Leipzig. Das Hoffen war vergebens. Angesichts explodierender Corona-Infektionszahlen und sich bedrohlich füllender Krankenhäuser zieht Sachsen die Reißleine, und zwar zum wiederholten Mal auch im Sport. Ab Montag ist es vorbei für Amateur- und Breitensport im Freistaat. Auch Fitnessstudios machen dicht. Bis zum 12. Dezember sind Training und Wettbewerbe drinnen und draußen untersagt, egal ob allein, zu zweit oder im Team. Das gab das Regierungskabinett am Freitagabend bekannt. "Es ist alles untersagt", so Sozialministerin Petra Köpping.
Enttäuschung bei den Verbänden
„Der erneute ’Lockdown’ und damit verbunden der Stillstand des organisierten Sports in Sachsen ist ein herber Schlag für das gesamte System und führt es an seine Grenzen“, sagte Christian Dahms, Generalsekretär des Landessportbundes (LSB) auf LVZ-Anfrage. „Die ganzheitliche Vollbremsung für das aktive Sportgeschehen samt Einstellung des regulären Spiel- und Wettkampfgeschehens gefährdet das grundsätzliche Überleben vieler sächsischer Vereine und Verbände.“ Dennoch könne er den drastischen Schritt angesichts der Besorgnis erregenden Infektionslage verstehen. "Mit Blick auf den rapiden Anstieg an Neuinfektionen und die anhaltende Dynamik des Infektionsgeschehens können wir nur an die Vernunft aller appellieren, in der aktuellen Lage in sämtlichen Lebensbereichen "pro Gesundheitsschutz" zu agieren. Das bedeutet: So wenig Kontakte und Infektionsrisiken wie möglich."


Enttäuscht zeigte sich Uwe Gasch, Präsident des Stadtsportbundes Leipzig: „Ich wäre dafür gewesen, dass die Sportstätten offen bleiben. Die Politik hat es schon vorher vergeigt, die jetzige Pandemie-Entwicklung war ja absehbar. Wie Tausende Sporttreibende bin auch ich nach wie vor irritiert, dass der Sport in Sachsen als Privatvergnügen gesehen wird.“
Ausnahme für Nachwuchs "ein Lichtblick"
Von der Vollbremsung ausgenommen sind zwei Bereiche. Mindestens weiter trainieren dürfen Kinder und Jugendliche bis zum vollendeten 16. Lebensjahr. Trainerinnen und Trainer brauchen einen 3G-Nachweis, müssen also geimpft genesen oder getestet sein. „Kinder tragen seit Monaten Lasten für Erwachsene. Diese Erwachsenen verhalten sich nicht immer verantwortungsvoll“, sagte Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig auf der Pressekonferenz zur Begründung. „Deshalb sollen die Angebote für Kinder bestehen bleiben.“ Dahms meinte dazu am Abend: „Dass das Sporttreiben für Kinder- und Jugendliche stattfinden kann, ist zumindest ein kleiner Lichtblick.“
Oliver Gebhardt, Vizepräsident des Fußballverbandes der Stadt Leipzig (FVSL), pflichtete ihm bei. "Die Notwendigkeit einschneidender Maßnahme ist aufgrund der Situation in den Krankenhäusern nicht zu verleugnen. Umso wichtiger ist es, dass Kindern und Jugendlichen, den Verlierern der bisherigen Lockdowns, eine Perspektive gegeben wird." Sie könnten auf diese Weise in den Vereinen gehalten werden. "Die Fußball-Familie muss nun in den kommenden Wochen eng zusammenstehen, um nach dieser Zwangspause in gewohnter Art und Weise fortexistieren zu können."
Langfristiger Plan gefordert
Für den Amateur- und Breitensport als Ganzes formulierte der LSB-Generalsekretär einen flammenden Appell an die Staatsregierung. „Es bedarf dringend eines Entwurfes, wie das Sporttreiben im Winter auch unter Pandemiebedingungen fortlaufend zu gewährleisten ist.“ Einen anhaltenden Lockdown über mehrere Wochen gelte es unbedingt zu verhindern. Das sieht auch Gebhardt so. "Es ist wichtig, dass die Politik einen langfristigen Plan verfolgt, der alle Betroffenen mitnimmt und sie nicht dauerhaft immer wieder kurzfristig vor den Kopf stößt."
Weitermachen dürfen, und zwar unter 3G-Bedingungen, auch die Profis und Kaderathleten. Die bittere Pille für sie: Fans müssen draußen bleiben. Leipzigs Vereine mit dem größten Publikumsinteresse sind unterschiedlich stark betroffen: Bei Bundesligist RB liegen die drei Heimspiele gegen Leverkusen, Manchester City und Mönchengladbach im Zeitraum bis 12. Dezember. Auch Eishockey-Oberligist Icefighters Leipzig und die Volleyball-Zweitligisten L.E. Volleys und GSVE Delitzsch treten in den kommenden drei Wochen drei Mal zu Hause an. Zwei Heimpartien ohne Fans muss Fußball-Regionalligist Chemie Leipzig bestreiten, bei Lok Leipzig sowie den Handballteams des SC DHfK (Männer) und HCL (Frauen) ist es jeweils ein Punktspiel.
Konkrete Angebote "nicht angenommen"
DHfK-Handball-Manager Karsten Günther war sauer: „Das trifft uns und den Sport insgesamt sehr hart. Wir waren immer bereit, mit anzupacken, um Kontakte zu reduzieren, haben dafür schon seit Wochen 2G konsequent umgesetzt und mit der Reduktion der Kapazitäten sowie einer FFP2-Maskenpflicht konkrete Angebote an die Politik gemacht. Leider wurden diese nicht angenommen und sowohl im Sport als auch in der Kultur komplett dicht gemacht, während weiterhin täglich 100.000 Menschen ohne personalisiertes Ticket zur Kontaktverfolgung und FFP2-Maske shoppen können.“ Er hoffe sehr, dass das Kabinett zumindest beim Nachwuchs nachbessert und das Alter für Training und Spielbetrieb von 16 auf 18 Jahre hochsetzt. „Sonst wird der Sport nicht nur wirtschaftlich, sondern auch von der aktiven Seite in die Knie gezwungen. Die jetzige Regelung bis 16 Jahre reißt Nachwuchsmannschaften auseinander - das darf nicht passieren.“
RB Leipzig, mit weitem Abstand Zuschauer trächtigster Club in der Region, wollte sich erst im weiteren Verlauf des Freitagabends zur Thematik äußern.
Sie gelten in Leipzig und der Region als Profis:
Fußball, Männer: RB (Bundesliga), 1. FC Lok , BSG Chemie, FC Eilenburg (Regionalliga). Frauen: RB (2./3. Liga).
Handball, Männer: SC DHfK (Bundesliga/3. Liga). Frauen: HCL (2. Liga), SC Markranstädt (3. Liga).
Eishockey: Exa Icefighters (Oberliga)
Volleyball, Männer: L.E. Volleys, GSVE Delitzsch, Frauen: VV Grimma (jeweils 2. Liga).
Die jeweiligen Mannschaften werden von ihren Verbänden als Profiteams sowie Leistungszentrum eingestuft und dürfen deshalb weiter trainieren und spielen. Für sie gilt die 3G-Regel.
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