Fast ein wenig väterlich legte Didier Deschamps den Arm um einige seiner Stars. Frankreichs Nationaltrainer klopfte Schultern, schüttelte Hände und kämpfte mit den Emotionen. "Ich bin ja immer noch ein bisschen Spieler", gestand der sichtlich bewegte 54-Jährige nach dem 2:0 der Équipe Tricolore im WM-Halbfinale gegen Marokko und dem Einzug ins Endspiel am kommenden Sonntag (16 Uhr, ARD und MagentaTV) gegen Argentinien: "Wir müssen jeden Moment am Tag genießen." Seine klare Botschaft an die Mannschaft: Ich bin einer von Euch! Eine Atmosphäre, die das Team schon 2018 zum WM-Triumph getragen hatte.
Seit gut zehn Jahren ist Deschamps nun Trainer der Nationalmannschaft. Neben dem WM-Triumph in Russland gab es in dieser Zeit auch den Nations-League-Erfolg 2021. Wie wichtig der Coach für seine Mannschaft ist, bewies er am Mittwochabend. Als Marokko auf den 1:1-Ausgleich drängte, reagierte Deschamps und stellte um: Olivier Giroud ging vom Feld, Marcus Thuram kam. Der Stürmer von Borussia Mönchengladbach übernahm die Position von Superstar Kylian Mbappé, der vom linken Flügel in die Mitte rückte. Eine Offensivmaßnahme? Viel mehr. Thuram gelang es, die linke Außenbahn im Verbund mit Theo Hernandez auch defensiv zu stabilisieren.
"Es war ein gewaltiges Spiel", meinte der Trainer: "Das ganze Team hat sich belohnt, will am Sonntag den Titel." Wie es danach mit Deschamps weitergeht? Offen. Unabhängig vom Ausgang der Partie gegen Argentinien hat der Coach sein Schicksal wohl selbst in der Hand. Zwar schien seine Ablösung durch Zinedine Zidane einigen Medien zufolge schon beschlossene Sache, doch Frankreichs Verbands-Präsident Noel Le Graët öffnete dem vertraglich nur noch bis zum Jahresende gebundenen Amtsinhaber bereits die Tür. "Wenn man das Glück hat, einen Didier Deschamps zu haben, klopft man nicht an die nächste Tür, solange er da ist", hatte Le Graët schon vor dem Viertelfinale gegen England (2:1) erklärt.
Neben seinen taktischen Qualitäten hat Deschamps in den vergangenen Wochen einmal mehr eine weitere Stärke offenbart: Er kann das Innenleben einer mit Stars gespickten Mannschaft moderieren und die Gruppe im Sinne des Erfolges zusammenhalten. Wie einst schon als Kapitän Frankreichs. Damals war er noch Spieler.
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