Langsam, aber sicher kommt Bewegung ins Personal-Karussell bei Borussia Dortmund. Der Vertrag von Supertalent Youssoufa Moukoko wurde nach monatelangem Poker im Januar verlängert. Zudem gab Sportdirektor Sebastian Kehl in der vergangenen Woche bekannt, dass Mittelfeldspieler Mahmoud Dahoud kein neues Arbeitspapier erhält und sich die Wege im Sommer trennen werden. Den hauptsächlich in der 3. Liga eingesetzten Ersatztorwart Luca Unbehaun ausgeklammert, laufen aber die Verträge von fünf weiteren Profis aus, darunter mit Marco Reus und Mats Hummels die beiden Kapitäne. Der SPORTBUZZER, das Sportportal des RedaktionsNetzwerks Deutschland (RND), gibt einen Überblick über Kehls Vertrags-Baustellen.
Mahmoud Dahoud
2017 wurde Dahoud von Borussia Mönchengladbach verpflichtet, im Sommer werden sich seine Wege und die des BVB nach dann sechs Jahren trennen. Seine zweite schwere Schulterverletzung binnen weniger Monate, erlitten bei der 2:3-Niederlage gegen Werder Bremen am dritten Spieltag, warf den 27-Jährigen einmal mehr zurück. Gesundheitlich und von der Form her fand Dahoud in seiner BVB-Zeit selten zu der Stabilität, die er selbst und die Klub-Verantwortlichen sich wahrscheinlich gewünscht hätten. Zwar ist der Techniker inzwischen genesen, sportlich spielte er in den bisherigen neun Pflichtspielen des neuen Jahres aber keine große Rolle. Emre Can, Jude Bellingham, Salih Özcan sowie je nach Grundordnung auch Julian Brandt oder Marco Reus werden ihm im zentralen Mittelfeld meist vorgezogen, für Dahoud stehen 2023 erst zwei Kurzeinsätze mit insgesamt 14 Minuten Spielzeit auf der Uhr. Kehl hat ihm inzwischen mitgeteilt, dass die Borussia den auslaufenden Kontrakt nicht verlängern wird.
Marco Reus
Schon seit 2012 spielt der gebürtige Dortmunder beim BVB, ist damit aktuell dienstältester Profi im Kader der Westfalen. Seit 2018 ist er Kapitän, er gilt als Spitzenverdiener mit einem angeblichen Jahressalär von weit mehr als zehn Millionen Euro. Einem Bild-Bericht zufolge will der Klub mit dem Ur-Dortmunder zwar um ein Jahr bis 2024 verlängern, allerdings soll Reus dafür deutliche Abstriche beim Gehalt machen. Als Gegenleistung sollen stattdessen vermehrt Erfolgsprämien im Kontrakt der Identifikationsfigur verankert werden. Kehl deutete im ZDF-"Sportstudio" zuletzt an, dass eine Entscheidung über einen möglichen Verbleib von Reus und Hummels bereits im März fallen könnte. Ende Mai wird der oftmals von Verletzungen geplagte Reus 34 Jahre alt. Anfang des Jahres gab es Medienberichte über einen möglichen Transfer zum Ronaldo-Klub Al-Nassr. Reus (374 Spiele für den BVB, 158 Tore) bestätigte die Gerüchte zwar nicht ausdrücklich, dementierte aber auch nicht eindeutig.
