16. März 2020 / 07:03 Uhr

96-Chef Kind fordert: "Saison zu Ende spielen, egal, wie lange es dauert"

96-Chef Kind fordert: "Saison zu Ende spielen, egal, wie lange es dauert"

Andreas Willeke
Hannoversche Allgemeine / Neue Presse
Martin Kind stellt klar: „96 wird nicht in die Knie gehen.“
Martin Kind stellt klar: „96 wird nicht in die Knie gehen.“
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96-Profiboss Martin Kind will „dass die Saison zu Ende gespielt wird, egal, wie lange es dauert“. Dann käme das für die Klubs wichtige TV-Geld zwar später, aber die Zwischenzeit ließe sich überbrücken. Die EM müsste dann jedoch abgesagt werden.

Fußball ist ein körperbetontes Spiel mit hoher Ansteckungsgefahr. Das Virus stoppte den Fußballbetrieb, und das kann nicht folgenlos bleiben – wie in anderen Branchen auch. Durch Corona droht aber auch ein neues Übel – das Pleitevirus könnte die Vereine infizieren. „Es geht um Überlebensstrategien“, sagt 96-Profichef Martin Kind.

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Hannover 96 stehen noch etwa 5 Millionen Euro zu

Wie alle Profiklubs hängt auch 96 am Tropf der TV-Sender. Im Mai steht die letzte der vier vereinbarten Raten aus. 96 stehen noch etwa 5 Millionen Euro zu, ein Viertel der Gesamtsumme von 20 Millionen Euro, die man für die aktuelle Zweitligasaison bekommt.

Wird die Saison abgebrochen, immerhin eines der diskutierten Szenarien, wird das Geld nicht fließen. Keine Spiele, kein Bimbes.

96-Zeitreise: Das Niedersachsenstadion im Wandel der Zeit

Das 96-Stadion am Maschsee wurde 1954 eröffnet – und seither mehrfach umgebaut. Zur Galerie
Das 96-Stadion am Maschsee wurde 1954 eröffnet – und seither mehrfach umgebaut. ©

Wird nicht mehr gekickt, werden auch die Einnahmen aus dem Ticketverkauf fehlen. Kind schätzt den Verlust bei fünf ausstehenden Heimspielen auf zusammen 2,5 Millionen Euro.

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„Dazu kommen Rückerstattungen der Einnahmen“, weiß Kind. Dauerkarteninhaber hätten wie auch Sponsoren und Logenbesitzer eine anteilige Rücküberweisung zu erwarten. Bei geplanten 17 Heimspielen müssten fünf Siebzehntel zurückgezahlt werden.

Martin Kind: "96 wird nicht in die Knie gehen."

„Insgesamt kommt da eine deutliche Zahl zusammen“ – Kind rechnet mit etwa 10 Millionen Euro, die 96 beim Abbruch der Saison fehlen würden. Das sind massive Corona-Symptome, aber Kind stellt klar: „96 wird nicht in die Knie gehen.“

Das sind die restlichen Spiele von Hannover 96 in der Saison 2019/20 in der 2. Bundesliga nach der Corona-Zwangspause:

28. Spieltag (Mittwoch, 27. Mai, 18.30 Uhr): Karlsruher SC (H) Zur Galerie
28. Spieltag (Mittwoch, 27. Mai, 18.30 Uhr): Karlsruher SC (H) ©

Das dürfte aber nicht für alle Klubs gelten. Vor allem kleinere Vereine sind gefährdet, die nicht wie 96 potente Gesellschafter in der Hinterhand haben, die kurzfristig Gelder oder Darlehen zur Verfügung stellen können. „Die Baustellen in einem e.V. dürften deutlich größer sein“, meint Kind.

Aues Präsident Helge Leonhardt, Chef mehrerer Firmen, hat schon die Profis seines Klubs aufgefordert, einen „Corona-Rettungsfonds“ zu gründen: „Wichtig ist, dass Leute, die in der Pflege Dienst schrubben, Priorität haben. Die Fußballer werden abgefedert. Die sollten Abstriche machen.“

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Über kurzfristige Gehaltseinsparungen bei den Spielern denkt Kind nicht nach. Es sei „viel zu früh“, um schon Überlegungen zum Auffangen von fehlenden Einnahmen anzustellen.

Kind fordert, dass die Saison zu Ende gespielt wird

Aues Chef Leonhardt rechnet jedenfalls mit dem Abbruch der Saison – das will Kind unbedingt vermeiden. Vom heutigen Treffen der 36 Profiklubs bei der DFL erwartet der 96-Chef „das klare Signal, dass die Saison zu Ende gespielt wird, egal, wie lange es dauert“. Kind fordert, dass „heute keine Zeitachse“ vorgegeben wird: „Das wäre die beste Antwort auf die Krise. Das schafft Ruhe, alles andere sorgt nur für Unsicherheit.“


Dann käme das TV-Geld zwar später, aber die Zwischenzeit ließe sich überbrücken. „Wer die Szenarien verstanden hat und zu Ende denkt, kann zu keiner anderen Lösung kommen“, sagt der 75-Jährige. Die EM müsste dann jedoch abgesagt werden.

Die Vertragslaufzeiten der Spieler von Hannover 96

Hendrik Weydandt (im Team seit 2018): Vertrag <b>läuft zum Saisonende aus</b> Zur Galerie
Hendrik Weydandt (im Team seit 2018): Vertrag läuft zum Saisonende aus ©

Hilfsgelder des Staates für den Profifußball lehnt Kind „grundsätzlich ab“. Vielmehr hofft er, dass „die Krise als Chance begriffen wird“, um über den grassierenden Wahnsinn an „zu hohen Gehältern, Berater-Honoraren und Ablösesummen“ nachzudenken.

„Wir müssen alles auf den Prüfstand stellen und eine Linie der Vernunft erarbeiten“, verlangt Kind. „So leben wir doch von der Hand in den Mund, das ist kein Geschäftsmodell“, sagt Kind, „wer von Spiel zu Spiel denken muss, ist zu schwach, um in der Krise handlungsfähig zu sein.“ Genau diese Schwäche der Profiklubs bringt Corona zum Ausbruch.

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