Mit Fortuna Düsseldorf ist "Halbangst"-Blogger Benedikt Walter durch dick und dünn gegangen. Warum das zweite Bundesliga-Jahr besonders schwer ist, wie er zu Protesten gegen RB Leipzig steht und warum Rouwen Hennings schon jetzt Spieler der Saison ist, verrät er im Interview.
Herr Walter, woher kommt Ihre Liebe zur Fortuna?
Ich bin gebürtiger Düsseldorfer und gehe seit 20 Jahren mit Dauerkarte ins Stadion.
Sie haben also viele Höhen und Tiefen mitgemacht?
Meine Einstiegsdroge war die bisher tiefste und schwärzeste Phase der Fortuna, nämlich die Abstiege aus Liga zwei und drei sowie die zwei Jahre in der vierten Liga. Wenn du den Verein nicht liebst, machst du das nicht mit.
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Muss man ein bisschen masochistisch veranlagt, wenn man in solch einer Phase zum Verein stößt?
Ein bisschen schon. Es waren harte, aber auch schöne Zeiten. Ich bin durch Freunde dazugekommen, die schon länger dabei waren. In der Zeit habe ich die Fortuna auch mit dem Uni-Radio begleitet. Damals hat dem Club in der Stadt niemand etwas zugetraut. Der größte Radio-Sender hat da schon nicht mehr über die Spiele berichtet.
Rund läuft es aktuell nicht. Ist es das verflixte zweite Jahr in Liga eins?
Das ist eine gute Frage. Ich war letzte Woche in Dortmund und das war blutleer, obgleich Dortmund ein unfassbar viel besseres Team hat als wir. Die Motivation, sich gegen das 0:5 zu stemmen, schien kaum da zu sein. Man hat den Eindruck, dass es ein mentales Tief gibt.
Woran liegt das?
Ich habe da keine Antwort drauf und kenne auch keinen Fan, der es sich erklären kann. Der Verein schafft es ganz gut, das Deckmäntelchen des Schweigens über allem zu halten und stellt sich vor die Spieler. Nach Innen wird da sicher auch vieles hinterfragt. Es gibt nicht wenige Stimmen, die momentan nicht mehr ganz zufrieden mit Friedhelm Funkel sind. Ich würde mich dazuzählen.



Wie schwer wiegt der Abschied von Dodi Lukkebakio vor der Saison?
Im Ergebnis auf dem Platz natürlich sehr. Das war ein wichtiger Mann, der eine große Gelassenheit und Übersicht beim Spielerischen gezeigt hat. Dadurch hat er auch auf junge Spieler eine große Souveränität ausgestrahlt, obwohl er selber noch jung war. So einen könnten wir jetzt richtig gut brauchen. Aber wir sind es ja gewohnt, dass Spieler mit solchen Qualitäten nicht lange bleiben.
Ist es einfach nicht gelungen, ihn adäquat zu ersetzen?
Es ist ein klassisches Problem für einen Club, der das zweite Jahr in der ersten Liga spielt. Du bekommst nicht mehr die gleichen Spieler wie früher. Wir haben oft Leihspieler von Top-Clubs geholt. Die kriegen wir jetzt nicht mehr angeboten, weil wir ein etablierterer Konkurrent als letzte Saison sind.
Kommt der Besuch von RB Leipzig in der aktuellen Situation zur Unzeit?
Gerade gibt es natürlich eine Verunsicherung. Leipzig ist das zweitbeste Team der Liga und auf allen Positionen doppelt und dreifach besser besetzt als wir. Aber manchmal ist es besser, wenn noch ein schwerer Gegner kommt, bei dem wieder keiner erwartet, dass da irgendwas geholt werden wird. Wenn jetzt ein direkter Konkurrent im Kampf gegen den Abstieg kommen würde, wäre das problematischer.
Worauf wird es ankommen?
Es geht um mentale Fragen. Wenn du verlierst, weil der Gegner zu gut ist, ist es ok. Wenn du dich aber wieder so abfertigen lässt wie gegen Dortmund und dabei keine Moral beweist, ist es problematisch. Dann gehst du mit sowas in die Winterpause und musst erstmal wieder rauskommen. Das wäre ätzend.



Ihr Tipp?
Ich würde mich über ein 1:1 freuen. Das würde RB ärgern und uns stolz machen.
Die beiden Vereine teilen nicht gerade ein inniges Verhältnis. Rechnen Sie mit Protesten gegen RB?
Es ist kein Geheimnis, dass alle Beteiligten, von den Ultras bis zur Vereinsspitze, wenig vom Projekt RB Leipzig halten. Im Gegensatz zu den Fans wird der Verein mit Sicherheit sehr höflich und respektvoll mit den Beteiligten umgehen. Die großen Protestwellen sind in Düsseldorf aber vorbei. Man hat sich leider daran gewöhnt, dass dieser Club aus Leipzig dabei ist.
Teilen Sie die Kritikpunkte?
Ja, für mich stellt der "Verein" immer noch eine ganz schlimme Entwicklung für den Fußball dar. Das lässt sich mit wenigen anderen Vereinen in dieser Form vergleichen – in seiner Form, Mitgliederstärke und seinem demokratischen Aufbau. Ich finde wichtig, dass es in Leipzig einen Club gibt, der weit oben steht. Schade, dass es am Ende dieses Projekt geworden ist.
Was ist für Düsseldorf in dieser Saison noch möglich?
Als Rheinländer ist man nie ohne Hoffnung. In Dortmund wurde der Support lauter, mit jedem Tor, dass wir gefangen haben. Dadurch, dass wir mit der Fortuna so viel Mist erlebt haben, muss viel mehr passieren, damit die Zuversicht bei den Fans stirbt. Der Kader ist ok und da steckt auch mehr drin. Ob wir wieder auf Platz zehn landen, weiß ich nicht. Aber wir müssen nicht in die Relegation. Auch wenn es arrogant klingt, aber wenn die Konkurrenz da unten sich weiter so schwach verhält, dann ist ausgemacht, wer absteigt.
Welcher Spieler hat das Potenzial, in der Rückrunde zum entscheidenden Faktor zu werden?
Da kann es nur eine Antwort geben: Ohne Rouwen Hennings würden wir wahrscheinlich hinter dem 1. FC Köln stehen und nicht davor. Allein die Zahl der Tore, die er gemacht hat, haben uns nicht nur den Arsch gerettet, sondern halten auch die Stimmung bei den Fans und Spielern hoch. Selbst wenn er die Rückrunde komplett versieben würde, werden am Ende alle sagen: "Weißt du noch, wie der Hennings getroffen hat?"
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