DFB-Direktor Oliver Bierhoff traut der deutschen Nationalmannschaft zu, bei der EM im kommenden Jahr um den Titel mitzuspielen, wenn die beste Formation zur Verfügung steht. "Warum nicht?", fragte Bierhoff in einem Interview mit Sport1 rhetorisch. "Wir haben das Zeug dazu, wie viele andere Mannschaften aber auch. Wenn alle Spieler gesund sind, werden wir mit einem guten Kader in das Turnier gehen. Mit Spielern, die unglaublich hohe Qualität haben, die sie auch in ihren Vereinen zeigen", meinte Bierhoff, der jedoch die aus seiner Sicht geringere Erfahrung mancher deutscher Akteure im Vergleich zu anderen Nationen zu bedenken gab. Serge Gnabry etwa reise vielleicht mit 20 Länderspielen zur EM an. "Bei Rudi Völler und Jürgen Klinsmann 1990 oder Miroslav Klose 2014 war der Fall anders", so Bierhoff.
Bierhoff appellierte zudem an die Nationalelf, die Vorrunden-Gruppe mit Weltmeister Frankreich, Titelverteidiger Portugal und Ungarn, das sich in dieser Woche im Play-off-Finale gegen Island durchgesetzt hatte, ernst zu nehmen. Er erinnerte an das Vorrunden-Aus bei der WM 2018 in einer vielfach als machbar bewerteten Gruppe mit Mexiko, Schweden und Südkorea. "In unserer WM-Gruppe in Russland hatte man das Gefühl, dass man diese einfach so überstehen kann. Bei der EM 2021 müssen wir von der ersten Sekunde an da sein. Bei einer Niederlage im ersten Spiel gegen Frankreich bist du bereits im zweiten Spiel voll unter Druck. Aber ich bin zuversichtlich, dass wir das meistern werden", sagte der 52-Jährige.



Zudem stellte sich Bierhoff einmal mehr hinter Bundestrainer Joachim Löw, dessen Arbeit bei den Fans und in den Medien seit der missratenen WM 2018 gelegentlich kritisch beäugt wurde. Löw sei "der beste Bundestrainer (...), den wir haben können", versicherte der DFB-Direktor, der seit 2004 mit Löw zusammenarbeitet. "Er hat sein Können in all den Jahren gezeigt und wir wissen, was wir an ihm haben. Jetzt hat er mit einer jungen Mannschaft und trotz der grauen Stimmung positive Ergebnisse für den Neuaufbau erzielt", ergänzte er. Bierhoff geht nach eigenen Angaben davon aus, dass der Coach seinen bis 2022 laufenden Vertrag erfüllen werde. Gleichwohl sei jedes Turnier "eine Art Zäsur, egal wie lange die Verträge laufen."
An Unterstützung für Löw will es Bierhoff nicht mangeln lassen, allerdings vorerst nur bis zum kommenden Sommer. "Wir müssen nun auch die Stimmung ins Positive drehen. Den Weg, den der Bundestrainer eingeschlagen hat, gehe ich bis einschließlich der EM mit", Bierhoff in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.
Flick als DFB-Trainer derzeit "kein Thema"
Bei der Frage nach einer möglichen Nachfolge für Löw war zuletzt immer wieder der Name Hansi Flick gefallen. Flick war von 2006 bis 2014 - also auch beim WM-Triumph in Brasilien - als Löw Assistent tätig und führte in diesem Jahr den FC Bayern München nach seiner Amtsübernahme im November 2019 zum Triple aus Meisterschaft, DFB-Pokalsieg und Champions-League-Trophäe. "Ich freue mich unglaublich und bin wirklich stolz. Ich habe Hansi ja damals für die Nationalmannschaft verpflichtet", lobte Bierhoff Flicks Arbeit beim FC Bayern. Ob er ihm Löws Nachfolge zutraue? "Absolut". Sowohl für den Verband als auch Flick selbst sei der Bundestrainer-Job aktuell jedoch kein Thema.