Frankreich ist bei der Weltmeisterschaft in Katar nur noch einen Schritt von der erfolgreichen Titelverteidigung entfernt. Die Équipe Tricolore wurde ihrer Favoritenrolle am Mittwochabend im Halbfinale gegen Marokko gerecht und besiegte den Außenseiter mit 2:0 (1:0). Im Endspiel geht es für die Mannschaft von Nationaltrainer Didier Deschamps nun am kommenden Sonntag (16 Uhr, ARD und MagentaTV) gegen Argentinien um Lionel Messi, das das Final-Ticket bereits am Dienstag durch ein souveränes 3:0 gegen Kroatien gelöst hatte. Die Osteuropäer sind am Samstag (16 Uhr, MagentaTV) Marokkos Gegner im Spiel um den dritten Platz.
Den französischen Sieg in der Vorschlussrunde leitete Theo Hernandez ein. Der Bruder von Bayern-Star Lucas Hernandez, der sich in Frankreichs WM-Auftaktspiel gegen Australien (4:1) einen Kreuzbandriss zugezogen hatte, nutzte bereits in der fünften Minute eine Konfusion in der marokkanischen Hintermannschaft und traf im Al-Bayt Stadium von Al-Khor nördlich von Doha zum 1:0. Randal Kolo Muani von Eintracht Frankfurt gelang auf der Zielgeraden der Partie das 2:0 (79.). Ein Schock für die meisten der Fans auf den Tribünen, die zum Großteil mit Anhängern der Nordafrikaner gefüllt waren. Die unerwartete Erfolgsserie des Underdogs, der auf dem Weg ins Halbfinale die Mitfavoriten Spanien und Portugal ausschaltete und als erstes afrikanisches Team der Geschichte eine WM-Vorschlussrunde erreichte, hatte in Marokko große Euphorie entfacht.
Nationaltrainer Walid Regragui und seine Mannschaft wollte diese auch gegen Frankreich nutzen – auch wenn der Coach mit seiner Startelf verdeutlichte, mit welch großem Respekt vor dem Gegner man in die Partie ging. So verstärkte Marokko die Defensive und stellte sein System auf eine Fünferkette in der Abwehr um, in der auch der zuletzt angeschlagene Bayern-Profi Noussair Mazraoui einen Platz fand. Die Franzosen waren ebenfalls zum Umbauen gezwungen. Deschamps musste auf die verletzten Adrien Rabiot und Mazraouis Münchner Klubkollegen Dayot Upamecano verzichten. Für das Duo rückten Youssouf Fofana und der ehemalige Leipziger Ibrahima Konaté in die Startelf.
Einfluss auf das Spiel der Équipe Tricolore schienen diese Umstellungen zunächst nicht zu haben. Frankreich ergriff umgehend die Initiative und fuhr dafür schnell den Lohn ein. Nachdem Kylian Mbappé bei zwei Abschlussversuchen noch geblockt worden war, sprang der Ball zu Hernandez. Ohne Bewacher und somit unbedrängt schloss der 25-Jährige erfolgreich ab. Es war erst Marokkos zweiter Gegentreffer im gesamten Turnierverlauf. Zuvor hatte Keeper Bono einzig im Vorrundenspiel gegen Kanada (2:1) hinter sich greifen müssen – bei einem Eigentor. Frankreich versuchte im Anschluss an die Führung nachzulegen. Der Herausforderer setzte hingegen vorerst auf defensive Stabilität und gelegentliche offensive Nadelstiche.
Ein solcher hätte nach zehn Minuten beinahe zum Ziel geführt. Der französische Schlussmann Hugo Lloris, der sein 19. WM-Spiel bestritt und nun gemeinsam mit Manuel Neuer die meisten Endrunden-Einsätze der WM-Geschichte bestritten hat, war bei einem Schuss von Azzedine Ounahi gefordert. Auf der Gegenseite knallte Olivier Giroud den Ball an den Pfosten (17.). Kurz darauf war Marokko erneut zu personellen Maßnahmen gezwungen. Kapitän Romain Saiss musste verletzt vom Feld, Regragui stellte in der Abwehr auf die gewohnte Viererkette um. Eine Zwangsmaßnahme, die für mehr Sicherheit im Spiel des Außenseiters sorgte.
Die besseren Möglichkeiten hatte aber Frankreich. In der 36. Minute ließen Mbappé und Giroud eine Doppelchance ungenutzt. Marokko zeigte sich unbeeindruckt und wurde zunehmend mutiger. Kurz vor der Pause wäre es beinahe zum Ausgleich gekommen – und wie! Nach einer Ecke segelte der Ball durch den französischen Strafraum und Jawad El Yamiq packte den Zauberkoffer aus. Mit einem Fallrückzieher bugsierte er den Ball in Richtung Tor, Lloris konnte mit Hilfe des Pfostens gerade noch abwehren (44.). Eine Szene, die bei den Afrikanern weitere Kräfte freisetzte. Bis zur Pause drängte das Team nach vorn, war aber nicht zwingend genug.
Nach dem Seitenwechsel drückte der Underdog erneut aufs Tempo und brachte die französische Hintermannschaft phasenweise durchaus in Bedrängnis. Das Problem: Die unbedingte Entschlossenheit vor dem Tor fehlte. Diese zeigte stattdessen Frankreich. Joker Kolo Muani, der wenige Momente zuvor für Ousmane Dembelé eingewechselt worden war, verwertete ein Zuspiel von Mbappé und entschied die Partie. "Les Bleus" haben nach Italien (1934 und 1938) und Brasilien (1958 und 1962) nun als dritte Nation die Möglichkeit, den WM-Titel erfolgreich zu verteidigen.
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