Die Mixedzone in der Spodek-Arena von Kattowitz – eine deutsche Freudenzone. Da, wo sich Spieler hinter Absperrbändern an Journalisten vorbeischieben, um ihnen nach Spielschluss gefühlsechte Emotionen in die Blöcke zu diktieren, gab es nur Fröhlichkeit und Frohsinn. Deutschlands Handballer hatten Argentinien mit 39:19 (24:11) besiegt – eine Gala, ein in der Deutlichkeit nicht erwarteter Einstieg in die Hauptrunde, der Appetit auf mehr macht. "Damit haben wir alle nicht gerechnet, dass wir so ein Superspiel machen", sagte Juri Knorr, "wir wollten unsere Hausaufgaben machen und Spaß haben. Und den hatten wir." Auch Bundestrainer Alfred Gislason war "extrem zufrieden. Das war eine unglaublich konzentrierte Leistung."
Jetzt geht es am Samstag gegen die Niederlande (20.30 Uhr, ZDF), die sich zuvor gegen Katar zum 32:30-Sieg gezittert hatte. Alles deutet damit darauf hin, dass dies das vorentscheidende Spiel um den Einzug ins Viertelfinale wird. Die ersten Oranje-Kampfansagen gab es auch schon. "Ein ganz besonderes Spiel für uns. Da braucht man keinen motivieren", sagte Magdeburgs Kay Smits. Der Nordhorner Torhüter Bart Ravensbergen legte nach: "In der Jugend haben wir oft gegen Deutschland gespielt und immer verloren. Jetzt freue ich mich auf den ersten Sieg."
Das deutsche Team setzte zunächst auf ein paar Tropfen japanisches Heilpflanzenöl auf der rechten Hand von Gislason sowie auf Trikot und Jacke von Philipp Weber. Es ist das Ritual vor jedem Spiel, das bei den DHB-Stars offenbar nicht nur die Atemwege freimacht. Andreas Wolff setzte die ersten Signale im Tor, Juri Knorr die in der Rolle des Dirigenten. Schlagwurf aus dem Laufen, Spiel mit dem Kreis, Täuschungen, Drehungen, No-Look-Pässe – er packte wieder alle Facetten seines Könnens aus. Doch das war es nicht allein.
Messi-Gesänge der deutschen Fans
Schnell, beweglich, unkonventionell, so hatten die Argentinier um ihren Kapitän Diego Simonet bisher gespielt. Doch ihre Angriffe prallten an der deutschen Abwehr ab. Die Defensive lieferte ihr Meisterstück ab, war immer wieder Ausgangspunkt für Konterangriffe. Beim ersten Fünf-Tore-Plus sangen die deutschen Fans: "Ohne Messi habt ihr keine Chance.“ Nach 24 Minuten führte die DHB-Auswahl erstmals mit zehn Toren. "Wir wollten den Argentiniern schnell zeigen, dass sie keine Chance haben. Das ist sehr eindrucksvoll gelungen“, sagte Gislason. Er sah ein Festival der Spielfreude, die Südamerikaner waren überfordert. Das veranlasste den Bundestrainer zu seltener Gelassenheit. "Spielt, was ihr wollt", sagte der Isländer in der Auszeit.
24:11 zur Pause. Da war sogar Axel Kromer, DHB-Vorstand Sport, überrascht: "Es hat alles funktioniert, was funktionieren konnte." Jetzt könne man noch ein paar Körner für die noch anstehenden Aufgaben sparen. So brachte Gislason die, die bisher Nebenrollen hatten: Luca Witzke, Paul Drux und Djibril M’Bengue im Rückraum, Rune Dahmke auf Linksaußen, Joel Birlehm im Tor. Es blieb Gute-Laune-Handball übrig, bei dem der Vorsprung wuchs. Jeder durfte, jeder traf. In der deutschen WM-Historie ist dies einer der höchsten Siege – und ein Schaulaufen für das nächste, entscheidende Spiel gegen die Niederlande. "Wir sind froh, dass wir für das Holland-Spiel ein paar Kräfte sparen konnten“, sagte Spielmacher Knorr, "Da wird es hoch und runter gehen."
Deutsche Tore: Golla 5, Groetzki 5, Mertens 5, Knorr 4, Witzke 4, Dahmke 3, Kohlbacher 3, M’Bengue 3, Steinert 3/1, Drux 1, Häfner 1, Köster 1, Weber 1
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