Diese Nominierung: ein Hammer, der Riesenfreude auslöste, nachdem kurz zuvor etwas Enttäuschung bei der Schülerin geherrscht hatte. Denn sie hatte kurz nach ihrem Debüt bei den Frauen auf weitere Länderspiele in der A-Nationalmannschaft gehofft, von der Teilnahme an der Frauen-WM in Kanada, wenn sie sich denn im A-Kader festgebissen hätte. Doch weitere Testspiele wurden abgesagt, die WM auch. Wo sie steht - Raschke wusste es nicht. Bis der Bundestrainer in einem Video-Taktikcoaching, es beinahe beiläufig erwähnte. Bundestrainer ist Christian Künast, ein langjähriger DEL-Profi (Hannover Scorpions, Hamburg Freezers) , der einiges von der Wolfsburgerin hält. Nach dem Frauen-Turnier im Februar in Schweden, bei dem Raschke ihr Debüt in der A-Nationalmannschaft gegeben hatte, lobte er: "Fine hat bei ihrem ersten Einsatz für die A-Frauen eine solide Leistung gezeigt, für eine junge Spielerin war das ein sehr guter Einstand. Mit ihr haben wir eine Spielerin mit Perspektive für die Zukunft.“
Aber Sprung in den Olympia-Kader? So richtig fassen konnte die bescheidene Sportlerin nicht. „Als dann aber noch die Mitteilung von der Deutschen Sporthilfe kam, da konnte ich mir sicher sein“, so die Wolfsburgerin. „Aber das musste ich erst einmal verarbeiten“, so die Verteidigerin, die von Kindesbeinen an für die Grizzlys Wolfsburg spielt, in Nachwuchsnationalmannschaften Leistungsträgerin und Führungsspielerin war, und sogar Kapitänin, als sie mit der U18 im Januar in Füssen B-Weltmeisterin wurde.
Die Wolfsburgerin feiert mit der deutschen U18 den Aufstieg
Gut möglich, dass ihr das Zusatzmotivation gibt. Aber an Eigenmotivation mangelt es ihr auch so nicht. Und die war seit März besonders gefragt. Bis vor kurzem musste sie ihren DEB-Trainingsplan allein abarbeiten - sechs Einheiten pro Woche unter Coronabedingungen, Training quasi im Home Office: Schnellkraftübungen, Kraftübungen unter Einsatz des eigenen Körpergewichts. Inzwischen übt sie aber auch wieder mit ihrer Klubmannschaft, den U20-Jungen der Grizzlys. "Das ist natürlich schöner als immer nur allein." Wobei in Zeiten des Lockdowns aber mit Stoppuhr oder als Begleitung auch die Eltern und die ältere Schwester Fenja halfen. Auch gut: inzwischen kann sie den Kraftraum der Grizzlys wieder nutzen. Fleißig war sie offenbar, denn "ich fühle mich im Training mit der U20 weitaus besser als noch vor einem Jahr."



Nächste Woche fährt die Wolfsburgerin zur Leistungsdiagnostik nach Berlin. Leider abgesagt ist wegen der Pandemie der Vorbereitungslehrgang, der im Juli in Füssen steigen sollte. Sie wird die Zeit zu nutzen wissen. Außer Training und dem Büffeln für die Schule ("Zwei Tage Unterricht, zwei Tage jede Menge Aufgaben arbeiten in den Fächern, wo wir keinen Unterricht haben") und dem straffen Trainingsplan hat sie noch etwas in Arbeit. Die zukünftige Zwölftklässlerin macht den Führerschein, hat schon die ersten Praxisstunden hinter sich. "Dann kann ich auch mal allein zum Training fahren", freut sie sich. Und nicht nur das entlastet die Eltern ein wenig. Die Aufnahme ins Top-Team der Sporthilfe beschert ihr monatliche Zuschüsse im oberen dreistelligen Bereich. "Das tut natürlich schon gut ", sagt sie und hofft, dass sie bald mal wieder das Nationaltrikot für Spiele überstreifen kann.
Kanada: Aufgeschoben, nicht aufgehoben
Im Frühjahr 2020 hatte sie gehofft, den Sprung ins Team für die WM zu schaffen, für die Titelkämpfe in Kanada, im Mutterland des Sports, wo mit großen Kulissen zu rechnen gewesen wäre. Dann wurde alles abgeblasen. Doch aufgeschoben ist nicht aufgehoben. „Die WM soll ja nun nächstes Jahr in Kanada stattfinden“, weiß Raschke. Dass sie dahin will, steht außer Frage.