Vor zwölf Monaten waren sie noch Wortführer, jetzt ist ihr Wert dramatisch gesunken. Der gesamte Mannschaftsrat steht bei Hannover 96 vor dem Aus. Außer „Waldi“ können alle Mitglieder gehen, und der Wechsel von Waldemar Anton nach Stuttgart ist kaum zu verhindern. Kenan Kocak plant einen harten Umbruch, und die einstigen Führungsspieler dürften die Leidtragenden sein. Auf dem Abstellgleis steht nicht nur Torwart Ron-Robert Zieler.
Es ist ja nicht unüblich, dass ein Chef seine eigenen Vertrauten will. Das ist beim Fußball nicht anders als in Unternehmen – und auf dem Rasen nicht anders als in der Führungsetage. Profiboss Martin Kind hat Kocak mit weitreichenden Kompetenzen ausgestattet, er vertraut auf die Meinung des Mannheimers. Kocak hat beispielsweise ein Vetorecht bei Transfers. Auch die Vertragsverlängerung um drei Jahre zeugt von Kocaks Stärke bei 96. Der angedachte Kahlschlag mutet dennoch ziemlich rabiat an.



Kocak hat für den Mannschaftsrat kaum mehr Verwendung, er will auf andere Führungsspieler setzen. Zum Beispiel auf Mike Frantz. Der Mittelfeldroutinier ist am Mittwoch aus Freiburg gekommen, er war im Breisgau Kapitän. Kocak über den 33-Jährigen: „Er ist ein sehr charakterstarker Spieler. Wir konnten mit ihm eine Persönlichkeit für 96 gewinnen.“ Kocak baut sich sein eigenes Führungsteam für den Platz. Die alten Kräfte hingegen scheinen eher Auslaufmodelle zu sein in Hannover – dem einen oder anderen soll Kocak den Abgang schon nahegelegt haben.
Felipes Verlängerungsverlängerung als Fehler
Sportlich ist das bei einigen Kandidaten sogar durchaus nachvollziehbar. 96-Ratsmitglied Felipe (33) zum Beispiel ist zwar ein netter Typ und beliebt im Team, aber selten bis nie fit. 96 will das glücklose Kapitel lieber früher als später beenden, die Vertragsverlängerung 2019 um zwei Jahre ist intern schon lange als Fehler analysiert und benannt worden.
Marvin Bakalorz (30) spielt trotz Kapitänsamt keine allzu bedeutende Rolle mehr in den mittelfristigen Plänen des Trainers. Zuletzt fehlte Bakalorz mit Rippenschaden und konnte nicht spielen. Gut möglich, dass er unter Kocak auch fit nicht mehr in den Fokus zurückfindet.
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Dass eine neue Nummer eins kommen und Zieler ersetzen soll, ist beschlossene Sache. Er habe zu wenig Punkte festgehalten und soll gehen. Eine harte Entscheidung nach dem ersten von vier Vertragsjahren – finanziell, menschlich, sportlich.
Sportlich unverständlich wird der Umbauplan beim Blick auf Edgar Prib (30). Der Vizekapitän ist wertvoll für 96 und so gut wie lange nicht. Nach der Corona-Pause schoss er vier seiner fünf Saisontore. Prib ist seit sieben Jahren in Hannover, eine Konstante im Team, beliebt bei Fans und Mitspielern. Trotzdem ist aus 96-Kreisen zu hören, dass der Wortführer bei Kocak auf der Streichliste steht.
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Bei 96-Urgestein Anton ist das eine andere Geschichte. Hannover will ihn nicht loswerden, sondern gern langfristig halten – aber das wird nicht klappen. Der 24-Jährige will in der 1. Liga spielen und wird wohl nach Stuttgart wechseln. Kocak steht bei Anton im Wort, genau wie Kind und Sportdirektor Gerhard Zuber.
Gut möglich, dass nächste Saison keiner mehr aus dem amtierenden Mannschaftsrat bei 96 kickt ...
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