Dresden. Dynamo Dresden hat in der ersten Runde des DFB-Pokals eine dicke Überraschung geschafft. Der Fußball-Drittligist bezwang den favorisierten Zweitligisten Hamburger SV mit 4:1 (2:0). Offiziell 10.053 Zuschauer im Rudolf-Harbig-Stadion waren am Montagabend Zeugen eines denkwürdigen Fußball-Abends, bei dem Dynamo früh in Führung ging: Das 1:0 besorgte Yannick Stark (3.), Robin Becker (16.) stellte schnell auf 2:0. Kurz nach Beginn der zweiten Halbzeit machte Christoph Daferner dann das 3:0 (53.).
Keine Gäste-Fans zugelassen
Erst kurz vor Ende gelang dem eingewechselten Hamburger Onana das 3:1 (89.), doch Sebastian Mai per Handelfmeter machte in der Nachspielzeit den Deckel drauf (90.+6). So zieht die SGD in die nächste Pokalrunde ein. Neun Neuzugänge standen in der Startelf der Sportgemeinschaft, aus deren Zweitliga-Kader der Vorsaison lediglich Torwart Kevin Broll und Linksverteidiger Chris Löwe im Anfangsaufgebot waren.
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Erstmals nach dem Corona-Lockdown waren in einem deutschen Fußballspiel die Zuschauer wieder in fünfstelliger Zahl im Stadion – ausschließlich Anhänger der Schwarz-Gelben, da Gästefans nicht zugelassen waren. Und die Dresdner Fans kamen auch gleich so richtig in Stimmung, weil die Sportgemeinschaft einen Traumstart ins Spiel erwischte.
Paul Will setzte im Mittelfeld Hamburgs Jeremy Dudziak so unter Druck, dass er den Ball an Panagiotis Vlachodimos verlor – und schon ging die Post nach vorn ab. Über Patrick Weihrauch kam der Ball zurück an Vlachodimos, der auf der linken Seite an der Grundlinie den einstigen Dresdner Toni Leistner alt aussehen ließ und mit seiner Flanke den am langen Pfosten einlaufenden Yannick Stark fand. Der nahm den Ball volley – unhaltbar für Daniel Heuer Fernandes im HSV-Kasten und das frühe 1:0 (3.).
Lebhafte Anfangsphase
Zwar hätte Dudziak seinen Fehler im direkten Gegenzug fast wiedergutgemacht, doch sein Kopfball ging knapp daneben. Dynamo war von Beginn an hellwach und spielte munter und ohne jeden Respekt vorm favorisierten Zweitliga-Spitzenteam nach vorn. Schon in der 8. Minute bot sich sogar die Chance zum 2:0, als Christoph Daferner nach Vlachodimos-Vorarbeit Keeper Heuer Fernandes schon aus seinem Kasten rausgelockt hatte, beim anschließenden Pass ins Strafraumzentrum aber keinen Abnehmer fand.
Und erneut brannte es im direkten Gegenzug im Dresdner Strafraum, weil Aaron Hunt auf dem Weg in den 16er Dynamos neuen Kapitän Sebastian Mai tunnelte und auch den einschussbereiten Hinterseer fand, doch Mais Innenverteidiger-Nebenmann Tim Knipping bekam im letzten Moment noch den Fuß dazwischen und fälschte den Schuss zur Ecke ab (9.).
Es war eine extrem lebhafte Anfangsphase mit Chancen auf beiden Seiten, aber nur die Mannschaft von der Oberelbe hatte damit Erfolg. Die Hanseaten hingegen verfehlten durch Vagnomans Kopfball gegen Mai (10.) das Tor von Schlussmann Kevin Broll erneut knapp – schon die dritte gute Hamburger Chance.
Rudolf-Harbig-Stadion kocht über
Eine Minute später hätte Daferner dann wirklich das 2:0 auf dem Fuß, als er mit seinem rotzfrechen Versuch aus spitzem Winkel ins kurze Torwarteck Heuer Fernandes düpierte. Der Ball krachte aber nur an den Pfosten (11.) – Riesenglück für den HSV, zumal Vagnoman den Abpraller mit einer Slapstick-Einlage fast ins eigene Tor gestolpert hätte ! Mit offensivem Pressing blieben die Schwarz-Gelben aber weiter bestimmend. Sie brachten die Defensive der Gäste immer wieder arg in Bedrängnis und zwangen sie zu teils haarsträubenden Fehlern im Spielaufbau.
Eine reichliche Viertelstunde war gespielt, als die Dynamos mit ihrem Konzept zum zweiten Mal Erfolg hatten. Wieder leistete sich Hamburg unter Druck einen Ballverlust. Diesmal ließ sich Hinterseer von Daferner den Ball abknöpfen und Dynamos Rechtsverteidiger Robin Becker suchte den direkten Weg zum Tor – und fand ihn.
Wie Daferner fünf Minuten zuvor zog er rechts aus recht spitzem Winkel einfach mal ab. Innenverteidiger David fälschte diesmal die Kugel unhaltbar für Heuer Fernandes ins eigene Tor ab – 2:0 in der 16. Minute und die Stimmung im Rudolf-Harbig-Stadion kochte über! Mit einer entschlossenen und energischen Leistung machten die Gastgeber die ersten Schritte hin zu einer Überraschung, weil sie Hamburgs Fehler eiskalt bestraften und bei den durchaus vorhandenen Offensivaktionen des HSV das nötige Geschick und Glück hatten.
