26. April 2021 / 20:41 Uhr

Justin Linke aus Hagenburg ist das deutsche Gesicht von Fortnite

Justin Linke aus Hagenburg ist das deutsche Gesicht von Fortnite

Daniel Kultau
Schaumburger Ztg. / Schaumburger Nachrichten
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Die Sicht der Zuschauer: In seinen Streams interagiert Justin Linke immer wieder mit dem Chat. So ist er über die Jahre zum deutschen Gesicht von Fortnite geworden. © Screenshot: Twitch/Linkemedia, MK Kaufmann-Photographie
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Der Markt der Online-Games ist riesig und scheint noch lange nicht am Ende zu sein. Einer, der davon inzwischen lebt, ist der 21-Jährige Justin Linke aus Hagenburg. Das Spiel Fortnite wird er während der FNCS für den deutschen Markt kommentieren.

Bald sind es eine halbe Milliarde Menschen, die sich weltweit bei dem Online-Spiel „Fortnite“ (siehe Ende) registriert haben. Und das deutsche Gesicht dazu kommt aus Hagenburg und heißt Justin Linke. Der 21-Jährige verdient inzwischen mit dem E-Sport sein Geld – als Streamer und Kommentator. Ganz aktuell wurde bekannt, dass er mit zwei anderen Kollegen die Fortnite Champion Series (FNCS) für den deutschen Markt kommentieren wird. Das ist das größte Turnier dieses Spiels auf der Welt. Preisgeld: 1,350,000 US-Dollar. Aber wie ist es dazu überhaupt gekommen?

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Wenn man den Nachnamen „Linke“ in Verbindung mit der Ortschaft Hagenburg hört, öffnet sich natürlich eine Welt voller starker Tischtennisspieler. Justins Opa Wolfgang Linke stand für den TSV Hagenburg lange Zeit am Tisch. Vater Carsten spielt aktuell für den TSV Algesdorf in der Landesliga und Onkel Thomas spielt auch selbst noch in Hagenburg - natürlich ebenfalls Tischtennis. Auch Justin selbst stand 15 Jahre lang in der Halle und schlug den kleinen weißen Ball.

Schon immer fasziniert

Doch wo war bei Justin die Abzweigung Richtung E-Sports? „Die Faszination für das Gaming war schon immer da“, erzählt er stolz. Schon in frühen Jahren hat er sich mit seinen Freunden virtuell gemessen und so seine Freizeit verbracht. Das erste Mal so richtig in Kontakt mit der professionelleren Variante kam er 2015. Bei einem Event in Hannover. Mit den ersten Siegen und den ersten Preisen ging es immer weiter in die Tiefen des E-Sports. Er hatte Blut geleckt. Denn nicht nur hatte er erkannt, dass er gegen viele starke Gegner gewinnen konnte, sondern auch seine Streams wurden immer erfolgreicher. Unter seinem Firmennamen „LinkeMedia“ überträgt er schon seit vielen Jahren seine Sessions auf der Videoplattform Twitch.

Mit der zunehmenden Zuschaueranzahl stieg auf das monatliche Einkommen. „Die Auszahlungen kamen dann nicht mehr alle fünf Monate, sondern jeden Monat.“ Und dann wurden die monatlichen Auszahlungen auch schnell immer höher. Inzwischen schauen ihm rund 3000 Zuschauer pro Stream zu. Firmen wie Logitech, Redbull, Razer und Co. arbeiteten so bereits mit ihm zusammen.

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Vergleichbar mit dem klassischen Sport

Wie viel Geld seine Tätigkeit ihm aber konkret in die Taschen spült, möchte der Hagenburg aus vertraglichen Gründen nicht sagen. Aber als Kommentator von Fortnite-Events bekommt er pro Turnier „einen mittleren dreistelligen Betrag.“ Ein Turnier dauert in etwa drei bis vier Stunden. Die Anzahl der Turniere pro Monat ist schwankend. „Lass es mal zehn Turniere sein“, so Linke, der als Kommentator in der „Rival Rock Series“ aktiv ist. Diese veranstaltet seit dem Beginn der Corona-Pandemie zwei bis drei Fortnite-Wettbewerbe pro Woche und schüttet monatlich in einem großen Finalturnier 1000 Euro an die Gewinner aus.

Für seinen Erfolg in der E-Sport-Szene war auch seine Zeit beim TSV Hagenburg wichtig, erklärt der 21-Jährige. „Das Tischtennis hat mir bei der Hand-Augen-Koordination und den Reflexen geholfen.“ Ob es sich bei virtuellen Wettkämpfen um klassischen Sport handelt, ist eine heiß diskutierte Frage. „Ich bin nach dem Tischtennis genauso kaputt, wie nach einem ganzen Turniertag“, so Linke. „Auch das Kommentieren geht auf die Stimme und den Kopf. Von der Belastung her ist es für mich daher nicht anders als normaler Sport.“ In dem Zusammenhang möchte der Fortnite-Profi die Vereine im Landkreis dazu ermutigen, sich zu öffnen, um zum Beispiel eine E-Sport-Sparte zu eröffnen. „Viele unterschätzen den Markt, die Kraft und die Kultur. Viele verteufeln es, können sich aber nicht dagegen wehren.“

Kein Bankkaufmann

Ähnlich, wenn auch lange nicht ganz so drastisch, sah es bei seinem Großvater aus, der mit dem Hobby seines Enkels ebenfalls für geraume Zeit nichts anfangen konnte. An den Moment, der für ein Umdenken gesorgt hat, erinnert sich Justin Linke aber auch heute noch. „Ich hatte einen Gamingstuhl gewonnen. Und als mein Opa das gesehen hat, hat er nur gesagt ‚Na, da hast du ja was angestellt.“ Damit war zumindest mal für Akzeptanz gesorgt. „Es gab aber auch viele Bemühungen, damit ich etwas Ordentliches lerne.“ Am Ende ist aus dem Enkel kein Bankkaufmann geworden, sondern ein E-Sportler.

