Die alten Hasen übernahmen Verantwortung – und führten ihren HC Neuruppin am Samstagabend zum Derbysieg. Mit 22:21 (11:11) behielten die Handballer aus der Fontanestadt im Verbandsliga-Duell mit Hansa Wittstock die Oberhand. Nur sechs Sekunden waren die Gäste vom Punktgewinn im mit knapp über 200 Zuschauern gefüllten Sportcenter entfernt, doch die Neuruppiner Altmeister Ireneusz „Irek“ Kaczmarczyk und Lee-Roy Nietzel ließen jenen Traum zerplatzen. HCN-Coach Michael Drefahl zog 29 Sekunden vor Ultimo seine Option zur Auszeit, das Wort in der Runde hatte Kaczmarczyk.
„Irek und Lee-Roy hatten sich entsprechend abgesprochen und ich habe dem Rest der Mannschaft verdeutlicht, dass sie ihre Laufwege einhalten müssen, um das Angesagte zu spielen“, verriet Drefahl. Die Hausherren initiierten einen letzten Angriff, Kaczmarczyk und Nietzel agierten entgegen der Bewegung ihrer Teamkollegen und zogen die Wittstocker Abwehr dadurch auseinander. „Irek“ fand die Lücke und bediente seinen kongenialen Partner am Kreis, welcher nur mit einem Foulspiel von Martin Willführ gestoppt werden konnte. Den fälligen Siebenmeter verwandelte Kaczmarczyk abgebrüht, anschließend kannte der Jubel bei der Heim-Sieben und dem Anhang keine Grenzen. „Irek hat Nervenstärke bewiesen, sagte mir aber: ,Trainer, ich habe geschwitzt’“, erklärte Michael Drefahl schmunzelnd.
Der HCN-Coach hatte nach durchschnittlichen 60 Minuten gut lachen, wusste den Sieg im Lokalduell aber einzuschätzen: „Wir haben gewonnen, das ist gut. Ansonsten war es aber eine Qual, spielerisch sind wir bei Weitem nicht da, wo wir hinwollen.“ 21 Gegentore – damit konnte er sehr gut leben, wobei: „Phasenweise waren wir nachlässig. Wir hätten den Gegner auch bei weniger Treffern halten können.“ Sein Wittstocker Trainerkollege sah das ein wenig anders, vor allem direkt nach dem Seitenwechsel, als Hansa mit zwei Toren vorn lag, wäre Sven Hennigs gerne davongezogen: „Ich musste aber viel rotieren, einige Jungs waren angeschlagen. Schade, dass wir den Sahnetag unseres Torhüters Paul Sauer im Angriff nicht in Tore ummünzen konnten.“
Die Partie war quasi dauerhaft auf Kippe, der größte Vorsprung eines Team betrug drei Treffer. Viereinhalb Minuten vor dem Ende hatte der HCN diesen Abstand herausgeworfen, das Derby schien durch. Doch die Moral bei den Hanseaten stimmte – 54 Sekunden vor dem Ende leuchtete ein 21:21 auf der Anzeigetafel. „Wir haben zu viele Fehler gemacht, etliche Pässe sind nicht angekommen“, bemängelte Drefahl, dem ohnehin der Derby-Charakter vor einer relativ leisen Kulisse fehlte: „Da habe ich auch von der Giftigkeit der Spieler anderes erlebt.“ Hennigs ärgerte im Nachhinein die letzte Minute: „Die Hoffnung war groß, dass die Aufholjagd in Zählbares mündet. Mir war klar, dass die alten Hasen die letzte Entscheidung nicht den jungen Spielern überlassen. Aber Nietzel war am Kreis nicht zu halten.“
Und so holte er den entscheidenden Siebenmeter, der zum Derbysieg des HCN führte, raus – vermutlich jedoch auf Kosten einer schwereren Schulterverletzung. „Den Sieg haben wir wohl teuer bezahlt“, wusste Michael Drefahl.
HC Neuruppin: Berger, Plötz – Wilke (5), Simon (1), Kolrep (2), Lück (2), Kühne (1), Höpstein, Nguyen, Nietzel (3), Bukowski (2), Kaczmarczyk (6/3).
Hansa Wittstock: Sauer – R. Willführ (2), Holtmann (2/2), M. Willführ (5), Klünder (1), Köhring (4), T. Hennigs (1), Stachowski, Müller (2), Schmidt (1), Kipcke (3), Schorlepp, Hamann.
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