Als hätten sie bei Borussia Dortmund aktuell nicht schon genug Probleme. Nach der erschreckend schwachen Leistung beim 1:2 in Augsburg und dem 5:1 der Bayern in Gladbach ist der einstige Neun-Punkte-Vorsprung des Bundesliga-Tabellenführers auf zwei Törchen geschrumpft. Die Mannschaft wirkt angeschlagen und verunsichert. Trainer Lucien Favre, Klubboss Hans-Joachim Watzke, Sportdirektor Michael Zorc und auch Sebastian Kehl, Leiter der Lizenzspielerabteilung, halten sich mit kritischen Äußerungen dennoch zurück. Umso erstaunlicher ist die deutliche Kritik von Matthias Sammer, der den BVB in seiner Rolle als TV-Experte bei Eurosport knallhart attackierte.


Die Spieler seien „einfach unreif“ und „verhalten sich nicht wie Champions“, sagte der Ex-Nationalspieler unter anderem. Diese Aussagen sind insofern hochexplosiv, weil Sammer seit Saisonbeginn auch als externer Berater für Borussia Dortmund arbeitet. Dabei weist der Klub immer wieder darauf hin, dass der frühere Trainer eben „nur“ hinzugezogen werde und nicht aktiv in die Vereinsgeschicke eingreife.
Sammers Brandrede wirft Fragen auf
Dass nun ausgerechnet Sammer als Einziger Klartext redet und schonungslos offen anspricht, was derzeit sportlich schiefläuft, dürfte nicht jedem gefallen – und zumindest einige Fragen aufwerfen. Schließlich betonen Watzke und Co. stets, dass Kritik – wenn überhaupt – intern geäußert werde. Sammer hingegen tat dies öffentlich und redete sich in bekannter Manier vor laufenden Kameras in Rage. „Du musst 90 oder 95 Prozent geben, 60 Prozent reicht nicht. In Spielen wie gegen Augsburg, Düsseldorf oder Nürnberg verhalten sich die Borussen wie eine Durchschnittsmannschaft“, sagte er und behauptete, dass mangelnde Einstellung bei einigen BVB-Spielern „schon länger zu sehen“ sei.
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BVB-Sportdirektor Zorc spielt Thema herunter
Spannend wird es nun sein zu beobachten, wie die Dortmunder mit der gefährlichen Doppelrolle ihres Beraters umgehen werden. Eigentlich wäre es die Aufgabe der Verantwortlichen vor Ort – also von Watzke, Zorc, Favre und Kehl –, die Probleme zu benennen und schnellstmöglich zu beheben. Überlassen sie dies Sammer, würden sie ihre eigenen Positionen schwächen. Andererseits ist Sammer ob seiner Vita und seiner unbestrittenen Kompetenz vielleicht genau der Richtige, um die Mannschaft wachzurütteln. Oder wie er es selbst formulierte: „Eins ist klar: Wenn du Ursachen nicht benennst, wirst du dich wundern, warum dir am Ende ein Punkt zum Titel fehlt.“
Zorc spielte das Thema herunter und sagte den Ruhr Nachrichten: „Wenn Matthias Sammer in einem TV-Studio sitzt, ist er Journalist und nichts anderes“, sagte der Manager: „Da muss er sagen, was er sieht. Das verlangt sein Job selbstverständlich von ihm. Wir wussten von seiner Rolle als TV-Experte, als wir ihn als Berater engagiert haben, und sehen hier keine Probleme oder Konflikte aufkommen.“