Heidenheim gegen Hannover, 1:3. Eine Niederlage, da sind sich in Hannover alle einig. Aber warum? Der Schlüssel zum Warum: Aufarbeitung! Videoanalyse im Aufarbeitungsraum, Trainer Dabrowski erklärt. Vier Tore vorbereitet oder selbst geschossen – im Prinzip nicht schlecht. Aber es kommt im Fußball auf die Feinheiten an. Der Ball muss ins gegnerische Gehäuse, nur dann wird das Tor der eigenen Mannschaft gutgeschrieben. Niklas Hult nickt, die anderen Spieler machen sich Notizen.
Im 16er den Ball akrobatisch einem besser Postierten in die Beine spielen ist gut, solange das nicht im eigenen Strafraum passiert und der andere ein gegnerischer Stürmer ist. Jannik Dehm nickt, der Rest macht sich Notizen. Dabrowski teilt seine langjährige fußballerische Erfahrung, wonach ein Schuss aus 37 Metern bei vielen Bundesligisten zumindest im Prinzip als haltbar gilt. Alle nicken, Zieler guckt. In Zielers Playlist seit Freitag wieder ganz vorn: „Holding out for a Zero“.



Dabrowski sagt: Wir sind in die Abläufe nicht reingekommen. In Abläufe nicht reinkommen, das klingt analytisch und professionell. Und es passiert immer Fußballspielern. Wenn ein Busfahrer nicht in die Abläufe reinkommt, zum Beispiel in den Ablauf Vorwärtsgang, bleibt er einfach im Depot stehen und ist am 3. Spieltag wieder auf dem Transfermarkt. Ein Speerwerfer, der in die Abläufe nicht reinkommt, gefährdet sich, die Kampfrichter und die Zuschauer auf der Haupttribüne.
Bei Hannover 96 funktionieren einige Abläufe hervorragend: Umziehen, Schuhe zubinden, warmmachen (außer Lukas Hinterseer), einlaufen, Platzwahl. Das Problem, sobald ein Gegner ins Spiel eingreift, der in die Abläufe reinkommt, wird es kompliziert. Manchmal schon nach ein paar Sekunden, siehe erste und zweite Halbzeit in Heidenheim.
Da hilft im Abstiegskampf ein Blick über den Kellerrand. Wie machen es die anderen? Dabrowski zeigt Zusammenfassungen von anderen Spielen in der 2. Liga, alle an diesem Spieltag. In Darmstadt trifft ein gewisser Glatzel in acht Minuten dreimal. Drei Tore, das ist bei 96 die Torquote von vier Spielen über jeweils 90 Minuten. Endergebnis: 5:0 für den HSV. 5:0!
Die Spieler vor Dabrowski tuscheln, Kopfschütteln. Nächstes Spiel, Hansa Rostock in Dresden, vier Tore in zwölf Minuten für Hansa. Kerk, Maina und Weydandt sitzen mit offenem Mund vor dem Bildschirm. Hinterseer behauptet, das habe mit Fußball nichts zu tun.



Nächstes Spiel, Ingolstadt in Nürnberg, der Tabellenletzte gewinnt 5:0. Das letzte Tor schießt Sulejmani. DER Sulejmani. Raunen in der Kabine, einige zeigen mit hochgezogenen Augenbrauen und wegwerfenden Handbewegungen an, was sie von dieser Art Sport halten. Hinten wird getuschelt. Dabrowski versteht Wortfetzen: „billige Unterhaltung“, „Spektakel“, „kein Fußball“.
Ein paar neuere 96er meinen, den jungen Mann mit Zopf schon mal gesehen zu haben, die Älteren im Team stecken die Köpfe zusammen, flüstern. Jetzt sehe man, warum der Typ in Hannover nichts geworden sei. Tore schießen, mit Absicht und ohne Konsequenzen – das ist Show, und was soll Show, wenn sowieso kaum Zuschauer da sind.
Allgemeines Nicken mit verschränkten Armen vor der Brust. Ja, und das mit den Zuschauern in Heidenheim, das sei sowieso in höchstem Maße irritierend gewesen. Nächste Woche Hannover, da sitzen wieder 500 geladene Gäste, die sich zu benehmen wissen. Da bringt Hurra-Fußball eh nichts. Außerdem kommt Darmstadt. Null Tore am Wochenende. Hannover: eins. 96 ist klarer Favorit.
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