21. Juni 2009, der neue D-Junioren-Westfalenmeister heißt: SSV Hagen. Mit 3:0 besiegte das Team des Doppeltorschützen Lukas Klostermann den SC Paderborn, für den damals ein gewisser Alexander Nübel noch auf dem Feld auflief. "Vielleicht haben wir nicht gewonnen, weil er da noch nicht im Tor stand", sagt Marco Cirrincione rund zehn Jahre danach scherzhaft über seinen ehemaligen Spieler, der inzwischen Stammtorwart auf Schalke und die Nummer eins der deutschen U21 ist. Der SCP-Nachwuchscoach jedenfalls war maßgeblich daran beteiligt, dass sich Nübel überhaupt zwischen die Pfosten stellte.



2005 war er als Spieler zur U11 gestoßen, bereits als Neunjähriger sogar, weil besonders begabt. Doch wenn es ums Torschusstraining ging, hatte er schon damals ein Faible dafür, sich selbst die Torwarthandschuhe anzuziehen. So kam es auch zwei Jahre später, als sich einer der beiden SC-Keeper abmeldete, um lieber Tischtennis zu spielen. "Alex fand das irgendwie cool im Tor", erinnert sich Cirrincione.

Nübels Lieblingsübung: Alle schießen gleichzeitig aufs Tor
Einmal wurde in der Mannschaft ein Fragebogen verteilt, bei dem es um die Lieblingsübungen der Spieler im Training ging. Nübel schrieb auf, dass ihm dieses Spielchen am besten gefällt, bei dem alle gleichzeitig aufs Tor schießen – mit ihm darin, versteht sich. "Er ist dabei auch auffällig gut gewesen", so der 40-jährige A-Lizenz-Inhaber. Allerdings: Zur ganzen Wahrheit dieser Wandlung vom Feldspieler zum Torhüter gehört auch, dass sie nicht ganz geräuschlos verlief.
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Nübel: "Glaube nicht, dass ich als Feldspieler hier wäre"
In einem seiner ersten Spiele im Tor, in der Bezirksliga bekam er keinen Ball auf die Kiste, fühlte sich unterbeschäftigt, wechselte zurück ins Feld – und steuerte noch zwei Treffer zum 5:0-Sieg bei. Ab der U14 wurden diese Ausflüge aber seltener. Der Verein hatte beschlossen, dass er bei den Einheiten von Zsolt Petry, damals wie heute Torwarttrainer (aktuell bei Hertha BSC), besser aufgehoben ist. Mittlerweile sieht er das auch so. "Ich habe die Entscheidung natürlich nicht bereut", sagt Nübel auf Nachfrage, "denn ich glaube nicht, dass ich als Feldspieler sonst hier wäre."
Hier, also bei der U21, hat sich der 22-Jährige, der in der Rückrunde bei Schalke 04 Ralf Fährmann als Nummer eins ablöste, ebenfalls gegen die Konkurrenten Florian Müller (Mainz) und Markus Schubert (Dresden) durchgesetzt. "Er hat ein gutes Herauskommen, ist furchtlos in seinen Aktionen, hat tolle Reflexe und erkennt viele Spielsituationen frühzeitig. Alles Dinge, deretwegen man heute ja vom modernen Torwart spricht", lobt Ex-Coach Cirrincione. Und dann sind da ja noch seine Fertigkeiten mit dem Fuß, die er auch seiner "Karriere" vor der Karriere zu verdanken hat. "Ich spiele einfach gern selbst Fußball, das hilft mir", erklärt Nübel.
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In der Jugend in Paderborn war er stets weiter als viele andere; als 15-Jähriger spielte er in der U17, als 16-Jähriger in der U19. Doch zu einem Einsatz für die Profis, seinerzeit Bundesligist, kam er nicht. Also wechselte er 2015 zu Schalke, zur zweiten Mannschaft, und wurde Stammtorhüter in der Regionalliga. Am letzten Spieltag der vorletzten Saison kommt er zu seinem Bundesligadebüt gegen Frankfurt. "Vielleicht ist sein Weg genau der richtige; nicht durchzudrehen, nicht sofort sechsmal den Verein zu verlassen, sondern Geduld zu haben", meint Cirrincione, der insgesamt elf Jahre im Leistungszentrum des SC tätig war.

Ex-Trainer Cirrincione: Nübel hat sich nicht verändert
Noch immer ist Nübel ganz der Alte, er geht aufs Schützenfest in Tudorf, aus dessen Jugendabteilung er einst nach Paderborn wechselte. Zu Cirrincione, der sagt: "Er ist nicht der Typ, der sich den ganzen Rücken tätowieren lässt oder mit teuren Sportwagen auffallen muss."


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Dass er nun sogar mit dem FC Bayern München in Verbindung gebracht und U21-Kollege Schubert (Vertrag in Dresden läuft aus) gleichzeitig als sein Nachfolger gehandelt wird, lässt ihn kalt. Und dass er zunehmend mit Manuel Neuer verglichen wird, der ihn bereits explizit gelobt hat ("Parallelen sind schon da"), kennt er ebenfalls schon aus Paderborn. Nach besonderen Glanztaten wurde er dort schon "Manuel Nübel" genannt. Sein Ex-Coach findet allerdings: "Ein Wechsel nach München käme vielleicht noch ein bis zwei Jahre zu früh."
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