Von wegen Feuerwerk, von wegen atemloser Tempo-Fußball im mit Vorfreude erwarteten Showdown an der Anfield Road. Die Bayern spielten clever und smart ihr Ding herunter, konzentriert und sachlich wie noch nie in dieser Saison. 0:0 im Achtelfinal-Hinspiel der Champions League gegen den FC Liverpool mit Trainer Jürgen Klopp, dessen emotionsgeladener Überfallfußball von den Gästen geschickt neutralisiert wurde. Stecker gezogen. Kühl, kühler, Bayern.



"Wir wussten natürlich auf wen wir treffen. Dass sie in der Offensive schnelle Spieler haben, war uns bewusst. Wir standen kompakt in der Defensive und so haben wir es ihnen schwer gemacht", analysierte Torwart Manuel Neuer nach der Partie. Doch zu 100 Prozent zufrieden war der Weltmeister von 2014 nicht. "Auswärts erzielst du natürlich gerne ein Tor. Ein paar Prozent haben für unser eigenes Tor gefehlt. Es hätte besser laufen können. Das 0:0 ist aber schon ok." Bayern-Trainer Niko Kovac wirkte da entspannter: "Ich fand, dass wir es richtig klasse gemacht haben. Mental waren wir über 90 Minuten richtig da. Die Qualität haben wir. Wir haben unser Ziel erreicht und müssen jetzt gucken, dass wir zuhause den Sack zu machen."
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FC Bayern agiert fehlerlos gegen Liverpool - Klopp trotzdem zufrieden
Die Elf von Trainer Niko Kovac („Das sind die Spiele, für die wir Fußballer geworden sind“) agierte beinahe fehlerlos – und ohne Gegentor. Das ist den Münchnern, diesmal in den – von den Fans verabscheuten – mintgrünen Auswärtsdressen, bei den bisherigen sechs Spielen in diesem Kalenderjahr noch nicht gelungen. Das 0:0 ist eine gute, aber knifflige Ausgangsposition fürs Rückspiel in drei Wochen in München. Mehr Sorgen muss sich jedoch der FC Liverpool machen: Schließlich verloren die Engländer sämtliche drei Auswärtsspiele der Gruppenphase.
Auch für Jürgen Klopp war das 0:0 kein schlechtes Ergebnis: "Damit können wir arbeiten. Die Fehler im Umschaltsspiel taten uns weh. Die meisten Kontakte haben die Innenverteidiger beider Mannschaften gehabt", so Klopp. "Die letzte Linie von Bayern hat heute super gespielt. Das war nicht unser Problem. Wir hatten so viele Szenen, die wir uns selbst kaputt gemacht haben."
Goretzka verletzt
Kovac musste kurzfristig auf Leon Goretzka verzichten, der wegen einer Reizung am Sprunggelenk nicht mal im Kader war. Für Bayerns besten Torschützen anno 2019 rückte Javi Martínez als defensive Absicherung in die Startelf. Linksaußen Kingsley Coman, der in Augsburg einen Schlag gegen das Sprunggelenk bekommen hatte, gewann den Wettlauf gegen die Zeit gewonnen und konnte spielen.
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Anfield ist Kult, eine Kathedrale des Fußballs voller Magie und Historie. Man kann den Mythos einatmen, vor allem kurz vor Anpfiff, wenn die legendäre Hymne „You'll never walk alone“, der Klassiker von „Gerry & The Pacemakers“ gespielt wird und die 50.000 Fans voller Inbrunst mitsingen. In dieser ergriffenen, fast andächtigen Atmosphäre laufen die Mannschaften aufs Spielfeld, fast unbemerkt. Die Champions-League-Hymne der Uefa geht im schmetternden Gesang der Fans fast unter. Gänsehautig-schön. Vor dem Stadion dagegen gab es Ärger und kleinere Tumulte, weil ein paar Bayern-Fans versucht hatten, ohne Tickets ins Stadioninnere zu gelangen.
Wichtig gegen Liverpool: FCB agiert mit nötiger Ruhe
„Wir müssen die ersten Minuten gut überstehen“, so der Plan von Kovac. Doch das Feuerwerk der Reds blieb aus, auch weil die Bayern anfangs mit Ruhe und Geschick verteidigten, aufmerksam ihre Positionen hielten. Kein Schlagabtausch, ein vorsichtiges Abtasten – typisch für ein Hinspiel in der K.o.-Phase. Respekt hier, zu wenig Risikobereitschaft dort. Die Bayern zogen den Engländern den Tempo-Stecker. Nur vereinzelt und wenn dann mit langen Bällen hinter die Abwehr kamen die Liverpooler zu Chancen.
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Das Glück war nicht ihr 12. Mann, meist fehlte eine Fußspitze oder Zielwasser wie bei Sadio Manés Fehlschuss (33.). „Wenn Liverpool 140 Prozent bringt, müssen wir 150 Prozent bringen“, hatte Kovac die Aussage von Jürgen Klopp gekontert. Der Plan der Bayern: „Wir wollen unser Heil schon auch in der Offensive suchen, denn hinten hat Liverpool Schwächen.“ Doch höchstens Serge Gnabry sorgte mit Flanken und Abschlüssen über Rechtsaußen für Gefahr. Halbzeit - 0:0. Den Bayern war der erste Wirkungstreffer gelungen, sie hatten – wie von Sky-Experte Didi Hamann, einst bei beiden Vereinen aktiv, richtig prognostiziert – die Zuschauer ruhig gespielt. Und, das ist typisch britisches Fairplay, als die Gäste nach der Pause zurück aufs Feld kamen, gab's Applaus.
Liverpool mit Pressing in zweiter Halbzeit
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In der zweiten Halbzeit versuchte Liverpool seinen von Klopp angetriebenen Emotionsfußball mit intensivem Pressing durchzuziehen. Bayern reagierte mit: Zeitspiel. Ein 0:0 sei auf keinen Fall zu erwarten, so Kovac am Montag. Es lief darauf hinaus im nun mehr und mehr zunehmen Regen. Doch die Chancen waren rar gesät, Bayern verteidigte konzentriert und engagiert. „A hard day’s night“ in der Beatles-Stadt brachte ein Arbeitsunentschieden.
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