Aber wie sieht so ein Tag eines E-Sportlers überhaupt aus? Der Wecker klingelt gegen halb elf, dann wird sich ein wenig vor den PC gesetzt und gezockt und irgendwann ist der Tag wieder vorbei. Nicht ganz. Zumindest bei Justin Linke. „Ich stehe um sieben Uhr auf, dann streame ich den Vormittag, bis ich mittags etwas esse.“ In dieser Zeit steht er mit den Usern im Chat im Dauerkontakt. „Die Interaktion ist extrem wichtig. Denn ohne die Bindung und eine Community wäre kein Streamer der Welt wirklich erfolgreich.“

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Der Nachmittag ist dann frei, ehe es gegen Abend wieder an den Stream geht. „Das Wichtigste dabei ist die Disziplin“, stellt Linke heraus. „Du musst dir einen Plan aufstellen, den befolgen und dann wirst du irgendwann erfolgreich sein.“ Bei ihm hat es bis zu diesem Lebensstil knappe fünf Jahre gedauert. „Mein Vater ist selbstständiger Physiotherapeut und deswegen wollte ich auch immer selbstständig sein.“ Das fing in der Jugend mit Fotografie an, der Fokus musste mit dem Start der Corona-Pandemie jedoch umgelegt werden. „Mir ist einiges weggebrochen und dann habe ich damit angefangen, die Social-Media Profile von einigen Leuten zu betreuen.“ Dass er sein Handwerk versteht, zeigt ein Blick auf seinen Twitter-Account. 2,8 Millionen Menschen haben über den Kanal innerhalb des vergangenen Monats mit dem Hagenburger interagiert. „Da wollen natürlich auch große Firmen ein Stück von abhaben“, erklärt er. Sie schicken ihm Produkte und hoffen so auf Werbung. „Ich nehme es aber meistens nicht an“, erklärt Linke.

An dem Spiel Fortnite reizt ihn vor allem die Schnelligkeit. „Ich würde behaupten, dass es das schnellste E-Sport-Spiel ist, das es gibt.“ Und in der Tat ist es für das ungeübte Auge unglaublich fix. Viele Bewegungen und Abläufe sind quasi kaum zu erkennen. Gerade als Kommentator ist es daher umso wichtige, dass man den Durchblick und einen kühlen Kopf behält. „Ich würde sogar sagen, dass Fortnite den E-Sport noch mal auf ein maximales Limit pusht. Das Spielniveau ist unendlich hoch. Es gibt kein Limit.“ Ganz ähnlich sieht er seine persönliche Zukunft in dem Bereich. „Der Markt wird immer weiter wachsen“, ist sich der Hagenburger sicher. „Ich möchte auch mit 40 noch im Internet aktiv sein, weil ich es einfach liebe. In der Branche wird man immer genügend Berufsmöglichkeiten finden“, ist er sich sicher. Und so wird die Link´sche Sportdynastie aus Hagenburg fortgesetzt. Wenn auch in einem völlig neuen Feld.


Was ist Fortnite?

Fortnite ist ein Spiel aus dem sogenannten Battle-Royal-Genre. Das bedeutet konkret, dass 100 Spieler in einer Partie gegeneinander antreten. Sie werden online über einer Karte abgeworfen und sind nur mit einer Spitzhacke bewaffnet. Mit der können sie Baumaterialien wie Holz und Steine abbauen, um sich damit Wände, Treppen oder sogar Gebäude zum Schutz vor ihren Gegnern zu errichten. Auf der Karte sind außerdem Waffen versteckt, die einem Vorteile im Kampf gegen die Gegner verschaffen. Das kann alles in bunter Comic-Optik auf dem PC oder einer Konsole gespielt werden.

Fortnite an sich ist kostenlos, es gibt allerdings Käufe innerhalb des Spiels, um beispielsweise seinen Charakter zu verbessern. Im Mai 2018 nahm das Entwicklerstudio „Epic Games“ so rund 296 Millionen US-Dollar ein. Laut „Epic Games“ gab es im Sommer 2020 mehr als 350 Millionen registrierte Spielerinnen und Spieler. Inzwischen gibt es auch regelmäßige Weltmeisterschaften und das Spiel hat seinen Weg in die Popkultur gefunden. Die Tänze, die die spielbaren Charaktere bei einem Sieg hinlegen, wurden schon von Fußballstars wie dem Franzosen Antoine Griezmann auf dem Spielfeld als Torjubel adaptiert. Der US-Rapper Travis Scott veranstaltete vor rund einem Jahr sogar ein virtuelles Konzert im Spiel. 27,7 Millionen Spieler schauten zu.

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