Leipzig. Er ist wieder hier, in seinem Revier, urlaubt mit Ehefrau Alina, 28, und Baby Gia (elf Monate) in Leipzig. RB-Legende Diego Demme, 29, hat von 2014 bis 2020 bei RB ostwestfälische Wertarbeit abgeliefert, 214 Pflichtspiele lang malocht, wurde zum Bundesliga-Star, Fan-Liebling und Nationalspieler. Vor eineinhalb Jahren erfüllte sich der Deutsch-Italiener mit dem Wechsel zu seinem Herzensclub SSC Neapel einen Kindheitstraum. Aktuell entspannt Familie Demme in Leipzig, trifft sich hier mit langjährigen Weggefährten wie Dominik Kaiser zum Essen, besucht liebgewonnene Ausflugsziele wie den Cospudener See. Demme, der mittlerweile 57 mal für den SSC aufgelaufen ist und nahezu perfekt Italienisch spricht im SPORTBUZZER-Interview über Duelle gegen Ronaldo und Messi, neapolitanische Fan-Heißblütigkeit und die Schockstarre nach dem Tod von Diego Maradona, den Unterschied zwischen Serie A und Bundesliga, die Freuden unter Julian Nagelsmann und Leipzigs Aussichten ohne Könner wie Dayot Upamecano und Ibrahima Konaté.
Im Januar 2014 wurde aus dem Paderborner Zweitliga-Spieler Demme der Leipziger Drittliga-Spieler Demme. Ihre ersten Einsätze endeten 0:1 gegen Burghausen und 1:2 in Duisburg. Wie war sie damals, Ihre Gefühlslage?
Ich war immer überzeugt, dass die Entscheidung für Leipzig die richtige war, dass wir früher oder später in der Bundesliga spielen. Nach null Punkten aus zwei Spielen wurde meine Überzeugung kurzzeitig auf eine harte Probe gestellt. Aber danach lief es.
Welche RB-Spiele gucken für Sie persönlich oben raus?
Das 5:1 gegen Saarbrücken und der Aufstieg in die zweite Liga. Das 2:0 gegen Karlsruhe beim Bundesliga-Aufstieg. Unser erstes Spiel in der Champions League gegen Monaco. Die Liste ist nicht vollständig, es waren unglaublich schöne sechs Jahre, Leipzig bleibt in meinem Herzen.
Am 15. Februar 2018 saßen Sie ausgerechnet beim Spiel in Neapel 90 Minuten auf der Bank. Guckt dieses Spiel nach unten raus?
Ja, kann man so sagen. Aber der Fußball nimmt auf Einzelschicksale keine Rücksicht. Natürlich hätte ich an diesem Abend gerne gespielt. Aber wir haben 3:1 gewonnen und Ralph Hasenhüttl hat demnach alles richtig gemacht.
Um Sie gab es nie Wechselgerüchte, im Januar 2020 ging plötzlich alles ganz schnell und Sie wurden Neapolitaner. Julian Nagelsmann hätte sein Veto einlegen können.
Julian sagte mir, dass er mir keine Steine in den Weg legt, dass er versteht, wenn sich jemand seinen Traum erfüllen will. Zwischen der Anfrage des SSC und meinem Wechsel lagen fünf Tage. Mein Kindheitstraum ist in Erfüllung gegangen.
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Nagelsmann hat sich unlängst auch einen Traum erfüllt. Wie kamen Sie mit ihm zurecht?
Er ist ehrgeizig, fordert, will, kann viel, macht Mannschaften und Spieler besser. Es macht Spaß mit ihm zu arbeiten, ein cooler Typ.
Der bei Bayern München Erfolg haben wird?
Wird er, da bin ich mir sicher. National sowieso, aber auch international.
Jesse Marsch löst Nagelsmann ab. Wie haben Sie Marsch in Leipzig erlebt?
Als emotional und immer positiv. Jesse nimmt alle mit auf die Reise, will, dass sich alle wohlfühlen.
Kann RB auch ohne Dayot Upamecano und Ibrahima Konaté ganz oben anklopfen?
Wenn Sie mit ganz oben die Meisterschaft meinen, tendiere ich zu nein. Die werden sich die Bayern holen. Dahinter ist für Leipzig alles möglich. RB hat auch in der Vergangenheit wichtige Spieler verloren und trotzdem weiter Spiele gewonnen. Siehe Naby Keita und Timo Werner. Ich halte übrigens das Gesamtpaket Ibrahima Konaté für noch kompletter als das von Dayot.


Wer war beim Üben Ihr unangenehmster Gegenspieler? Upamecano oder Konaté?
Orban. Willi ist ein harter Hund, hat riesige Schenkel. Da spielt man besser zeitig den Ball ab, sonst tut es weh.
Sie haben mit Neapel gegen Ronaldo und Messi gespielt. Wie war es?
Gegen Juve und Ronaldo erfolgreich, wir haben zweimal gewonnen. In der Champions League sind wir gegen Barca ausgeschieden. Ronaldo ist eine Maschine, seit fast 20 Jahren Weltklasse, hat einen Wahnsinnskörper. Wenn Messi den Ball hat, hat er ihn. Immer wenn du denkst, jetzt hab ich ihn, macht er eine Bewegung, die nur er kann. Messi ist vom anderen Stern. Den kann man nicht mal foulen, so geschickt ist er. Ehrlich gesagt, ist das gut so.
Können Sie unbemerkt durch Neapels Gassen flanieren?
Nein, das geht nicht. Ganz Neapel liebt den SSC. Mit Maske und Basecap geht es einigermaßen.
Der Tod des ewigen SSC-Helden Diego Maradona …
… hat Neapel in eine Schockstarre versetzt. Diego hat den SSC zum Meister und den Süden stolz gemacht. Er ist hier überall präsent.

Sie wirken noch drahtiger als zu Ihren Leipziger Zeiten. Haben Sie den Brotkorb eine Etage höher gehängt?
Ich achte nach wie vor extrem auf meine Ernährung, sollten Sie vielleicht auch mal tun. Wir trainieren hier öfter und länger als in Leipzig. Und dann haben wir wegen Corona alle drei Tage gespielt. Das zehrt und macht schlank.
In Italien wurde die Taktik erfunden. Ist die Serie A immer noch taktisch geprägt?
Ist sie. Es gibt hier keinen offenen Schlagabtausch, kein wildes Hin und her, keine tiefen und freien Räume, in die man stoßen kann. Alles ist gut organisiert, alle erfüllen ihre taktischen Aufgaben.
Von der dritten Liga in die Bundesliga, Serie A und Champions League. Sie sind ein gemachter Ehe-Mann, Herr Demme.
Und Vater bin ich auch. Ein Kind ändert die Perspektive. Ich ärgere mich zwar immer noch, wenn ich nicht gut gespielt habe, wir nicht gewonnen haben. Aber wenn ich nach Hause komme und die Kleine in den Arm nehme, ist kein Platz mehr für schlechte Laune.
Wer wird eigentlich Europameister?
Italien, Frankreich oder Deutschland.
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