08. Dezember 2022 / 14:31 Uhr

Watzke über Flick, die neue DFL-Spitze und die Zukunft des deutschen Fußballs: "Müssen alle Kräfte bündeln"

Watzke über Flick, die neue DFL-Spitze und die Zukunft des deutschen Fußballs: "Müssen alle Kräfte bündeln"

Redaktion Sportbuzzer
RedaktionsNetzwerk Deutschland
Stellte sich auf der Pressekonferenz: Hans-Joachim Watzke.
Stellte sich auf der Pressekonferenz: Hans-Joachim Watzke. © IMAGO/Jan Huebner (Montage)
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Die Interimslösung der DFL steht fest, doch viele Fragen zur Zukunft der Profiliga und des deutschen Fußballs sind offen. Hans-Joachim Watzke hat sich in seiner Funktion als DFL-Aufsichtsratsvorsitzender über seine neue Rolle, die künftige Aufteilung der Führungsverantwortung und die Weichenstellungen für die kommenden Jahre geäußert.  

Etwas mehr als 55 Minuten lang hat Hans-Joachim Watzke am Donnerstagmittag zu den Personalentscheidungen auf der Führungsebene im deutschen Fußball Stellung bezogen. Auf der Pressekonferenz am Stadtrand von Frankfurt am Main erklärte der Aufsichtsratsvorsitzende der Deutschen Fußball Liga (DFL) die Interimsnachfolge von Donata Hopfen, die von Axel Hellmann und Oliver Leki übernommen wird. Die Vorstandsmitglieder von Eintracht Frankfurt und dem SC Freiburg haben "die absolute Fähigkeit, das hinzubekommen, wenn man sieht, wie sich die Klubs der beiden entwickelt haben", sagte Watzke.

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Er selbst tritt nun übergangsweise als Sprecher des DFL-Präsidiums in Erscheinung, in Personalunion ist er damit 1. Vizepräsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB). Watzke nahm in dieser Funktion auch am Analysegespräch mit DFB-Präsident Bernd Neuendorf und Bundestrainer Hansi Flick teil, bei dem am Mittwoch entschieden wurde, dass Flick seine Arbeit beim DFB-Team fortsetzen wird. "Eine Trennung stand überhaupt nicht zur Diskussion", sagte der 63-Jährige. Watzke, der auch Geschäftsführer von Borussia Dortmund ist, äußerte sich auf der Pressekonferenz weiterhin über ...

... die Interimslösung an der DFL-Spitze: "Wir haben aktuell ein paar Prozesse laufen, die relativ schnell versucht werden, umzusetzen. Das ist das Thema Kartellamt und der Investorenprozess. Da müssen wir sofort handlungsfähig sein. Beim Strukturprozess zum Einstieg eines Investors gab es eine fünfköpfige Kommission, die etwa zehnmal getagt hat, da waren Leki und Hellmann dabei. Wenn du jemanden von außen reinnimmst, braucht es Zeit, einzusteigen. Diese Zeit wäre bis Sommer zur Hälfte verstrichen gewesen. (Leki und Hellmann) werden sich ihre Geschäftsverteilung selbst aufteilen und das dem Aufsichtsrat mitteilen.

... Regelungen für die Übergangszeit: "Es galt besondere Regelungen zu treffen, um die Integrität des Wettbewerbs sicherzustellen. Das haben wir im Aufsichtsrat gemacht. Es geht um die Themen Lizenzierung und Spielbetrieb. Die Prokuristen (Jörg) Degenhart und (Jürgen) Päpke bekommen die Vollmacht, das zusammen mit (Ansgar) Schwenken eigenständig zu lösen und zu bearbeiten. Die Interimsgeschäftsführer werden nicht informativ eingreifen. Wir werden das auch schriftlich niederlegen. Wenn es Schwierigkeiten gibt, wird sich der Aufsichtsrat dem annehmen. Wir haben diese Flanke, die hätte geöffnet werden können, schon vorher geschlossen."

