13. Januar 2023 / 07:17 Uhr

"Mr. Zuverlässig", Schwachstellen und Co.: Der Kader der DHB-Auswahl in der Analyse

"Mr. Zuverlässig", Schwachstellen und Co.: Der Kader der DHB-Auswahl in der Analyse

Jens Kürbis
Lübecker Nachrichten
Bundestrainer Alfred Gislason startet am Freitag mit der DHB-Auswahl in die WM.
Bundestrainer Alfred Gislason startet am Freitag mit der DHB-Auswahl in die WM. © IMAGO/Sven Simon (Montage)
Anzeige

Die deutsche Handball-Nationalmannschaft will zum WM-Auftakt gegen Asienmeister Katar mit Herzblut und Leidenschaft agieren. In den Testspielen hinterließ die DHB-Auswahl einen gemischten Eindruck. Bundestrainer Alfred Gislason blickt dennoch auf ein stabiles Grundgerüst im Kader.

Im Novotel von Kattowitz schlappen serbische, saudische und polnische Spieler lässig durch die Hotellobby. Mittendrin im Gewusel fängt ein Autogrammjäger den französischen Star Dika Mem ab, stoppt Nikola Karabatic für ein Selfie. Und als die Grande Nation in einer Art Linienbus zum Training rollt, fahren Deutschlands Handballer vor. Mit gut einstündiger Verspätung gelandet, ist die DHB-Auswahl als letzte Mannschaft im WM-Vorrundenort eingetroffen.

Anzeige

"Die Abfertigung in Hannover hat etwas länger gedauert", berichtet Sportvorstand Axel Kromer, "der Flieger war voll." So voll, dass der Stauraum nicht reichte und die letzten vier Sitzreihen des Charterfliegers für Metallkisten und Koffer herhalten mussten. "Wir haben Wochen vor uns, in denen wir den Handball voranbringen wollen", kündigte Kromer nach der Ankunft im Hotel an und registrierte vor dem Auftaktspiel an diesem Freitag gegen Asienmeister Katar (18 Uhr, ZDF und Sportdeutschland.tv) im Team "viel Vorfreude". Die hat auch der Berliner Paul Drux, der vor seiner fünften WM-Teilnahme steht.

Im Trainingslager hatte die DHB-Auswahl am Abend zuvor das Eröffnungsspiel Polen gegen Frankreich geschaut. "Und da kribbelt es dann schon, wird jetzt immer mehr", sagte Drux. Abschlusstraining, Therapien, lange schlafen, Frühstück und ein Spaziergang – das ist der Plan bis zum Anwurf in der 11 000 Zuschauer fassenden Spodek-Arena.

Mit Leidenschaft und Herzblut will die DHB-Auswahl nach zuletzt sieben medaillenlosen Turnieren den Anschluss an die Weltspitze wiederherstellen, sich als nahbare Einheit, als junge und hungrige Truppe präsentieren und ein Millionenpublikum vor den TV-Geräten begeistern. Katar, der Asienmeister, gegen den sie bei der WM 2015 im Viertel- und zwei Jahre später im Achtelfinale die Segel streichen musste, wird dabei der erste, vielleicht schon der entscheidende Gradmesser. Bundestrainer Alfred Gislason fordert: "Fakt ist: Wir müssen über 60 Minuten ein richtig gutes Spiel machen."

Anzeige

Daran haperte es zuletzt in den Testspielen gegen Island. "Der erste Anzug passt schon sehr gut, der zweite noch nicht", erklärte Gislason. Der erste Anzug, das sind namentlich Torwart Andreas Wolff, Kreisläufer Johannes Golla, Spielmacher Juri Knorr, dazu die Halben Julian Köster und Kai Häfner sowie die Außen Lukas Mertens und Pa­trick Groetzki.

Torhüter Andreas Wolff als sicherer Rückhalt

Zwischen den Pfosten ist Wolff als Nummer eins gesetzt. Der 31-Jährige spielt eine überragende Saison in Kielce, ist in bestechender Form, zeigt sich auch abseits als verwandelter, gereifter Wolff. "Ich habe erkannt, dass blinder Ehrgeiz nicht zielführend ist und es nichts bringt, sich unter Druck zu setzen, sodass man gefühlt die Last der ganzen Welt auf den Schultern trägt. Ich sehe die Dinge jetzt lockerer." Die Arbeit mit einer Sportpsychologin habe ihm dabei sehr geholfen. Im Team hat der Europameister von 2016 Torwart Joel Birlehm als WM-Neuling an seiner Seite.

KKH – das ist das Kürzel, auf das Gislason aus der zweiten Reihe setzt. Köster, den einige schon als Nachfolger von Pascal Hens, dem letzten deutschen Weltklassespieler auf der halblinken Königsposition, sehen, Spielmacher Knorr und Routinier Häfner sind für ihn erste Wahl. Die Halblinken Philipp Weber und Paul Drux und der Halbrechte Christoph Steinert können das Niveau dahinter halten. Danach folgt der Anzug, der noch nicht passt.

Golla ist Gislasons "Mr. Zuverlässig" – als Kapitän, am Kreis, wo er mit Patrick Kohlbacher einen gleichwertigen Ersatz hat, und in der Abwehr im Innenblock. Und das im Verbund mit Köster. Beweglich, trotz seiner zwei Meter Körpergröße ist der dabei erstaunlich fix auf den Beinen. Torhüter Wolff formulierte unterdessen schon mal den Anspruch: "Wir wollen wieder zu den Mannschaften zählen, gegen die man nicht gern spielen möchte."

Anzeige: Erlebe die gesamte Bundesliga mit WOW und DAZN zum Vorteilspreis