Leipzig. Das wohl letzte richtige Highlight in der sich im Austrudeln befindlichen blau-gelben Saison steigt am Samstag: das Stadtderby gegen die BSG Chemie. Was in früheren Jahren stets für feuchte Handflächen, Schnappatmung und kollektive Ausnahmezustände in beiden Fanlagern gesorgt hatte, droht wohl dieses Mal ein auf Sparflamme gekochtes Fußballsüppchen zu werden. Zu groß die Abstände zwischen Ansprüchen und Wirklichkeit beider Klubs, zu malade die geschundenen Knochen nach den anstrengenden englischen Wochen der letzten Zeit.
Zwei Siege zum Saisonabschluss?
Dabei taugt dieses Spiel geradezu perfekt zu einem letzten Aufgalopp der „Urlaubsreifen“, wie Cheftrainer Almedin Civa sich und seine Schützlinge in der Nachbetrachtung der bitteren Heimniederlage am vergangenen Wochenende gegen die Bubis der Alten Dame aus Berlin darstellte. Eine Möglichkeit, sich fernab von Tabellenplatzgerangel, Saisonzielen und dem damit verbundenen Druck eine letzte leidenschaftliche Schlacht mit dem Leutzscher Stadtrivalen zu liefern - Fußball in seiner ursprünglichsten Form gewissermaßen.
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Die Erwartungshaltung der blau-gelben Anhängerschaft ist groß, der Spielraum für Ausflüchte bekanntermaßen begrenzt. Almedin Civa weiß das. Es liegt nun an ihm, in der laufenden Trainingswoche die richtige Balance zwischen der gewünschten Lockerheit und der absolut notwendigen Intensität zu finden. Er und die Mannschaft wollen den Fans und Unterstützern schließlich nach eigener Aussage noch „zwei gute Spiele“ bieten. Die Vorfreude auf das Derby war dabei selbst in seinem von der langen Saison und den Ergebnissen der vergangenen Wochen gezeichneten Gesicht klar abzulesen. Einen Vollblut-Fußballer kann so ein Ereignis nicht gänzlich kalt lassen. Nun muss der Coach dieses Feuer noch innerhalb seiner Mannschaft entfachen, dazu muss Frische in die Köpfe und Saft in die müden Beine.
Saison mit Derbysieg abschließen
Welches Fanlager am Samstag die akustische Deutungshoheit innehaben wird, dürfte indes niemanden überraschen, da 500 der 5000 Tickets in Lok-Hände gewandert sind. Laut Lok-Geschäftsführer Alexander Voigt sei die „Zuteilung der Karten sehr reibungslos“ verlaufen. In der Vergangenheit wurden diesbezüglich deutlich lautere Klagerufe vernommen. Lok habe sich intern intensiv um eine möglichst faire Verteilung des Kontingents bemüht, wohlwissend, dass man es nicht allen Interessierten recht machen könne. Voigt sagt: „Verständlicherweise waren innerhalb kürzester Zeit alle Tickets vergriffen. Die Verteilung von 500 Gästekarten für ein Spiel, für das man mit Sicherheit die zehnfache Anzahl hätte verkaufen können, ist nie gerecht.“
Die blau-gelbe Vereinsführung will aufkommende Trägheit im Keim ersticken. Voigt betonte, es sei „die erste Aufgabe der Mannschaft, auch das zweite Derby dieser Saison zu gewinnen und sich damit für eine überragende Spielzeit selbst zu belohnen.“ Ein von Vereinsseite organisiertes Public Viewing oder etwa eine Verabschiedung der Mannschaft im Vorfeld wird es nicht geben: „Vorab planen wir nichts, da sind wir etwas abergläubisch.“ Der Klub ist sich dennoch der Impulsivität und Leidenschaft seiner Anhänger bewusst und wird Tür und Tor nicht abriegeln: „Die Erfahrungen der letzten Jahre haben uns gezeigt, dass unsere Fans nach einem Derbysieg eine eigene Dynamik entwickeln und sich ganz automatisch in Probstheida versammeln.“
Einem letzten großen – hoffentlich friedlichen – Fußballfest in dieser Saison steht also nichts mehr im Wege, auch der Wettergott will wohl am Samstag Leipziger sein und Milde walten lassen.
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