Joel Birlehm winkte den deutschen Fans zu, die ihn mit Sprechchören feierten. Als der Torhüter der Rhein-Neckar Löwen, eigentlich die deutsche Nummer zwei im Kasten, auf das erste Interview wartete, hielt ihm Teammanager Oliver Roggisch das Schild "Player of the match" vor die Brust. Das hatte Johannes Golla (6 Tore) erhalten. Doch der eingewechselte Birlehm war in einer packenden, hektischen Schlussphase der Matchwinner. Deutschlands Handballer haben so ihren ersten WM-Härtetest bestanden und den vorzeitigen Einzug in die Hauptrunde geschafft, Serbien vor gut 4000 Zuschauern mit 34:33 (19:17) besiegt.
"Joel hat in der Schlussphase seine Stärken gezeigt. Er hält mehrere freie Bälle, rettet uns den Vorsprung", lobte Alfred Gislason, der seine Freude nicht verbergen wollte: "Ich bin ein sehr glücklicher Bundestrainer. Wir wussten um die Bedeutung des Spiels." Doch er brachte es sofort auf den Punkt: "Vorn war es super, nur die Abwehr hat nicht zugepackt." Am Dienstag (18 Uhr, ZDF) folgt die Pflichtaufgabe gegen Algerien.
Spiel gegen Serbien war vorentscheidende Prüfung
Die Partie war mehr als nur ein Spiel um den Gruppensieg, es war mit Blick auf den weiteren WM-Weg eine vorentscheidende Prüfung. Denn die Punkte werden mitgenommen. Beide Mannschaften gingen sofort zur Sache. Mit Philipp Weber (für Julian Köster), Juri Knorr und Kai Häfner im Rückraum feuerte die DHB-Auswahl ein offensives Feuerwerk ab: erfrischend, schön anzusehen und mit einer beeindruckenden Treffsicherheit. Die Statistiker notierten erst nach 23 Minuten den ersten Fehlwurf. Das deutsche Team holte sich schnell die Deutungshoheit (9:6/11. Minute).
Das Aber: Die Defensive bekam keinen Zugriff. Nach 15 Minuten hatte Gislason genug, stellte nach einer Auszeit die Abwehr auf eine offensivere 3:2:1-Formation mit Köster als vorgezogene Spitze um. Der Gummersbacher sollte mit seinen schnellen Beinen und langen Armen den serbischen Angriffswirbel unterbrechen. Es wurde etwas besser, aber nicht zwischen den Pfosten: Andreas Wolff bekam nichts zu fassen. Nur zwei Paraden in 25 Minuten. Birlehm kam. Bis dato ein Torhüter-Spiel auf Augenhöhe. Denn auch Serbiens Keeper griffen dauerhaft daneben. Ihr Handicap: Ihre Nummer eins, der Berliner Weltklasse-Keeper Dejan Milosavljev, bekam nach einer Fußverletzung keine Freigabe.
Im offensiven Schlagabtausch war Knorr erneut der Mann für die besonderen Momente. Der 22-Jährige brillierte diesmal weniger mit Toren. Aus seinem "Werkzeugkasten", wie er ihn nennt, packte er vor allem seine Anspiele an den Kreis aus. Kurzum: Er dirigierte, passte und lenkte das Spiel überragend, traf zudem in wichtigen Phasen.
Das Bild, das Wechselspiel zwischen erquickender Offensive und zahnloser Defensive, blieb auch in Halbzeit zwei. Das deutsche Plus: Die DHB-Auswahl hatte immer einen mehr, zog nach 39 Minuten sogar erstmals auf fünf Tore weg (26:21). Doch es blieb eng. Wichtig: Birlehm sammelte in den letzten zwölf Minuten die "Big Points" ein, die wichtigen Punkte, parierte frei vom Kreis, auch einmal einen Siebenmeter. Das ließ sogar Gislason auf der Bank vor Freude wie ein Stehaufmännchen aufspringen. "Er hat uns gerettet", sagte Golla. Nur: Vorn ließen die Deutschen jetzt klare Chancen liegen. Mal war es Köster, dann Golla, die frei verwarfen. Doch Birlehm hielt mit weiteren Paraden, acht insgesamt, den Sieg fest. Der gab das Lob an Kollege Wolff weiter: "Es ist einfacher, wenn man mit einem Torwart wie Andi Wolff das Gespann bildet." Als der Magdeburger Lukas Mertens mit seinem siebten Wurf sein siebtes Tor erzielte, 110 Sekunden vor Schluss zum 34:31 traf, war der Deckel drauf und der Rest deutsche Party.
Deutschland: Mertens (7 Tore), Golla (6), Häfner (4), Knorr (4/davon 1 Siebenmeter), Kohlbacher (4), Köster (3), Steinert (3), Weber (2), Groetzki (1).
Anzeige: Erlebe die gesamte Bundesliga mit WOW und DAZN zum Vorteilspreis