlossene Sache?
Nein. Der BFV befragte alle 5100 Vereine in Bayern. Die große Mehrheit der Vereine schloss sich dem Vorschlang des BFV an. Der NFV (2600 in Niedersachsen) ist noch nicht so weit. „Über die Fortführung der Saison wurde noch nicht entschieden“, sagt Jens Grützmacher, Vorsitzender des NFV-Kreises Region Hannover.
Geplant ist für Dienstag (19 Uhr) eine Infoveranstaltung über Video mit den 230 Vereinen des Kreises. Bis Mittwoch soll von allen Kreisen ein Meinungsbild eingeholt worden sein. Darauf aufbauend soll die Entscheidung getroffen werden. NFV-Boss Günter Distelrath hat eine klare Meinung: „Ein Abbruch bringt keine Vorteile. Ganz im Gegenteil: Es kämen weitere Haftungsfragestellungen auf“, sagt er.



Was, wenn sich die Vereine gegen die Verbände entscheiden und für einen Saisonabbruch stimmen?
Dann gibt es Streit. Denn die Verbände haben sich für eine Fortsetzung der Saison entschieden, um Klagen der Vereine zu vermeiden – bei eventuellem Nichtaufstieg, bei Abstieg oder Annullierung der Saison. Dazu nahm DFB-Vize Koch Stellung: „Sollte der Vorstandsvorschlag keine Mehrheit finden, müssten die Mitglieder und Vereine auf dem außerordentlichen Verbandstag einen Antrag mit ihrem Lösungsvorschlag stellen und eine Entscheidung mit allen Konsequenzen treffen. Davor müsste ein Haftungsausschluss des Vorstands beschlossen werden.“
Heißt: Entweder folgt man den Verbänden – oder die Vereine müssten allein Wege aus der Krise finden.
Was ist mit der Saison 2020/2021?
Die Saison 2019/2020 soll auf jeden Fall zu Ende gespielt werden – notfalls bis zum 30. Juni 2021. Die Saison 2020/2021 könnte verkürzt oder sogar ganz geopfert werden – zugunsten der laufenden Saison. Koch dazu: „Es könnte zur Folge haben, dass es dann keine Saison 2020/21 gibt. Aber dann würde wenigstens die jetzige Saison 2019/20 zu Ende gespielt werden.“ Ob und wann doch beide Serien gespielt werden können, hängt von den Auswirkungen der Corona-Krise ab – also unklar.
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Wie bindend ist der 1. September als Neustart-Datum?
Gar nicht. Natürlich wissen die Verbände nicht, ob dann gespielt werden kann. Wie gespielt werden soll, zeichnet sich aber ab. Die Formulierung „geregelter Spielbetrieb“ kommt in dem Entwurf häufig vor. Jedes Wochenende soll gespielt werden – wenn seitens der Behörden und der Politik gespielt werden darf.
Darf schon vor dem 1. September gespielt werden?
Ja, der Termin betrifft den Pflichtspielbetrieb. Sollte die Politik die Trainingsplätze freigeben, darf nach Lust und Laune getestet und trainiert werden.
Für welche Ligen soll die Regelung gelten?
Grundsätzlich von der Oberlige der Männer abwärts, für die Frauen und die Jugend.
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Und die Regionalliga?
Der Bayerische Verband erklärte, dass in der Regionalliga Süd „nicht vor dem 1. September 2020 gespielt“ wird. Da der BFV auch hier Vorreiter ist, wird wohl der Norddeutsche Fußball-Verband für die Regionalliga Nord genauso entscheiden. Vorsitzender der Norddeutschen ist Niedersachsens Fußballchef Distelrath.
Was ist mit Spieler- und Trainerverträgen, die am 30. Juni 2020 enden?
Das ist der schwierigste Komplex. Arbeitsrecht steht hier gegen Spielrecht. Endet der Vertrag eines Spielers, kann er sich mit dem Klub einigen – das wäre unproblematisch. Aber: Hat der Spieler bereits einen Vertrag bei einem neuen Klub unterschrieben, wird es schwierig. „Wir können den Spielern eigentlich nicht verbieten, zu wechseln“, sagt 96-Akademie-Chef Michael Tarnat.
Der BFV wird per Spielrecht so einen Wechsel innerhalb eines Verbandes verbieten. Alle Verbände sollen dem bayerischen Beispiel folgen. In Einzelfällen wird dann wohl arbeitsrechtlich geklagt werden.