Trainer müssen sich irgendwann entscheiden. Manchmal kommt die Erkenntnis spät, oft zu spät, wenn ein Torjäger seine Kernaufgabe nicht erfüllt. Bei Hannover 96 gab es viele Missverständnisse in dieser Richtung. Hugo Almeida war so eines, auch der in Hannover torlose Adam Szalai, später Mevlüt Erdinc, Bobby Wood, Jonathas oder Patrick Twumasi. Die Liste ist lang. Nun landete Lukas Hinterseer auf der Liste der Sturmirrtümer ohne Zukunft. Es sieht nach der logischen Folge aus: Trennung.
Zum zweiten Mal gehörte der als Stürmer Nummer eins geholte Lukas Hinterseer in Aue nicht zum Kader. 96 gewann 3:1, Trainer Christoph Dabrowski hat also keinen Grund, Hinterseer zurückzuholen. „Es hat mich gefreut, dass wir drei Tore geschossen haben und dass ein Stürmertor dabei war“, sagte Dabrowski. Das Tor schoss Hendrik Weydandt. Hinterseer war gar nicht mitgereist ins Erzgebirge.



Die Trennung dürfte sich nicht einfach gestalten. Hinterseers Vertrag läuft bis 2023, er verdient knapp 500.000 Euro pro Saison. Gut möglich, dass sich 96 das Gehalt spart. Aber an eine Ablösesumme ist bei seiner Quote erst mal nicht zu denken. Es ist ein Teil des Rätsels, warum Hinterseer mit einer Vita von 50 Toren in der 2. Bundesliga bei Hannover 96 derart abschmieren konnte.
Maximilian Beier, Hendrik Weydandt, Cedric Teuchert und Moussa Doumbouya liegen in der internen Rangliste vor dem Österreicher. Hinterseer erzielte in 15 Spielen kein Tor, damit ist seine Quote schlechter als die von Mevlüt Erdinc bei seinem kurzen Gastspiel in Hannover (13 Spiele, kein Tor).
Positive Beispiele Harnik und Füllkrug
Erdinc war 2015 für 3,5 Millionen Euro nach Hannover gekommen. Der Deal blieb ein teures Missverständnis. Manager Dirk Dufner hatte Erdinc ursprünglich als Stürmer Nummer zwei geholt, bei Trainer Michael Frontzeck gehörte er zum Stamm. Eine Fehleinschätzung, die 96 in Verbindung mit dem Nachfolgetrainer Thomas Schaaf und den weiteren Stürmerflops Almeida und Szalai in den Abstieg führte.
Mit den Topverpflichtungen Niclas Füllkrug und Martin Harnik unter Manager Martin Bader stieg 96 auf, in der Saison danach kam mit Jonathas ein 10 Millionen Euro teures Paket. In der Hinrunde 2017/18 traf Jonathas auch ab und zu, wenn er nicht verletzt war. Aber ab 2018 funktionierte nichts mehr. Jonathas kam nicht auf die Beine, und spielte er doch, verlor 96. Hinzu kam das Intermezzo des vom HSV geliehenen Bobby Wood, der in 22 Spielen nur drei Tore erzielte.
Der Spielplan von Hannover 96 in der Saison 2021/22 in der 2. Bundesliga
So ähnlich ging es weiter, mit einer Ausnahme. Unter Sportdirektor Jan Schlaudraff holte 96 Marvin Ducksch für 1,8 Millionen Euro. Kein einfacher Typ mit schwieriger Körpersprache. Aber unterm Strich ein toller Gewinn für 96 – 34 Tore in 70 Spielen. Werder zahlte später 3,5 Millionen Euro für Ducksch – der Deal hatte sich gelohnt. Nur, dass dessen Nachfolger Hinterseer da weitermachte, wo Duckschs Vorgänger aufgehört hatten.
Wie mag es nun mit Hinterseer weitergehen? Es deutet sich eine ähnliche Entwicklung an wie seinerzeit beim Hamburger SV. Der Stürmer wurde durch die Zugänge Joel Pohjanpalo, Harnik und Simon Terodde immer weiter nach hinten durchgereicht – bis er im Januar 2021 nach Südkorea wechselte. Die Hamburger sollen 300.000 Euro für Hinterseer bekommen haben. Damit sollte 96 nicht rechnen.
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