Mit Akeem Vargas kehrt ein ehemaliger Publikumsliebling zum Basketball-Bundesligisten zurück. Im Tageblatt-Interview spricht der 30-jährige Shooting Guard über sein erstes BG-Gastspiel, seine Stationen in Berlin und Frankfurt und seine künftige Rolle im Team von Headcoach Roel Moors.
Sie wurden von der BG Göttingen in den sozialen Medien mit den Worten begrüßt: „Fast jeden Sommer hat uns Akeem Vargas in der Geschäftsstelle besucht – dieses Mal konnten wir ihn endlich überreden, einen Vertrag zu unterschreiben.“ Mit anderen Worten: Was lange währt, wird endlich gut?
Es gab viele Gespräche, mit der BG ist der Kontakt nie abgerissen. Ich hatte auch immer den Wunsch, hier mal wieder zu spielen. Es war unklar, wann der Tag kommen wird, für mich war aber klar, dass er kommen wird.
Wie regelmäßig war der Kontakt mit Johan Roijakkers?
Wir hatten durchgängig Kontakt und haben viel über Basketball gefachsimpelt. Wir hatten im Sommer auch Rücksprachen, etwa wenn es bei mir um Vertragsverhandlungen mit anderen Teams ging, weil ich seine Meinung sehr schätze. Johan ist ein straight shooter, er sagt dir unverblümt die Wahrheit. Das mag ich sehr, aber es ist in dem Business eine Seltenheit. Er ist empathisch, vielleicht nicht so auf dem Feld, aber off the court sehr.
Wie war das, als Sie mit Berlin und Frankfurt gegen Göttingen gespielt haben: ein Spiel wie jedes andere?
Es war immer besonders. Ich glaube nicht, dass man das so trennen kann, gerade wenn man so tolle Verbindungen zu den Fans und dem Verein hatte wie ich. Ich freue mich darauf, vielleicht in der nächsten Saison einmal vor voller Halle auflaufen zu dürfen, um den Fans auch etwas zurückzugeben.
Wie sehr haben Sie die BG-Fans und die spezielle Göttinger Atmosphäre vermisst?
Die Stimmung habe ich absolut vermisst, zumal ich jetzt wieder auf der richtigen Seite stehe: Als Auswärtsteam hat man es hier immer schwer, egal ob mit Berlin oder Frankfurt, weil die Halle natürlich enormen Druck auf das Spiel und die Schiedsrichter ausübt. Wir wissen alle, wie die Stimmung explodieren kann, wenn man mal zwei Dreier oder einen Dunking trifft. Wir haben jetzt auch einige Springer in der Mannschaft, die der Coach verpflichtet hat, von daher wird es ein paar Dunkings geben. Ich reihe mich dann eher bei den Dreiern ein.
Das Basketball-Zentrum gab es in Ihrer ersten BG-Phase noch nicht. Was ist Ihr Eindruck vom BBZ?
Der Verein hat sich infrastrukturell enorm verbessert, auch deutschlandweit muss man sich vor niemandem verstecken. Es gibt ein einziges Team, dass das jetzt gerade toppt, das sind die Ulmer mit dem Orange Campus. Das ist noch mal eine Nummer größer. Aber abgesehen davon, ist das hier die beste facility: Die Wege sind extrem kurz, wenn ich mir den Kraftraum angucke, ist er besser als Berlin ausgestattet, und da sind wir ja schon bei einem der Top-zwei-Vereine.
Welche Erinnerungen an Ihre erste Zeit bei der BG haben sich eingeprägt?
Ein etwas anderer Coach, ein sehr entspannter Geschäftsführer, tolle Fans und einfach die Möglichkeit, dass ich hier eine tolle Plattform bekommen habe, meine Karriere zu starten.
Welchen Eindruck haben Sie von Ihrem neuen Coach Roel Moors?
Roel ist nicht Johan, muss er auch gar nicht sein, denn Johan hat hier in acht Jahren etwas sehr Tolles geschaffen, was in der Liga auch sehr selten ist in dem Ausmaß. Man darf Roel auch nicht daran messen, was in der letzten Saison in Bamberg gewesen ist, weil ich glaube, dass er es dort sehr schwer gehabt hat. Man muss eher sehen, wie Roel gecoacht hat, als er in Antwerpen war. Ich habe mir viel Videomaterial angeschaut und mag die Idee, wie er spielen will, ebenso, dass er gerade heraus ist. Was ich wirklich beeindruckend finde: Er ist einer der ersten Trainer, die ich erlebt habe, der wirklich jede Verpflichtung so gemacht hat, wie er es im Gespräch dargestellt hat.
Was haben Sie in Ihrer ersten Zeit in Göttingen für Ihre Karriere mitgenommen?
Dass ich auf dem richtigen Weg war, als ich als harter Arbeiter hierher kam, und dass ich das dank Johan noch mal auf ein anderes Level heben konnte. Dass ich dank der Videos und des Scoutings meine Skills noch mal verfeinern konnte. Dadurch bin ich heutzutage ein sehr erfahrener Spieler mit einem großen Know-how über die Liga und die Stärken und Schwächen der einzelnen Spieler.



Was hat Ihnen die Zeit bei Alba Berlin gebracht?
