Bixente Lizarazu ist bei der Weltmeisterschaft in Katar viel beschäftigt. Für den wichtigsten TV-Sender Frankreichs TF1 hat er 25 Spiele kommentiert, am Sonntag zum Abschluss das Finale zwischen Frankreich und Argentinien (16 Uhr/ARD und MagentaTV). Der ehemalige Star des FC Bayern, der 1998 mit Frankreich Weltmeister wurde, blickt im Interview mit dem SPORTBUZZER, dem Sportportal des RedaktionsNetzwerks Deutschland, auf die Partie voraus.

SPORTBUZZER: Monsieur Lizarazu, wie erklären Sie, dass Frankreich zum zweiten Mal in Folge das WM-Finale erreicht hat?

Bixente Lizarazu (53): Es war wichtig, im ersten Spiel gegen Australien (4:1) mit einem hohen Sieg zu starten und ein starkes Zeichen zu senden, nachdem sich zuvor wichtige Spieler wie Kante, Benzema oder Pogba verletzt hatten. Bisher macht Frankreich den Eindruck, dass es nichts erschüttern kann. Sie glauben an sich, sie strotzen vor Selbstbewusstsein, und sie sind jederzeit in der Lage, mit einer qualitativ starken Ersatzbank nachzurüsten. Auch die Stimmung in der Kabine scheint prächtig zu sein.

Was wird bei diesem Endspiel zweier Topteams entscheiden?

Der Schlüssel wird vor allem im Mittelfeld liegen: Wenn Antoine Griezmann und Adrien Rabiot wie bisher in diesem Turnier glänzen, dann bin ich optimistisch, dass Frankreich seinen Titel verteidigen wird. Aber ich freue mich auch auf heiße Duelle, unter anderem natürlich auf das Fernduell zwischen Kylian Mbappé und Lionel Messi.

Wird der Schlüssel also auch bei Mbappé liegen ?

Es wäre der größte Fehler aus französischer Sicht, zu glauben, dass alles von Kylian abhängen wird. Frankreich braucht zwar Mbappé, aber auch Mbappé braucht mindestens genauso seine Mitspieler. Es ist auch wichtig, dass sein Pendant auf der rechten Außenbahn, Ousmane Dembélé, genauso den Unterschied auf seinem Flügel macht. Er kann da noch ein paar Schippen drauflegen.

Die Leader werden am Sonntag besonders gefragt sein.

Klar, dabei denke ich an Raphael Varane und Kapitän Hugo Lloris, die bereits 2014 dabei waren. Bisher traf Frankreich auf Gegner, die kaum Druck über die Flügel erzeugt haben, ausgenommen das Viertelfinale gegen England. Da müssen sie dagegenhalten, noch kompakter agieren und die wichtigen Zweikämpfe gewinnen, um weniger als gegen Marokko im Halbfinale zuzulassen.

Olivier Giroud zog mit seinem 53. Länderspieltreffer an Thierry Henry vorbei als Frankreichs bester Torschütze der Geschichte. Überrascht Sie seine Effektivität?

Olivier ist das beste Beispiel dafür, was ein Sportler auf dem höchsten Niveau erfüllen muss. Er hat während seiner gesamten Laufbahn unheimlich viel Charakter, Persönlichkeit und Widerstandsfähigkeit gezeigt. Immer, wenn man ihm den Ausgang gezeigt hat, kam er durchs Fenster wieder rein. Man kann ihn durch seine Leistungen und seine Mentalität einfach nur lieben. Er gehört zu den festen Größen. Auch weil er sich mit Mbappé und Griezmann mittlerweile blind versteht.

Ist Mbappé der Star dieser WM?

Für mich ist Kylian der Spieler der Zukunft. Was mir am meisten imponiert, ist seine Fähigkeit, auf das Wesentliche fokussiert zu bleiben, obwohl er permanent im Mittelpunkt steht. Mit 23 ist er bereits sehr reif und ein kompletter Spieler.

Steht Argentinien verdient im Finale?

Nach der Auftaktpleite gegen Saudi-Arabien sind sie immer stabiler aufgetreten. Argentinien spielt nicht nur für Messi, sondern hat ein starkes Kollektiv. Ich habe das Gefühl, dass sie eine Mission für ihr Land und ihren besten Spieler haben: den Pott nach Hause zu bringen. Wenn sie ein Tor erzielen, jubelt die ganze Bank mit. Das sagt ja einiges über den Zusammenhalt in dieser Mannschaft aus.