Mit hängenden Köpfen trotteten Englands Nationalspieler im Al-Bayt Stadium von Al-Khor vom Feld. Wieder hatte man Großes im Visier, Wieder stand man am Ende mit leeren Hände da. 1:2 im WM-Viertelfinale gegen Frankreich. Heimreise statt Halbfinale. Und das nach einem Spiel, das dramatischer kaum hätte verlaufen können. Nach frühem Rückstand durch Aurelien Tchouameni (17.) war man gegen den Titelverteidiger durch einen von Harry Kane verwandelten Foulelfmeter zurückgekommen (54.) und hatte selbst auf das 2:1 gedrängt. Dann der nächste Nackenschlag: Olivier Giroud brachte Frankreich erneut in Führung (78.) - doch richtig bitter sollte es für die "Three Lions" erst noch werden.
Sieben Minuten vor dem Ende hätte Kane mit seinem zweiten Strafstoß das 2:2 besorgen können - doch der vom Punkt sonst so souveräne Kapitän jagte den Ball über das Tor. "Es ist schwierig, die richtigen Worte zu finden. Wir haben alles gegeben, es hat nicht gereicht", stammelte der tiefenttäuschte Mittelfeldspieler Jordan Henderson nach der Partie und nahm Kane aus der Schusslinie: "Was soll ich dazu sagen? Er hat so viele Elfmeter für uns verwandelt und viel dazu beigetragen, dass wir überhaupt so weit gekommen sind. Auf lange Sicht wird er dadurch noch stärker werden. Er ist ein Weltklasse-Stürmer."
Kane werden diese Worten vorerst kaum trösten. Mit 29 Jahren gehört er bereits zu den älteren Spielern des WM-Kaders. Die Zeit, um den einen ganz großen Titel mit der Nationalmannschaft zu gewinnen, verrinnt. Bei der WM 2018 war im Halbfinale Schluss, im vergangenen Jahr gab es eine Pleite im Endspiel der EM, nun das bittere Aus in Katar. "Unsere Leistungen waren gut. Aber es war nicht unsere Nacht", meinte Henderson. Dass Kane mit seinem Tor zum 1:1 am Samstagabend mit dem bisherigen englischen Rekordtorschützen Wayne Rooney gleichgezogen war, verkam angesichts der Umstände zu einer Randnotiz.
Auch wenn es kurios erscheinen mag, dürfte ausgerechnet Frankreichs Siegtorschütze vielleicht für ein wenig Hoffnung bei Englands Pechvogel sorgen. Giroud hat bereits das stattliche Fußballer-Alter von 36 Jahren erreicht und könnte mit der "Equipe Tricolore" nun den zweiten WM-Titel nach 2018 einfahren. "Das ist ein ganz außerordentlicher Abend", meinte der Stürmer, der mit seinem Team am Mittwoch im Halbfinale auf Außenseiter Marokko trifft: "Ich bin sehr stolz auf diese Mannschaft. Jetzt soll es so weit wie möglich gehen."
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