Leipzig. Nur mal angenommen, die Roten Bullen leiden im Signal-Iduna-Park eine Halbzeit lang unter bleiernen Waden und geraten vor 81.000 Fans gegen den BVB in Rückstand. Zum Beispiel 0:1. Oder 0:2, 0:3, 0:4. Für die RB-Fußballer ist auch dann nix verloren, denn: Auf der Bank sitzt einer, dem sie seit Dezember folgen. Einer, der ein Fußball-Wunder im Pott am eigenen Leib befördert und erlebt hat.
„Wir sind im Flow“
25. November 2017, Tedescos Schalker liegen zur Halbzeit 0:4 in Dortmund hinten. 0:4. Null zu vier. Der Coach sagt seinen Männern in der Pause, dass ein Spiel aus zwei Hälften besteht und die zweite ihre sein wird. Guido Burgstaller, Naldo und Co. legen ein Comeback biblischen Ausmaßes hin. 1:4. 2:4. 3:4. In der Nachspielzeit wuchtet Naldo einen Eckball unter die Latte. 4:4. Wir lernen: In Dortmund ist unter Herrn Tedescos Federführung nichts unmöglich.



„Das war ein legendäres Spiel“, erinnert er sich vorm Match seiner RB-Fußballer beim BVB (Sonnabend, 18.30 Uhr) an jenen November-Tag 2017. Und, nein, auf ein wie auch immer geartetes Unentschieden hat der selbstgewisse 36-Jährige keine Lust. „Wir fahren nach Dortmund, um zu gewinnen.“ Wie schwer der Heimvorteil wiegt? „81.000 Zuschauer, das bewirkt etwas. In die eine oder andere Richtung.“ Bedeutet: Die Wucht der Fans kann beflügeln, wenn Marco Roses Kicker Flügelschlag beisteuern. Die Kulisse kann aber auch hemmen, wenn die BVB-Stars ähnlich ungelenk starten/landen wie ein Albatros.
Unter den 81.000 werden übrigens nur 1000 aus Leipzig sein. Obwohl den RB-Fans ein erheblich größeres Kontingent zur Verfügung gestanden hätte, meiden die Anhängerinnen und Anhänger die Reise in den Pott. Warum? Die Vorkommnisse der vergangenen Jahre, erinnert sei an die tätlichen Auseinandersetzungen 2017 oder wiederholt geschmacklose Banner, zeigen Wirkung.
Die RB-Profis dürfen sich davon natürlich nicht beeinflussen lassen. Denn der April ist für RB existenziell wichtig und extrem zehrend. In der Liga geht es in Dortmund, daheim gegen Hoffenheim, in Leverkusen und gegen Union Berlin zur Sache. In der Europa League harren Hin- und Rückspiel gegen Bergamo ihrer Austragung. Und da wäre ja noch das DFB-Pokal-Halbfinale gegen Union. Tedesco: „Wir freuen uns auf diesen Monat. Der Spaßfaktor und die Vorfreude sind wichtig.“ Und: „Wir sind im Flow. Es fühlt sich gut an, hier arbeiten zu dürfen.“ Aber: Man habe „absolut null erreicht“.
„Topmannschaft mit unglaublicher individueller Qualität“
Frage aller Fragen: Kann Erling Haaland trotz geschwollenem Fuß ran? BVB-Coach Rose sagt: „Erling ist sehr fraglich, das Ding ist einmal komplett umgeknickt und dementsprechend ist der Fuß auch dick. Er möchte natürlich unbedingt, aber wir müssen schauen, wie sich die Dinge entwickeln.“ Tedesco sieht da schon klarere Bilder. „Haaland wird spielen, das ist ein Topspiel, da brauchen wir nicht drum rumreden.“ Man müsse ihn und seine Kollegen im Kollektiv verteidigen, Versorgungswege kappen, dürfe keinen Tiefgang zulassen. Und wenn er doch nicht spielt, der Haaland? „Dann spielt er halt nicht. Dortmund ist nicht nur Haaland.“

Und sonst so? Peter Gulacsis Adduktoren lassen einen Einsatz des Keepers zu. Yussuf Poulsens Leisten-Verletzung setzt den Dänen zwei, drei Spiele außer Gefecht. Ähnlich verhält es sich bei Amadou Haidaras Knie-Geschichte. Und wie findet der Leipziger Rose die Fußballer aus seiner Heimatstadt? „Eine Topmannschaft mit unglaublicher individueller Qualität. Nkunku hat sich wahnsinnig entwickelt, Silva kann die Bälle festmachen. Ich könnte noch mehrere aufzählen.“
Apropos Silva und Kundenbindung: Beim 1:0-Sieg in Bochum fieberte der zehnjährige Erfurter Leonardo im Stadion mit seinen RB-Herzblättern, hinterlegte am Spielfeldrand bei der Teamleitung einen Autogrammwunsch und seine Adresse. Gestern packte Leonardo ein Packet mit einem unterschriebenen Silva-Trikot aus.
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