Jessy Wellmer ist chronisch unzufrieden. Das sagt die Fernsehmoderatorin jedenfalls über sich selbst. „Ich gehe aus jeder Sendung und denke, das war nicht gut. Da war ein Halbsatz zu viel. Hier war die Moderation zu lang. Dort habe ich etwas nicht richtig eingeschätzt.“ Die Selbstwahrnehmung der 37-Jährigen vom Rundfunk Berlin Brandenburg täuscht sie offenbar. Denn ab der neuen Saison ist sie das weibliche Gesicht der ARD-Sportschau am Samstag. Am Dienstag wurde Wellmer im Berliner Olympiastadion vorgestellt. „Ich freue mich darauf, dass es am 19. August losgeht. Ich brauche das Gefühl, dass es wahr ist“, sagte sie. Dass es wahr wird, dafür sorgte unter anderen WDR-Sportchef Steffen Simon. „Sie ist eine tolle Moderatorin, die Kompetenz mit Witz verbindet und auf eine sehr nette, charmante Art frech sein kann“, sagte Simon. „Jessy Wellmer ist in der Sonntags-Sportschau gereift.“ Dort hatte sie 2014 debütiert.
Höhepunkt der Karriere
Doch die Sportschau am Samstag mit dem Schwerpunkt Fußball-Bundesliga hat noch einmal eine andere Dimension und ist der Höhepunkt ihrer Karriere. Wellmer ersetzt Reinhold Beckmann und ist die erste Frau nach Monica Lierhaus. Durchschnittlich 5,5 Millionen Zuschauer sehen die Sportschau am Samstag. Eine Zahl, mit der Wellmer nichts anfangen kann. „Das ist für mich abstrakt, das kann ich mir nicht vorstellen.“ Die Aufregung vor ihrer Premiere habe andere Gründe: „Es ist die Magie, die Bedeutung dieser Sendung, die ein Kulturgut ist.“
Schüchternes Mädchen
Der Aufstieg dorthin war lange nicht absehbar. Wellmer wurde in Güstrow geboren und wuchs in Mecklenburg-Vorpommern auf. Ihr Herz schlägt für den Drittligisten Hansa Rostock. Nach dem Abitur ging sie für ein Jahr nach Neuseeland, zog dann nach Berlin. Sie wollte sich ihren Jugendtraum erfüllen und an der Humboldt-Universität Psychologie studieren. Eine Zusage bekam sie aber für die Technische Universität. Also Planwechsel. Wellmer studierte Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation an der Universität der Künste und absolvierte ein Volontariat an der Electronic Media School in Babelsberg. Vor die Kamera drängte sie damals noch nicht. „Als Kind war ich ein schüchternes Mädchen. Und ich finde mich nicht so toll. Meine Mutter hält mich für langweilig und maulfaul.“
Wie ein erschossenes Eichhörnchen
Von ihren anfänglichen Fernseh-Auftritten ist sie überhaupt nicht begeistert. „In den ersten Sendungen habe ich dagestanden wie ein erschossenes Eichhörnchen“, erzählt sie mit einem Schmunzeln. „Wenn ich aufgeregt bin, werde ich streng und kriege einen leicht starren Blick in die Kamera.“ Das soll sich ändern. „Es braucht Routine. Mit der Routine kommt Sicherheit, mit sich selbst umzugehen.“
Die Fußballsaison 2016/17 ist abgelaufen, doch es gab auch diese Saison wieder jede Menge Sprüche, die hängen geblieben sind. Hier findet ihr die besten!
Ein Vorbild hat Jessy Wellmer, die aus einer Sportlehrerfamilie stammt, nicht. Als Messlatte nennt sie ihren Sportschau-Kollegen Alexander Bommes. Der ehemalige Handballprofi habe so eine Selbstverständlichkeit. „Er ist sehr, sehr natürlich. Das finde ich erstrebenswert. Da kann ich noch einen Zahn zulegen. Was er kann, will ich auch können.“ Die zweifache Mutter bleibt dem RBB erhalten. Sie moderiert weiterhin etwa die neuen täglichen Sportformate im RBB-Fernsehen und die Spätnachrichten. Genügend Möglichkeiten, um weiter Routine zu sammeln.
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