Joachim Löw hat sich erstmals seit der 0:6-Pleite im Nations-League-Spiel in Spanien öffentlich geäußert. Dabei verteidigte er den eingeschlagenen Weg bei der Entwicklung der Nationalmannschaft und wies Kritik an seinem vermeintlich zu langen Schweigen zurück. "Ich möchte eines ins richtige Licht rücken: Ich stehe konstruktiver Kritik immer offen gegenüber und ich stelle mich", begann der Bundestrainer seine Ausführungen am Montagnachmittag . Über Vorwürfe, er sei "abgetaucht", habe er sich sehr "gewundert". Dass er erst jetzt wieder vor die Presse getreten ist, sei auch Abläufen beim DFB geschuldet. Man habe manche Dinge zunächst intern besprechen wollen. Löw stellte aber auch klar, dass er sich von niemandem drängen lasse: "Ich rede, wenn ich denke, dass es richtig ist. Ich entscheide, wann ich rede."
Vielmehr als diese von außen geäußerte Kritik ärgerte sich Löw in den vergangenen Tagen aber offenbar über einen etwaigen Maulwurf in den Reihen des Verbandes. "Ich habe mich sehr darüber geärgert, dass viele Dinge nach der ersten Pressemitteilung an die Öffentlichkeit geraten sind, von wem auch immer. Das hat mich maßlos enttäuscht. Das habe ich klar und deutlich gesagt und mich damit auch nicht einverstanden erklärt. Da waren Dinge, die so nicht in Ordnung waren", sagte Löw und kritisierte zudem die DFB-Pressemitteilung nach dem Spanien-Debakel. Dort hatte es geheißen, dass der Bundestrainer nach der sportlichen Enttäuschung nun eine "emotionale Distanz" aufbauen müsse.



Löw: "Das war für mich unverständlich. Ich bin lange dabei und habe schon viele Dinge erlebt. Ich habe gesagt: gebt mir einen Tag, dann stehe ich für alles zur Verfügung." Auch die an die Öffentlichkeit durchgesteckten Dinge hätten "nicht immer der Wahrheit" entsprochen. So hatte es zuletzt unter anderem Berichte gegeben, dass DFB-Präsident Fritz Keller in Gesprächen mit Löw auch ein vorzeitiges Vertragsende in den Raum gestellt habe. Der Bundestrainer betonte am Montag, dass man sich "ausgesprochen" habe. Zwischenzeitlich hätte es bei ihm jedoch "Explosionsgefahr" gegeben, "wenn Dinge nach außen dringen, die dort nicht hingehören".
Löw will weiter seiner Linie treu bleiben
Zur sportlichen Situation meinte Löw: "Wir alle waren nach dem Spiel in Spanien enttäuscht und wütend. Und die Wut brodelt immer noch." Allerdings sei er von dem eingeschlagenen Weg immer noch "absolut überzeugt". Der Bundestrainer: "Wir wussten, dass es Rückschläge geben wird. Das haben wir einkalkuliert." Man werde aber weiterhin der "roten Linie" folgen. "Ich bin von der Entwicklung der Mannschaft überzeugt. Die Spieler lassen sich nicht aus der Bahn werfen". meinte der 60-Jährige.
DFB-Direktor Oliver Bierhoff hatte Löws ersten Auftritt nach dem Pleite in Sevilla am Sonntag in der Sendung Sky90 angekündigt und erklärt, dass er einen "kämpferischen" Bundestrainer erwarte. Löw habe weiter "Energie" und angesichts des Spiels in Spanien "Wut im Bauch". Dass sich Löw bis zum Montag nur unmittelbar nach der Packung vor rund drei Wochen öffentlich geäußert hatte, war von manchen Seiten kritisch beurteilt worden. Besonders Karl-Heinz Rummenigge hatte sein Unverständnis deutlich geäußert.
Wenn er ehrlich sei, "ist mir beim DFB im Moment zu viel Oliver Bierhoff und zu wenig Joachim Löw", monierte der Vorstandsvorsitzende des FC Bayern am vergangenen Samstag. Einen Tag zuvor hatte statt des Bundestrainers der für die Nationalmannschaften zuständige DFB-Direktor Bierhoff die sportliche Analyse des Spanien-Spiels und der aktuellen Situation vorgelegt. "Wenn bei Bayern München schlecht gespielt wird, muss der Trainer zur Pressekonferenz und nicht der Sportdirektor", sagte Rummenigge: "Der kann das wesentlich weniger erklären als der Trainer, der die Mannschaft eingestellt hat."
Nationalmannschaft: Alle Debütanten unter Joachim Löw
Dass Löw beim DFB nicht zur Disposition steht, hatte der Verband bereits vor einer Woche mitgeteilt. Man wolle "den seit März 2019 eingeschlagenen Weg der Erneuerung der Nationalmannschaft mit Bundestrainer Joachim Löw uneingeschränkt" fortsetzen, hieß es in einer Mitteilung. Bierhoff, der dem Präsidium empfohlen hatte, am Weltmeister-Trainer von 2014 festzuhalten, hatte das Vertrauen am Freitag noch einmal eingehender erklärt und betont, dass Löw alle Ziele und Vorgaben des Verbandes erfüllt habe.
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