Sie sollen es besser machen als die Fußballer vor knapp einem Monat: Die deutsche Handball-Nationalmannschaft befindet sich gerade in den letzten Zügen der Vorbereitung, ehe für sie am Freitag (18 Uhr/ZDF) mit dem ersten Gruppenspiel gegen Katar die Weltmeisterschaft in Polen und Schweden beginnt. Für Bob Hanning, ehemaliger Vizepräsident des Deutschen Handballbundes (DHB), ist die Zielsetzung klar: "Das Halbfinale muss immer das Ziel für Deutschland sein. Den Anspruch müssen wir immer noch haben", sagte der heutige Geschäftsführer der Füchse Berlin im Interview mit dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND+), dem auch der SPORTBUZZER angehört. Im gleichen Atemzug redet der 54-Jährige Klartext mit Blick auf den WM-Auftritt der deutschen Fußballer.
So habe das Handball-Team nach der verkorksten Fußball-WM "die Chance, positiv zu überraschen, auf und neben dem Feld", so Hanning. "Wir sind vielleicht nicht die Sportart, die alles richtig macht, aber die, die ihr Herz auf der Platte lässt. Leidenschaft, Herzblut, Nahbarkeit, die in jeder Situation zu spüren ist, das muss jeder vor dem Bildschirm sehen", forderte der einstige DFB-Funktionär und ergänzte: "Ich rede auch über Vorbilder und das Vorbild, zu führen. Nur so können wir ein Abschneiden wie das der Fußballer vermeiden."
Die deutsche Fußball-Elf schied nach einer Niederlage gegen Japan, einem Remis gegen Spanien und einem späten Erfolg gegen Costa Rica wie schon vier Jahre zuvor in der Vorrunde aus. Im Vorfeld des Japan-Spiels bekam der Deutsche Fußball-Bund (DFB) eine Debatte über die "One Love"-Binde nicht in den Griff. Kurz vor der Partie sorgten die DFB-Profis mit einer Geste in Richtung FIFA wegen des Verbots der Binde für Aufsehen.
Bob Hanning über die Fußball-WM: "Was mir auf den Nerv ging, ist diese Kommerzialisierung"
Hanning betonte nun, dass es ihm "nicht um ein Bashing des Fußballs oder eine Aufwertung des Handballs" gehe, ihn hätten einige Dinge am WM-Auftritt der Kicker trotzdem aufgeregt: "Was mir auf den Nerv ging, ist diese Kommerzialisierung und das Thema, wir stellen PR vor Leidenschaft und Leistung. Das, was da passiert ist, haben nicht die Spieler zu verantworten, sondern die, die vorher nicht dafür gesorgt haben, Politik und Sport zu trennen", sagte der Handball-Manager, dem auch das Spielerische nicht gefiel: "Was auf dem Platz passiert ist, war mir als Fußballfan zu wenig. Ich habe ein Riesenproblem mit der Mannschaft, wie sie aufgetreten ist. Damit konnte ich mich nicht identifizieren. Auch nicht mit dem politischen Wirken der Funktionäre."
Vor und während der Fußball-WM entbrannten zudem immer wieder Debatten um den Gastgeber Katar. Immer wieder wurde der Wüstenstaat wegen systematischer Menschenrechtsverstöße und der Ausbeutung von Migranten kritisiert. Im Vorfeld der Handball-WM 2015, die ebenfalls in Katar ausgetragen wurde, hat die Politik dagegen kaum eine Rolle gespielt. "Das ist das Benutzen einer Sportart. Du kannst sagen: Ich fahre da nicht hin. Das Recht hast du, als Journalist, als Sportler, als Fan. Wenn ich mich entscheide, nach Katar zu fahren, muss ich gewisse Regeln akzeptieren", regte sich Hanning auf. "Und wir sind nicht die Wertepolizei. Wenn es andere Kulturen, andere Sitten gibt, muss ich gewisse Dinge hinnehmen. Das heißt nicht, dass ich das richtig finde, was da passiert."
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