Die Sehnsucht nach festem, stabilen Bundesliga-Boden ist groß bei Hannover 96. In einer Saison voller antifußballerischer Nebengeräusche droht bis zum letzten Spieltag ein Drahtseilakt. Sportlich will Trainer André Breitenreiter im letzten Heimauftritt gegen Hertha BSC morgen das Fangnetz spannen.
Bleibt die Frage, wie das wackelige Gebilde drumherum festen Stand bekommt? Hier muss 96 noch ausbalancieren:
Auf dem Platz:
Ein Punkt gegen Hertha BSC vor vermutlichem ausverkauftem Haus reicht, um die Spielzeit über dem Strich abzuschließen. Kein Abstieg, keine Relegation. „Es wäre früher möglich gewesen, die Punkte einzufahren“, sagt Breitenreiter und hadert mit der schwachen Rückserie. „Es ist eine intensive Saison – und das geht nicht spurlos an den Spielern vorbei.“ Individuelle Fehler kosteten die Punkte, die jetzt fehlen, um sorglos die Party zum Saisonabschluss feiern zu können. Es bleibt die Erkenntnis: Geht 96 nicht ans Limit, gibt’s in der Bundesliga nichts zu holen.
Auf der Tribüne:
Die Fans haben beschlossen: Der Stimmungsboykott bleibt. Breitenreiter hatte auf den Support gegen Berlin gehofft. „Das wäre schön gewesen. Die Fans haben sich dagegen entschieden. Hoffen wir, dass es nächste Saison besser wird.“
Im Reha-Zentrum:
Kader-Sorgenkind Nummer eins ist und bleibt Rekordtransfer Jonathas, der diese Saison wohl nicht mehr zum Einsatz kommen wird. Muskelfaserriss, dazu Probleme mit Migräne. Der Brasilianer sei ja nicht absichtlich verletzt, sagt Breitenreiter. „Aber wir konzentrieren uns jetzt auf die, die uns zur Verfügung stehen. Für die Zukunft müssen wir sicher weiter in Qualität investieren.“
Das ist Jonathas - Seine Karriere in Bildern:
Im Manager-Büro:
Der größte Drahtseilakt bleibt die Personalie Horst Heldt. Sein Wunsch, nach Wolfsburg wechseln zu dürfen, kostete viel Kredit bei Fans und 96-Führungsriege. Er kostete den 48-Jährigen auch den Geschäftsführer-Vertrag.
Gerüchten, wonach es nach dem sicheren Klassenerhalt der 96er einen erneuten Abwerbeversuch aus der Autostadt geben würde, erteilte der Manager gestern eine Absage. „Das kann ich ausschließen, weil das sowohl vom VfL Wolfsburg als auch von Martin Kind so kommuniziert wurde. Ich kann das auch ausschließen, wir drei können das eigentlich ausschließen.“ Eigentlich – was sind diese Worte wert?
Es geht für Heldt nicht darum, Wappen zu küssen. „Die Leute können von mir erwarten, dass ich meinen Job zu 100 Prozent mache. Das ist mein eigener Anspruch.“ Die Glaubwürdigkeit müsse er nun wiedergewinnen, „daran werde ich zusammen mit Martin Kind intensiv arbeiten.“
Horst Heldt: Seine Karriere in Bildern





Im Chef-Büro:
Der Ausnahmeantrag von der 50+1-Investorenklausel wird zeitnah sicher wieder ein Thema werden. Dazu der andauernde Streit zwischen Präsident Kind und Teilen der Fanszene. Heldts Forderung an alle Beteiligten: „Wir können uns nicht ein weiteres Jahr ohne Support leisten. Da muss man Ideen entwickeln. Ich bin davon überzeugt, dass man das hinbekommt, wenn man will. Aber da ist jeder gefragt – auch der Verein.“ Keine leichte Aufgabe, für stabile Verhältnisse zu sorgen.
Genau die aber will Breitenreiter garantieren, möglichst schon am Sonnabend. „Wichtig ist, dass wir am Ende über dem Strich stehen. Und das werden wir.“
Das wäre eine solide Basis.