Viele Haken auf meiner Wunschliste, die ich als 15-Jähriger geschrieben hatte. Alba war mein Traumverein. Ich weiß noch, als ich damals in Urspring auf der Urspring-Mauer saß und zu den anderen Basketballern gesagt habe: Eines Tages spiele ich für Alba Berlin – das haben die Jungs damals noch belächelt.
Viele Jahre später waren wir dann mal auf meine Kappe einen trinken, weil es soweit war. Insofern ist Berlin für mich ein relativ emotionales Thema. Berlin hat mir ermöglicht, dass ich in der Euroleague spiele, dass ich vier Jahre lang Eurocup-Erfahrung sammeln konnte, dass ich in den tollsten Hallen gegen die tollsten Gegner in Europa gespielt habe, dass ich x-facher Nationalspieler wurde und zwei Titel gewinnen durfte. Ein toller Erfolg ist für mich auch die Situation rund um den Uni-Abschluss und das Alba-College: Ich konnte Spuren hinterlassen, auf denen jetzt andere wandeln.
Was nehmen Sie aus Frankfurt mit?
Dass ich, egal was ich für Rückschläge in meiner Karriere hatte, einen Weg gefunden habe, das Beste daraus zu machen, trotzdem Leistung abzurufen, auch wenn der Wohlfühlfaktor nicht so hoch wie in Göttingen oder Berlin war. Das ist eine wichtige Erfahrung im Leben, auch mit schwierigen Situationen zurechtkommen zu können. Jetzt freue ich mich umso mehr auf die Menschen und das Umfeld, das mich hier erwartet.
Bringen Sie eine Familie mit nach Göttingen?
Ich bin immer noch ledig, ich bringe mein Fahrrad mit. Ich bin übrigens auch in Berlin oft mit dem Fahrrad unterwegs gewesen, weil ich in Berlin-Mitte gewohnt habe und wir dort auch unsere Trainingshalle hatten. In Frankfurt hat das nicht so geklappt, aber jetzt freue ich mich darauf.
Wie beurteilen Sie die BBL-Situation in Corona-Zeiten?
Als Spieler hoffe ich natürlich, dass wir vor vielen Zuschauern spielen können, aber die Sicherheit aller Beteiligten steht im Vordergrund. Ich möchte aktuell mit keinem tauschen, der dieses Sicherheits- und Hygienekonzept aufstellen muss.
Wie sehr freuen Sie sich darauf, dass es am 31. August wieder mit dem Training losgeht?
Es wird ein sehr spannendes Jahr mit einer neuen Aufgabenverteilung, es werden neue Leader gesucht. Ein Grund, weshalb ich mich für Göttingen entschieden habe, ist der Fakt, dass ich hier eine größere Leader-Rolle übernehmen kann, als ich das in Frankfurt konnte. Für den Verein ist es schön, dass ich noch einige Sponsoren von damals kenne und ein Spieler sein kann, der die Brücke zwischen Team und Sponsoren bilden kann. Basketballerisch freue ich mich natürlich auf meine neuen Teamkollegen und auf den Trainingsbeginn. Der Competitor in mir brennt und ist geweckt. Ich bin gespannt darauf, wie es abläuft auf dem Parkett, wenn die Amerikaner hier auftauchen.
Akeem Vargas ist zurück bei der BG Göttingen
Gibt es schon einige zukünftige Mitspieler, mit denen Sie bereits zusammengespielt haben?
Nein, gibt es nicht. Aber auf dem Papier kenne ich Marvin Omuvwie, Dennis Kramer und Jorge Gutierrez. Ich glaube, dass Roel Moors sehr schnell spielen lässt und innerhalb von vier bis fünf Sekunden im Vorfeld sein will, im Idealfall an der Drei-Punkte-Linie. Er hat kein Problem mit schnellen Würfen. Was ich so gelesen habe von unseren Jungs, sind sie sehr athletisch, und die Fans können sich auf das eine oder andere Highlight freuen. Roel hat in der Vergangenheit immer auf gutes Teambasketball geachtet, und ich denke, dass ist eine Parallele zu Johans Spiel. Wenn wir das verinnerlichen mit einer guten Portion Competition im Training, haben wir ein sehr gutes Team.
Wie würden Sie sich in Ihrer aktuellen Karrierephase beschreiben?
Vielleicht als einen jungen älteren Hasen, sehr, sehr erfahren. Ich glaube, dass ist etwas, das Roel auf der Position gesucht und mit mir bekommen hat. Für mich ist klar, dass ich, wenn die Alphatiere teamintern ihren Rang auskämpfen, auf jeden Fall bereit bin.
Wie locker stecken Sie die Strapazen für einen BBL-Profi mit 30 Jahren weg?
Früher musste man weniger Zeit für Reha oder Behandlung einplanen. Aber ein großer Aspekt, weshalb ich bei der BG unterschrieben habe, ist, dass ich hier die beste medizinische Betreuung meiner Karriere hatte. Ich traue mir noch ein paar Jahre zu, und da ist die medizinische Abteilung sehr wichtig.
Was ist das für ein Tatoo auf Ihrem Unterarm?
„God believes in me“. Das habe ich mir mit 18 Jahren stechen lassen, weil ich gläubig und der Auffassung bin, dass es gut war zu verinnerlichen, dass auch Gott an mich glaubt und mich auf den Weg geschickt hat, den ich gehen soll, der für mich der richtige ist, der nicht immer einfach, aber sehr gut bis jetzt war. Many blessings ahead!
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