Die große Euphorie ist erstmal verflogen. Nach dem berauschenden Auftaktsieg bei der WM gegen den Iran ist die englische Nationalmannschaft am Freitagabend im angelsächsischen Duell gegen die USA nicht über ein 0:0 hinausgekommen. Die US-Boys waren über einige Strecken sogar die bestimmende Mannschaft mit den insgesamt besseren Chancen. Und so schlugen einige England-Legenden nach dem Spiel Alarm: "Es war schwach. Wir sind alle enttäuscht. Wir wollten viel mehr von England", sagte Gary Neville beim Sender ITV.
Beistand bekam er von seinem ehemaligen ManUnited-Kollegen, dem Iren Roy Keane, der ebenfalls als ITV-Experte im Einsatz war: "Sie wirkten ideenlos", befand Keane und sprach von eine "schrecklichen Leistung". Neville nahm in seine Kritik alle Mannschaftsteile ein und sagte speziell mit Blick auf die zuvor viel gepriesene Schaltzentrale: "Ich fand, wir haben im Mittelfeld teilweise müde ausgesehen. Wir haben nicht gut kombiniert. Ihr Mittelfeld (der USA, d. Red.) war deutlich besser."
Die England-Profis und auch Trainer Gareth Southgate waren indes darum bemüht, das Positive zu sehen: "Wir wissen, dass wir besser spielen können. Es ist ein Unentschieden bei einer WM. Kein Spiel ist einfach. Nach unserer ersten Leistung haben die Leute gedacht, wir würden Erdrutschsiege gegen jedes Team einfahren. Aber das ist nicht der Fall", sagte Kapitän Harry Kane, der sich über den Punkt und die Tatsache freute, dass die "Three Lions" am letzten Spieltag mit einem Sieg gegen Wales als Gruppensieger feststehen könnten. Southgate befand: "Ich wusste, dass es nach so einem Hoch schwierig sein würde, diese Art von Leistung zu wiederholen, also bin ich wirklich zufrieden, wie sich die Spieler reingeworfen haben."
Neville und Co. vermissen Foden und Alexander-Arnold
Der Trainer selbst sorgte bei den Beobachtern indes für Unverständnis: "Die Einwechslungen, die er gemacht hat, hatten keinen wirklichen Einfluss", stichelte Keane und bekam von den Kollegen recht. Vor allem die ausgebliebene Einwechslung von Edeltechniker Phil Foden sorgte für Kopfschütteln: "Ich war enttäuscht, dass Foden nicht gekommen ist", sagte Neville. Statt Foden durfte Mason Mount über 90 Minuten im offensiven Mittelfeld wirken – ohne großen Erfolg: "Es war verblüffend, dass er 90 Minuten im Spiel blieb. Es war sonderbar", sagte der ehemalige England-Torhüter Rob Green bei BBC Radio 5.
Der frühere Weltklasse-Rechtsverteidiger Neville hat auf dieser Position indes auch Trent Alexander-Arnold vom FC Liverpool vermisst: "Er ist eines der größten Talente, was seine Flanken angeht." Und gute Flanken hätten den Engländern in der Schlussphase womöglich noch einmal zu mehr Torgefahr verhelfen können. "Ich glaube andere Nationen – Brasilien, Spanien, wohl auch Frankreich – hätten Foden und Trent in der Startelf", bilanzierte Neville.
"Große Frage": Lineker zählt Southgate an
Dass der schon länger nicht unumstrittene Southgate im weiteren Turnierverlauf liefern muss, implizierte in Gary Lineker auch eine weitere England-Legende: "Schlechte Leistung von England, aber das passiert irgendwann bei einer Weltmeisterschaft", schrieb er bei Twitter. "Die große Frage ist, selbst bei einer so talentierten Truppe, ob der Trainer mit seinen Taktiken und Einwechslungen etwas zum Positiven verändern kann, wenn es mal nicht läuft" Am besten wohl schon im abschließenden Gruppenspiel gegen Wales am kommenden Dienstag (20 Uhr).
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