Leipzig. Das 1:1 von RB Leipzig beim 1. FC Köln, das waren 90 Minuten Tempo, Leidenschaft, Spaß, Offensive, intensive Zweikämpfe und ein Immer-wieder-Anrennen beider Mannschaften. Geißbock-Coach Steffen Baumgart nannte es später „ein geiles Spiel“, Sky-Kommentator und Rekordnationalspieler Lothar Matthäus bedankte sich gar bei den Kontrahenten, sprach von einem „schönen Fußballabend“. Prima, dass alle so viel Freude hatten! Dennoch stellt sich vor allem auf Seiten der Sachsen die Frage: Was ist er nun eigentlich wert, dieser so sehenswerte aber doch hart erarbeitete Punkt?
Antwort A: Nichts oder zumindest nicht viel
Vorstandschef Oliver Mintzlaff, bis dato engagiert dabei seinen neuen Coach Jesse Marsch zu verteidigen, sprach am Wochenende von vorhandenem Druck, „sich auch in dieser Saison für die Champions League zu qualifizieren“. Dieser Druck ist natürlich zum Einen finanzieller Natur. Rund 31 Millionen Euro kassiert RB in dieser Saison mindestens für die Teilnahme an der Königsklasse. Die Summe setzt sich zusammen aus Startprämien, einen Anteil am Marktpool sowie einem Anteil gemäß der Platzierung in der UEFA-Koeffizientenrangliste. Und sie kann höher werden, wenn die Leipziger in den Gruppenspielen punkten oder sich sogar für die KO-Phase qualifizieren. 31 Millionen, die in der RB-Kasse ein großes Loch hinterlassen würden, so sie wegen Nicht-Qualifikation 2022/23 nicht fließen würden.
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Zum Anderen sind die Partien auf der großen europäischen Bühne ein echtes Verpflichtungsargument. Kicker wie André Silva, Dani Olmo oder Josko Gvardiol entschieden sich auch deshalb für RB, weil sie an der Pleiße (eigentlich regelmäßig) Champions League spielen können. Ist das nicht mehr so, sind ambitionierte Kicker auch schnell wieder weg aus Leipzig.
Von Rang vier, dem ersten Champions-League-Platz, ist man am Cottaweg aktuell sechs Punkte entfernt. Auf Tabellenführer Bayern München, den man eigentlich angreifen und in dieser Saison weiter unter Druck setzen wollte, sind es sogar neun Zähler. Das ist in beiden Fällen keine kleine Lücke. Unentschieden helfen nur bedingt dabei, diese zu schließen, vor allem wenn die Konkurrenten beständig selbst dreifach punkten.
Antwort B: Ein wichtiger Anfang
Dreimal in Folge ging die Marsch-Elf als Verlierer vom Platz, kassierte in diesen Partien satte elf Gegentore. Zum Vergleich: In der gesamten Hinrunde 2020/21 waren es lediglich 14. Die Abwehr hat die Umstellung hin zum schnellen Umschaltspiel unter dem neuen Coach bis dato ebenso wenig wirkungsvoll verkraftet wie den Abgang des Innenverteidiger-Duos Dayot Upamecano und Ibrahima Konaté oder den Verlust der ordnenden Hand von Marcel Sabitzer.
Entscheidungen der Schiedsrichter (Abseitssituationen, Elfmeter) fielen zuletzt gern knäpplichst gegen Leipzig, getreu dem Motto: „Das Glück ist mit den Tüchtigen.“ oder auch „Wenn‘s läuft, läuft‘s. Und wenn nicht, dann eben nicht." Jesse Marsch brachte das am Samstag auf die Formel: „Wir sind in einer Phase, in der wir für alles kämpfen müssen.“ Vor dem Gastspiel in Köln hatte der 47-Jährige zudem noch einmal den Zusammenhang zwischen harter Arbeit, die er seinen Jungs immer wieder attestiert, und fehlenden Ergebnissen verdeutlicht. „Wir brauchen mehr und mehr Belohnungen, um ein besseres Gefühl in der Gruppe zu haben.“



So gesehen war der Punkt in Köln ein wertvoller. Weil er nach drei Partien gänzlich ohne endlich wieder etwas Zählbares bereit hielt. Und weil sich das Team um Kapitän Peter Gulacsi nach ordentlicher aber ausbaufähiger erster Hälfte und dem Rückstand durch das zudem umstrittene Tor von Anthony Modeste aufbäumte, sich steigerte, in der letzten halben Stunde ihre seit dem Stuttgart-Spiel beste Leistung zeigte. Dabei trat genau die Mentalität zutage, die der Coach vorab gefordert hatte, als er meinte: „In schwierigen Momenten muss man ein bisschen mehr kämpfen, laufen und Duelle gewinnen. Ja, man kann immer etwas über die Taktik machen. Aber es ist immer auch etwas zu machen mit Wille.“ Oder um es mit Lothar Matthäus zu sagen: „Leipzig hat heute eine Reaktion gezeigt, das ist positiv.“
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