Marvin Ducksch hat sich schon häufiger neu erfinden müssen. In Kiel ein Held, in Hamburg bei St. Pauli und in Düsseldorf ein Buhmann. Die Gewichtung pendelte zwischen „Teamspieler“ und „bester Rechtsfuß der Liga“ auf der einen, „Diva“ oder „Chancentod“ auf der anderen Seite. Hannover 96 hat innerhalb nicht einmal einer Saison beide „Duckschis“ kennengelernt. Den besseren zuletzt mit zwei Treffern beim 4:2 in Osnabrück.
Körpersprache für Ducksch immer ein Thema
Der 26-Jährige hat nun acht Treffer geschossen und sechs Vorlagen gegeben, war an jedem dritten Tor von 96 beteiligt. Andererseits: „In den ersten vier Spielen habe ich schon vier Hundertprozentige vergeben“, gab er im letzten Herbst zu. Es kamen weitere vergebene Chancen dazu. Ducksch gibt das offen zu, er versteckt den Frust erst gar nicht. „Wenn du zu viel nachdenkst, frisst es dich auf“, sagte er. Seine Körpersprache, erklärte er, „war bei mir immer ein Thema“.
Die Verspätung zur Teambesprechung vor dem Kiel-Spiel war kein gutes Signal er wurde für ein Spiel suspendiert. Was soll ein Trainer wie Kenan Kocak nur anfangen mit einem, bei dem er nicht genau weiß, was er kriegt?



Markus Anfang wird es wissen. Der Trainer, der in der kommenden Serie Darmstadt 98 übernimmt, machte aus Ducksch in Kiel einen Zweitliga-Torschützenkönig (17 Treffer). Anfang, so heißt es, habe den früheren Dortmunder zu nehmen gewusst. Daher rührt sein Preis: 1,8 Millionen Euro zahlte 96 im Sommer für Ducksch an Düsseldorf.
"Ich habe mich nicht hängen lassen"
Nun scheint Kocak, im vergangenen Sommer noch Rivale von Anfang um den Trainerjob bei 96, den Stürmer ebenfalls gepackt zu haben. Während der Corona-Pause, in Geheimtrainings weitgehend unbeobachtet, erfand sich Ducksch schon wieder neu. „Ich habe mir einfach gedacht: Vielleicht bekomme ich eine neue Chance“, sagte Ducksch nach dem 4:2 in Osnabrück.
Ein ehemaliger Torschützenkönig könnte allerdings einen Maskenplatz auf der Bank als Majestätsbeleidigung interpretieren. Tat Ducksch aber nicht. Kocak brachte ihn in der 58. Minute, da hatte sich der Torjäger eher über den frühen Zeitpunkt gewundert. „Ich habe mich nicht hängen lassen“, erklärte Ducksch. „Dass der Trainer mich dann so früh gebracht hat, war vielleicht auch ein Lohn dafür.“
Marvin Ducksch: seine Karriere in Bildern.
Die erste Belohnung wird nach seiner Osnabrück-Kür mit doppeltem Ducksch die Beförderung in die Startelf am Mittwochabend gegen Karlsruhe sein. Der Plan, sich von Ducksch zu trennen, wurde nach dem Eindruck des Osnabrück-Spiels endgültig verworfen. „Die beiden Tore sind ein Argument“, sagte 96-Chef Martin Kind. „Er hat damit gezeigt, dass er zur Mannschaft gehört.“
Ducksch stürmte von Stürmerplatz Nummer fünf vor der Corona-Krise auf den ersten Rang nach dem Neustart. John Guidetti hingegen rutschte in der Hierarchie ab – gewissermaßen parallel zu der Erkenntnis, dass der Schwede für eine feste Verpflichtung aus Alavés für 96 zu kostspielig wäre. Duckschs Wert für die Mannschaft ist hingegen in den vergangenen Wochen erheblich gestiegen.
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