Vlachodimos mit zwei Torvorlagen
Dynamo blieb weiter griffig und giftig, auch wenn große Torchancen erst mal nicht mehr zu Stande kamen. Die hatte dann Hamburg, doch Hinterseer hatte mit seiner Doppel-Großchance jeweils aus sieben Metern keinen Erfolg (36./37.). In dieser Phase waren die Schützlinge von Gäste-Coach Daniel Thioune nun spielbestimmend und hatten mehr Ballbesitz, doch die Dresdner standen hinten sicher und hatten teils auch Schiedsrichter Florian Badstübner auf ihrer Seite, der dem HSV gegen Ende der ersten Halbzeit zwei klare Eckbälle verwehrte. So ging es nach einer insgesamt starken Leistung mit einem letztlich etwas schmeichelhaften 2:0-Vorsprung für Dynamo in die Pause, nach der beide Mannschaften unverändert aus den Kabinen kamen.
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Und die Hanseaten wurden stärker. Bei Wintzheimers Schuss aufs Torwarteck machte es Broll besser als sein Gegenüber Heuer Fernandes und klärte zur Ecke (50.). Als eine Minute später Knipping seinen Gegenspieler Hinterseer aus den Augen verlor, sprang Robin Becker ein und blockte den Versuch des Hamburgers (51.).
In den Gesichtern der Dresdner Fans zeichneten sich erste Sorgenfalten ab, doch die wichen schnell der puren Ekstase. Denn Vlachodimos gelang seine zweite Torvorbereitung des Tages. Er marschierte an Ex-Nationalspieler Aaron Hunt vorbei und legte den Ball zurück auf Christoph Daferner, der wuchtig aus 25 Metern abzog und ins linke untere Eck traf – 3:0 (53.) und das Stadion stand endgültig Kopf. Der Treffer fiel genau im richtigen Moment – und dem HSV fiel fortan weniger ein.
Keine Anzeichen für Aufholjagd
Chefcoach Daniel Thioune reagierte nach einer Stunde Spielzeit mit einem Dreifach-Wechsel: Mittelstürmer Terodde, Narey und Onana kamen für Hinterseer, Hunt und Dudziak in die Partie (60.). Doch Dynamo ließ hinten zunächst weiter wenig anbrennen. In der 66. Minute hatte Torschütze Daferner dann Feierabend. Für ihn brachte SGD-Trainer Markus Kauczinski den Slowenen Luka Stor.
Kurz darauf dann die Dresdner im Glück, als der frisch eingewechselte Narey nur den Pfosten traf (68.). Auf der Gegenseite hätte Stor mit seiner ersten Aktion alles klar machen können, doch nach Knippings Traumpass ließ er zwar Innenverteidiger David stehen, verzog dann aber. Der Ball trudelte links am HSV-Kasten vorbei (70.) – nichts war es mit der möglichen Vorentscheidung zum 4:0.
Kauczinski sorgte dann mit einem Doppelwechsel für weitere Entlastung in Dresdens Offensive: Sascha Horvath und Pascal Sohm kamen für Patrick Weihrauch und Agyemang Diawusie. Der HSV ließ unterdessen den klaren Willen vermissen – Anzeichen für eine Aufholjagd waren nicht zu sehen. Stattdessen packte Ex-Dynamo Toni Leistner die Rasierklinge aus. Innerhalb von drei Minuten räumte er zweimal Luka Stor ab und verdiente sich damit den gelben Karton (76.).
Neu-Kapitän Mai verwandelt Elfmeter
Auch der Wechsel von Bobby Wood für Wintzheimer (77.) brachte nicht die Wende. Broll hielt Teroddes gefährliche, aber zu zentral platzierte Direktabnahme fest (80.) und Kittel scheiterte aus aussichtsreicher Position per Kopf (81.). Erst in der 89. Minute gelang dem HSV ein Tor, doch das war zu spät: Leibolds Flanke verlängerte Terodde per Kopf an den zweiten Pfosten. Dort stand Onana goldrichtig und drückte den Ball ebenfalls per Kopf über die Linie.



In der vierminütigen Nachspielzeit kamen bei Dynamo noch Kade für Will und Königsdörffer für Vlachodimos. Und dann folgte noch das Sahnehäubchen für die SGD: Nach Handspiel von Leistner (90.+4) entschied Referee Badstübner auf Elfmeter. Der neue Kapitän Sebastian Mai trat an und verwandelte locker ins linke Eck zum zuvor nicht für möglich gehaltenen 4:1-Endstand (90.+6).
So steht Dynamo absolut verdient in der zweiten Runde des DFB-Pokals und ließ sich von seinen Fans feiern. Diesen Saisonstart kann die Sportgemeinschaft getrost als rundum gelungen bezeichnen. Am Freitag eröffnen die Schwarz-Gelben mit ihrem Gastspiel beim 1. FC Kaiserslautern die neue Drittliga-Spielzeit.