Dürfen wir Sie Kopfballungeheuer nennen?
Irgendwas muss ich ja können (lacht).



War das überhaupt Ihr Tor in Aue oder war es ein Eigentor?
Der Sieg war gut für die Seele nach dem Monat März. Da sitzt du Sonntag zu Hause, siehst, dass Dresden verliert. Wir haben gewonnen, auswärts drei Tore gemacht. Wie? Das ist mir ehrlich gesagt ziemlich egal.
Ist 96 jetzt gerettet?
Wenn ich „Ja“ sage, würde mich meine Mathelehrerin anrufen und mir einen auf den Deckel geben. Fünf Spiele, sieben Punkte Vorsprung. Um die Frage zu beantworten: Nein, gerettet sind wir nicht. Wir haben in den letzten Wochen den Druck gespürt, aber das ist nicht schlimm. Da sind wir Profis. Aber das Erfolgserlebnis nehmen wir mit und wollen die Saison ordentlich zu Ende bringen. Fünf Spiele, das sind 15 Punkte, die zu erreichen sind. Ich will die maximale Punkteausbeute. Was am Ende rauskommt, liegt an uns.
Bilder vom Spiel der 2. Bundesliga zwischen Erzgebirge Aue und Hannover 96
Was war denn im März das Problem, das verlorene Pokalspiel gegen Leipzig?
Die Enttäuschung nach dem Pokal-Aus saß schon tief. Aber, naja, das war gegen Leipzig nicht nur ein Klassenunterschied. Was ist die Steigerung von Klassenunterschied?
Zweiklassenunterschied.
Dann fährst du nach Sandhausen und fährst wie vor eine Wand. Wir analysieren alles, führen Gespräche, fühlen in Spieler rein, wie denkt jeder. Aber wenn das alles so einfach zu erklären wäre ... Fakt ist: Es war schlecht. Und wir können es besser. Mein Anspruch oder unser Anspruch ist, Konstanz in die Leistung zu bringen. Schauen wir uns den März doch mal an. Wir haben ein Heimspiel gegen Nürnberg und haben gefühlt keinen Zugriff. Da musst du einfach anders auftreten. Da kommen Menschen ins Stadion, die freuen sich, zahlen 40 Euro für den Heimspielbesuch, und wir bieten so etwas an. Das geht nicht. Ich will jetzt hier keine Predigt halten, aber so funktioniert es nicht.
Sie predigen auf dem Platz viel, auch sehr laut. Ist das notwendig, um alle aufzuwecken?
Ich komme über Mentalität. Ich will die Jungs pushen, das ist auch meine Aufgabe hinten in der Kette. Das muss ich nicht von Maxi Beier oder Sebastian Kerk verlangen. Das ist auch gar nicht deren Job., deren Aufgabe ist es dann, im letzten Drittel Torchancen zu kreieren und den Ball ins Netz zu schießen.



Das wäre eine Idee, zu sagen: 96 braucht mehr Spieler wie Börner. Reden Sie mit Manager Marcus Mann darüber?
Das ist nicht meine Aufgabe. Wir tauschen uns aus. Mir geht es um Folgendes: Wir machen Spiele, da denkst du, wir spielen um den Aufstieg. Dann machen wir Spiele, die sind gefühlt nicht einmal drittligatauglich. Wir brauchen eine Entwicklung hier und Konstanz. Ich würde mich jetzt auch nicht hinstellen und sagen: So, nächste Saison wollen wir aufsteigen. Das macht zum jetzigen Zeitpunkt keinen Sinn.
Sie waren Teil des letzten Umbruchs. Brauchen Sie keinen Umbruch?
Nicht falsch verstehen. Ich bin nur Spieler und sage dem Sportdirektor nicht, was er zu tun hat. Das kann mit den Spielern klappen, die hier sind. Es kann auch mit 15 neuen Spielern klappen. In Bielefeld hat es uns keiner zugetraut. Da war Ruhe drin, und man hat den Aufstieg geschafft. Das wäre der Wunsch an uns, eine gewisse Arbeitshaltung zum Job zu haben, Gas zu geben und am Wochenende das abzurufen, was in uns steckt.
Wegen der Arbeitshaltung: Machen Fußballprofis insgesamt zu wenig?
Das würde ich so nicht sagen, aber es hat sich alles auch viel verändert in den letzten Jahren. Auch mit der neuen Generation, mit Social Media, veganer Ernährung. Das gab es in meiner Anfangszeit nicht. Früher haben 15 Mann geraucht, nach dem Spiel gab’s einen Kasten Bier. Jetzt ist natürlich alles noch einmal eine Ecke professioneller: Wir haben GPS-Geräte, alle Daten werden kontrolliert, man kann das Training viel besser aussteuern. Früher hatten wir den Cooper-Test (12 Minuten laufen, die Strecke wird gemessen, Anm. d. Red.): Wer da am schnellsten läuft, der spielt. Ich finde, wir trainieren gut, ich gehe nach dem Training kaputt nach Hause. Klar ist Felix Magath, der für alte Schule steht, jetzt wieder da, holt die Medizinbälle raus und trainiert zweimal am Tag. Ob das was bringt? Keine Ahnung.
Der Spielplan von Hannover 96 in der Saison 2021/22 in der 2. Bundesliga
Hannover gehört zu den fairsten Mannschaften der Liga. Sie allein haben 12 Gelbe Karten. Braucht 96 mehr von Ihrer Sorte?
Man kann auch sagen: Der Börner kommt zu spät, spielt zu ruppig oder die anderen sind cleverer (lacht). Im Ernst: Natürlich ist das intern Thema. Wir müssen clever sein, eklig sein, mal ein taktisches Foul machen. Manchmal sind wir zu brav und zu lieb. Definitiv. Es muss so sein, dass der Gegner sich denkt: Es macht keinen Spaß, in Hannover zu spielen.
Wie zum Beispiel?
Man kann nach außen mit Qualität Stärke zeigen. Das geht. Das geht auch mit lieben Spielern, die 90 Minuten gar kein Wort sagen. Tim Walbrecht zum Beispiel. Er ist richtig eklig im Zweikampf, aber ist kein Dirigent auf dem Platz. Das ist auch nicht schlimm. Der Junge beißt sich überall rein. Wie auf Schalke. Da kann jeder mal den Simon Terodde fragen.
Welche Rolle spielt Trainer Christoph Dabrowski?
Es ist kein Geheimnis, dass Dabro und ich ein sehr vertrauensvolles Spieler-Trainer-Verhältnis haben. Aber ich habe gut reden: Ich spiele jedes Spiel. Ich werde mich aber nicht hinstellen und sagen: Der muss bleiben – oder wir brauchen einen Neuen. Dafür haben wir einen Sportdirektor, der entscheidet, wie wir in die nächste Saison gehen. In welcher Konstellation, das werde ich dann im Urlaub auf dem Handy lesen.
Und Ihr Freund Marcel Franke? Sein Vertrag läuft auch aus.
Stimmt. Ich möchte, dass in der Zeitung steht: „Kumpel Börner stärkt dem Kapitän den Rücken“ (lacht). Ich bin 13 Jahre dabei, habe noch nie meinen Vertrag im April verlängert gehabt. Das gehört zum Profidasein einfach dazu. Aber da habe ich gut reden: Ich habe ja einen Vertrag. Aber wir sind selbst dafür verantwortlich. Hätten wir im März drei Spiele gewonnen, dann wären einige Verträge vielleicht schon verlängert worden.
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