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Watzke ist "Fan von mehrköpfiger Lösung"

... die Aufstellung der künftigen DFL-Führung: "Ich bin kein Anhänger von einer Person in der Geschäftsführung. Ich habe das beim BVB ein oder zwei Jahre gemacht. Mit steigendem Anforderungsprofil ist das nicht mehr zu machen. Bei der Bandbreite, die heute ansteht, kannst du keine One-Man-Show abliefern. Ich bin Fan von mehrköpfiger Lösung, aber kein Fan von mehr als Zweier- oder Dreier-Konstellationen. Idealerweise sind die Prozesse, die Zeitdruck beinhalten, schon erledigt, wenn am 1. Juli die neue Geschäftsführung dauerhaft installiert wird. Das ist mein Traum. Ich plädiere dazu, es auf mehr als zwei Schultern zu verteilen. Ihre Anforderungsprofile und Fähigkeiten sollten sich ergänzen."

... seine eigene Rolle: "Es ging um die Machtfülle, die ich inne haben. Das ist ein Wort, mit dem ich nichts anfangen kann. Sie müssen nur wissen, das will ich explizit hervorheben, dass ich mehrere Ämter habe, aber nur eins davon angestrebt, das ist Aufsichtsratsvorsitzender der DFL. Da ich die Sprecherfunktion dort nun übernehme, führt automatisch, das möchte ich besonders herausstreichen, zum Amt als 1. Vizepräsident des DFB, das ist mir zugefallen. Wer mich kennt weiß, dass ich das ernstnehme. Machtfülle ist das überhaupt nicht. Wenn ich um Rat gefragt werde, versuche ich aus meiner Erfahrung heraus Rat auch zu geben."

... das Gespräch mit Hansi Flick: "Es kam ein falscher Zungenschlag rein, durch das Statement von Hansi Flick. Es ging nicht um eine Trennung. Es ging darum, intern zu analysieren: Was war gut, was war schlecht? Es war nicht alles schlecht, am Ende war es nicht gut genug. Das Gespräch war sehr konstruktiv, und in die Tiefe gehend, mit viel Vertrauen unterlegt. Es war eine gute Atmosphäre. Wir haben festgehalten, dass wir an einem Strang ziehen, und vier, fünf Dinge ändern, es sind aber keine wesentlichen."

Watzke: "Der deutsche Fußball sollte über allem stehen"

... die Zukunft des deutschen Fußballs: "Vor dem Hintergrund der großen Chancen mit der EM 2024 müssen wir Kräfte bündeln. Ich bin in sehr, sehr gutem Austausch mit DFB-Präsident Bernd Neuendorf. Ich habe Gespräche mit Oliver Kahn und Karl-Heinz Rummenigge geführt, weil es mir wichtig ist, dass der größte und erfolgreichste Fußballklub in unsere Überlegungen eingebunden ist. Wir brauchen den Schulterschluss. Ich gehe nicht als DFL-Vertreter ins Präsidium des DFB, weil ich mein ganzes Leben lang immer gefühlt hab, dass es nur einen deutschen Fußball gibt. Natürlich gibt es die eine oder andere Interessenslage. Der deutsche Fußball sollte über allem stehen, um aus der schwierigen Situation herauszukommen."

... die Verantwortung des FC Bayern: "Das einfachste ist, für ein Amt zu kandidieren. Jan-Christian Dreesen scheidet aus dem DFL-Präsidium aus. Es wäre die einfachste, direkte und unkomplizierteste Lösung, wenn (Bayerns Vorstandschef) Kahn für das Präsidium kandidiert."

.. die 50+1-Regel: "Die Bedrohung von 50+1 ist da. Da treffen Weltanschauungen aufeinander. Ich habe kein Problem damit, vor unsere 168.000 Mitglieder zu treten, mich auszutauschen und Kritik anzuhören. Das sehen Investoren vielleicht anders. Der Deutsche hat seine Vorstellungen, in Vereinen organisiert zu sein und nicht nur das Gefühl zu haben, Kunde zu sein. Das Lebensgefühl ist betroffen. Und zweites Thema sind die Preise. Es gibt nicht mehr so viele gemeinsame Nenner, Bundesliga gehört noch dazu, da wird aus allen Gesellschaftsschichten diskutiert. Man muss sich den Stadionbesuch leisten können. Ich bin zuversichtlich, dass es uns gelingt es schwerer zu machen, 50+1 anzugreifen. Der, der das will, muss damit rechnen, dass es eine Menge Reaktionen gibt. Diesen sozialen Aspekt dürfen wir nie zu klein machen. Wir sperren uns nicht, solange wir den Schlüssel in der Hand haben. Wir wollen nicht, dass jemand kommt, den Autoschlüssel abnimmt und sagt: ,Du nimmst den Bus'. Dafür werde ich bis zum Schluss für kämpfen."

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