Der Umbruchplan von Kenan Kocak ist hart, die Streichliste ziemlich lang. Der Cheftrainer will einiges umwerfen und alte Strukturen aufbrechen, er sieht so die beste Chance auf eine gute 96-Zukunft – und die erhoffte Aufstiegsperspektive. Vor prominenten 96-Namen macht er dabei nicht halt: Edgar Prib, Ron-Robert Zieler, Marvin Bakalorz, Felipe – alle sollen weg. Auch Josip Elez darf wechseln, wenn er einen Verein findet. Jetzt spricht der Trainer erstmals öffentlich über seine Streichliste.
„Es ist meine Aufgabe und meine Pflicht gegenüber dem Verein, eine sportliche Einschätzung zu geben und Entscheidungen zu treffen“, erklärt Kocak, „wir haben uns sportlich für diesen Weg entschieden.“ Aber der Weg kommt nicht überall gut an.
Bilder vom Trainingsauftakt von Hannover 96 (3. August)
Prib trotz guter Leistungen auf der Streichliste
Dass etwa Prib aussortiert werden soll, kam sportlich überraschend. Der 30-Jährige ist seit sieben Jahren bei 96 und so fit und erfolgreich wie lange nicht (vier Tore nach der Corona-Pause). Kocak bestätigt: „Ich habe dem Spieler relativ früh mitgeteilt, wie seine Situation aussieht. Wir waren sehr transparent, offen und ehrlich.“ Er habe „große Hochachtung vor seiner Karriere, vor dem, was er geleistet hat und wie er sich nach der Verletzung zurückgekämpft hat“, sagt Kocak. Eine große 96-Rolle soll Prib deshalb trotzdem nicht spielen, sondern den Klub verlassen.
Kocak fährt einen harten Kurs, der gesamte Mannschaftsrat der vergangenen Saison steht vor dem Aus. „Dass die Spieler dann nicht Hurra schreiend durch die Gegend laufen und enttäuscht sind, das verstehe ich“, sagt Kocak, „ich verstehe auch die Fans, dass sie altgediente Spieler dementsprechend davor schützen wollen. Aber es ist meine Aufgabe und meine Pflicht, zusammen mit Gerry Zuber (96-Sportdirektor), Entscheidungen zu treffen“ – auch wenn sie nicht sehr populär sind.
Kind kritisiert öffentlich, Kocak unter vier Augen
Bei Zieler war vor allem die Art und Weise unpopulär, wie der Weltmeister-Torwart ausgemustert wurde. Am Montag polterte Profiboss Martin Kind noch: „Wir hätten ihn gar nicht verpflichten dürfen damals.“
Auch Kocak äußerte deutliche Kritik, aber unter vier Augen. Vor dem letzten Saisonspiel gegen Bochum gab es ein Gespräch mit Zieler. Allerdings gibt es unterschiedliche Auffassungen, wie klar die Ansage tatsächlich war. Fakt ist, dass Kocak „seinem“ Torwart sagte, dass er nicht zufrieden sei mit dessen Saisonleistung. Kocak am Montag: „Meine Aufgabe ist es als Trainer, über sportliche Belange zu sprechen. Das habe ich mit jedem Spieler weitestgehend getan. Insofern denke ich, dass die Kommunikation zwischen mir und Ron klar und deutlich war.“ Da scheint es dann auf anderer Ebene gehakt zu haben. Seit der Verpflichtung von Michael Esser „als unsere neue Nummer eins“ (Kocak) ist endgültig klar, dass Zieler sich einen neuen Klub suchen soll.


"Ich habe große Hochachtung vor dem Menschen Ron-Robert Zieler, auch vor dem, was er bisher geleistet hat."
Die harte sportliche Kritik sei aber keineswegs eine am Menschen. Das betonte Kocak gleich mehrfach: „Ich habe große Hochachtung vor dem Menschen Ron-Robert Zieler, auch vor dem, was er bisher geleistet hat.“ Es bleibt abzuwarten, ob Kocak 96 mit seinem harten Umbruchkurs einen Bärendienst erweist – oder ob es eine unbequeme, aber effektiv Gesundungskur wird.
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