Vor ziemlich genau einem Jahr schrieb an dieser Stelle jemand vom „Ich kam nach Mourinho“-Effekt. Die Theorie ging so: Ein neuer Fußballtrainer habe es leicht, wenn sein Vorgänger die Mannschaft – so wie oft José Mourinho – in ein zu defensives Spielsystem gesperrt hatte. Weil dann jede Lockerung des Neuen wie eine Befreiung wirkt, wird die Elf sich kurzfristig immer verbessern.
Ein Teil des Erfolgs von Hansi Flick liegt am "Ich kam nach Kovac"-Effekt
Ich zitiere mich aber nicht selbst, weil ich zu faul wäre, Neues zu schreiben. Sondern um zu erklären, warum der FC Bayern München absolut richtig liegt, den Vertrag von Neu-Trainer Hansi Flick trotz dessen exzellenter Arbeit noch nicht über das Saisonende hinaus zu verlängern. Denn ein Teil seines Erfolgs liegt am „Ich kam nach Kovac“-Effekt.


Niko Kovac ließ den FC Bayern zehn Meter zu tief verteidigen und überhaupt zu vorsichtig agieren. Flick hat dies korrigiert, so wie er einzelne Personalfragen positiv löste, etwa die Aufwertung von Thomas Müller und Joshua Kimmich in seinem Spiel. Er hat die Arbeit mehr zu einem Miteinander mit den Spielern gemacht, wo Kovac auf Ansagen setzte. Und der FC Bayern spielt wie befreit.
Die Arbeit von Hansi Flick lässt sich erst in einigen Wochen richtig beurteilen
Aber alle Maßnahmen wirken vier Monate nach dem Trainerwechsel eben auch noch, weil sie den Spielern wie Korrekturen der vorherigen Missstände erscheinen. An diesem Dienstag beginnen mit dem Champions-League-Achtelfinale gegen Chelsea die entscheidenden Spiele der Saison, das gibt den Verantwortlichen Gelegenheit, Flicks Arbeit in den größtmöglichen Stressmomenten zu überprüfen: Welche taktischen Nuancen gibt er der Elf mit, wenn solche Details Spiele entscheiden? Wie managt er den Seelenfrieden der Elf, wenn etliche Spieler merken, dass der Trainer in den wichtigsten Partien doch nicht auf sie setzt?
"Finale dahoam": Das wurde aus den Spielern, die in der Startelf standen
Der FC Bayern darf sich nicht von den vielen Stimmen treiben lassen, die unter dem Eindruck der Anfangserfolge einen Langzeitvertrag für Flick fordern. *In drei, vier Wochen lässt sich viel klarer beurteilen, ob es auch einen „Hansi Flick ist einfach gut“-Effekt gab. *
Immer dienstags wechseln sich an dieser Stelle Bestseller-Autor Ronald Reng, der Ex-Schiedsrichter und heutige Motivationscoach Babak Rafati, Sky-Kommentator Wolff Fuss und Jochen Breyer, Moderator des ZDF-„Sportstudios“, mit Meinungsbeiträgen ab. Sie sind alle Kolumnisten des RedaktionsNetzwerks Deutschland (RND).