Am Donnerstag blicken wieder viele Fußballfans auf Island. In den Playoffs für die EM im kommenden Jahr geht es für die Mannschaft von Nationaltrainer Erik Hamrén an diesem Donnerstag (20.45 Uhr, DAZN) in Budapest gegen Ungarn. Das Team könnte sich schon zum dritten Mal in Folge für ein Großturnier qualifizieren – und Gruppengegner der DFB-Elf werden. Grund genug, sich die Entwicklung des isländischen Fußballs, der seit 2018 wieder etwas aus dem Fokus geraten ist, einmal genauer anzuschauen.
Die Kult-Story begann bei der EM 2016 in Frankreich. Bei seinem Turnier-Debüt erreichte Island sensationell das Viertelfinale. Bis zum Aus gegen den Gastgeber und späteren Finalisten begeisterte das Land aus Feuer und Eis mit dem berühmten „Huh“-Jubel, frenetischen Anhängern und nicht zuletzt erfrischendem Fußball. Im Achtelfinale schalteten die aufmüpfigen Nordeuropäer sogar England aus – und spätestens da hatte das kleine Land viele Herzen erobert. Zwei Jahre später gelang die ebenfalls erstmalige WM-Teilnahme.



Die gute Arbeit entspringt einer Strategie. Verantwortlich für diese ist derzeit Arnar Vidarsson. Der ehemalige Mittelfeldspieler stand 52-mal für sein Heimatland auf dem Feld – und ist als technischer Direktor nun so etwas wie Islands Oliver Bierhoff. „Für uns ist es wichtig zu vermitteln, dass wir die Weltmeister der Basisarbeit sind. Ich glaube, es gibt kaum eine Nation, die besser darin ist“, sagt Vidarsson im Gespräch mit dem SPORTBUZZER. „In den vergangenen 20 bis 25 Jahren hat sich die Infrastruktur erheblich verbessert.“
Island setzt auf Kooperationen zwischen Vereinen und Kommunen
Die selbstbewussten Worte kommen nicht von ungefähr, denn die Grundlagen für die Leistungen der Nationalelf legt das Land mit einem zielstrebigen Konzept. „Kooperationen zwischen Vereinen und Kommunen wurden auf- und ausgebaut. Nach der Schule werden die Kinder und Jugendlichen abgeholt und mit dem Bus direkt zum Training gebracht“, betont Vidarsson.
Aufbauend auf der Förderung an der Basis habe Island in den vergangenen vier Jahren die Entwicklung der Profis vorangetrieben, sagt der 42-Jährige. Nach der WM-Teilnahme hat der Verband diese Bemühungen verstärkt. „Wir investieren in zahlreiche Technologien wie Kameras und GPS-Systeme, um unsere Analysen an den modernen Fußball anzupassen“, erklärt Vidarsson. Die eigenen Ansprüche von Islands Fußball haben sich indes nicht verändert. Mit Blick auf die EM-Qualifikation sagt der Ex-Profi: „Wir sind ein kleines Land mit 330.000 Einwohnern. Da wäre es seltsam, unser Team unter Druck zu setzen, die Qualifikation unbedingt schaffen zu müssen.“
Griechenland nach der EM 2004 als mahnendes Beispiel
Im Fokus ist stets die Nachwuchsentwicklung. „Wir denken langfristig. Wir wollen keine Nation werden, die sich für die EM und WM qualifiziert hat, von der man aber danach nie wieder hört“, betont Vidarsson, der in Personalunion auch Trainer der U21 ist. Als warnendes Beispiel nennt er die Griechen, die 2004 sensationell den EM-Titel holten – und seitdem nahezu in der Versenkung verschwunden sind.
Rückschläge wie das bislang schwache Abschneiden in der Nations League gehören zur Entwicklung dazu, meint Vidarsson: „Wir nutzen die Nations League wie Testspiele, um vielen jungen Spieler erste Erfahrungen im Nationalteam zu geben.“ Interessante Nachwuchsspieler gibt es einige. Dazu zählen Mittelfeldspieler Arnor Sigurdsson (21) von ZSKA Moskau und Angreifer Sveinn Aron Gudjohnsen (22), der Sohn des ehemaligen FC-Barcelona-Stürmers Eidur Gudjohnsen, von Odense BK (Dänemark).
In guter Erinnerung hat sicher auch die neue Spielergeneration die Turniere 2016 und 2018. Helgi Kolvidsson war jeweils als Co-Trainer dabei. Der ehemalige Profi, der unter anderem bei Mainz 05 gespielt hat, erinnert sich: „Wir haben gezeigt, was wir schaffen können, das steht nun außer Frage.“ Der 49-Jährige glaubt fest an eine rosige Zukunft. Bei der EM könnte es Island erneut allen zeigen.
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