Mats Hummels
Ähnlich wie Reus gehört auch der Weltmeister von 2014 fast schon zum Inventar in Dortmund. Seit 2019 spielt Hummels wieder bei den Schwarz-Gelben, für die er vor seinem dreijährigen Intermezzo beim FC Bayern bereits seit Januar 2008 aktiv gewesen war. Nun ist der Ex-Münchener bereits 34 Jahre alt und blickt Gesprächen über eine Verlängerung seines Kontraktes gelassen entgegen, wie er im November 2022 erklärte. Sportlich hatte Hummels in dieser Saison lange gute Argumente, auch wenn die Belohnung in Form einer Nominierung für die aus deutscher Sicht verkorkste WM ausblieb. Anders als vor der WM-Unterbrechung hatte der Innenverteidiger nach der Winterpause aber oft das Nachsehen gegen die erheblich jüngeren Neuzugänge Niklas Süle (27) und Nico Schlotterbeck (23). Nur in drei von neun Pflichtspielen stand Hummels 2023 in der Startelf, hinzu kamen drei Kurzeinsätze in der Liga.
Raphael Guerreiro
Immer wieder ranken sich um den portugiesischen Europameister von 2016 Wechselgerüchte, seit er vor sechseinhalb Jahren vom französischen Erstligisten FC Lorient kam. Spekulationen um einen Abschied Guerreiros wurden in den vergangenen Monaten zudem durch Berichte über ein Dortmunder Interesse an Ramy Bensebaini von Borussia Mönchengladbach befeuert, der wie Guerreiro Linksverteidiger ist. Für Guerreiro spricht neben seiner guten Technik seine Qualität im Spiel nach vorn. Mit 37 Treffern in 212 BVB-Einsätzen ist er für einen Außenverteidiger (der auch auf der offensiven Außenbahn eingesetzt werden kann) bemerkenswert torgefährlich. Skeptiker werfen dem 29-Jährigen jedoch bisweilen eine gewisse Verletzungsanfälligkeit vor. Denn Guerreiro muss immer wieder mit kleineren, meist muskulären Blessuren pausieren. Hinzu kommt: Mit dem defensiv auf beiden Außenbahnen einsetzbaren und bislang überzeugenden Winter-Neuzugang Julian Ryerson (kam von Union Berlin) hat Guerreiro zusätzliche Konkurrenz erhalten.
Anthony Modeste
Eine Trennung im Sommer erscheint im Falle des französischen Angreifers am wahrscheinlichsten. Die Verpflichtung von Modeste war vor Saisonbeginn eine Reaktion auf die Krebserkrankung von Sébastien Haller, der inzwischen zurückgekehrt ist. Zwar löste Modeste mit seinem 2:2-Ausgleichstreffer in der Nachspielzeit des Topspiels gegen den FC Bayern große Euphorie beim BVB aus. Ansonsten aber waren die Auftritte des 34-Jährigen meist diskreter als in seiner letzten Saison in Köln, als er den FC mit 20 Liga-Treffern in die Conference League schoss. In Dortmund zeichneten sich schnell Anpassungsschwierigkeiten zwischen dem auf Kombinationsspiel geeichten Team und dem eher auf Flanken lauernden Stürmer ab - zwei Tore in 23 Pflichtspielen sind eine schwache Quote. Durch die Verletzung von Moukoko, der wegen eines Syndesmoseband-Anrisses voraussichtlich etwa bis Ostern ausfallen wird, sind für Modeste aber immerhin die Chancen auf regelmäßige Einsatzminuten gestiegen - als Alternative zu Haller.
Felix Passlack
Zwei Dinge sprechen für den 24-Jährigen: seine Vielseitigkeit - Passlack kann defensiv wie offensiv beide Außenbahnen beackern. Und seine Identifikation mit dem Verein. Der gebürtige Bottroper spielte schon in der Jugend für den BVB und ist keiner, der öffentlichkeitswirksam seine Unzufriedenheit kundtut und mehr Einsatzzeiten einfordert. Dabei kann er mit seiner sportlichen Ausbeute in Dortmund eigentlich schwerlich glücklich sein. Seit er 2020 letztmals von einer Ausleihe (Fortuna Sittard) zurückkehrte, absolvierte er erst 19 Punktspiele für die Dortmunder. Beide Parteien - der Spieler und der BVB - werden demnächst beantworten müssen, ob sie dennoch aneinander festhalten wollen.