22. März 2023 / 21:28 Uhr

Vom Weltmeister zum leisen Abschied: Die Höhen und Tiefen in der Karriere von Mesut Özil

Vom Weltmeister zum leisen Abschied: Die Höhen und Tiefen in der Karriere von Mesut Özil

Sebastian Harfst
RedaktionsNetzwerk Deutschland
Mesut Özil hat in seiner Karriere unteranderem für Istanbul Basaksehir, Real Madrid und den FC Arsenal gespielt.
Mesut Özil hat in seiner Karriere unteranderem für Istanbul Basaksehir, Real Madrid und den FC Arsenal gespielt. © Imago/Picture Point LE/ZUMA Press/ANP (Montage)
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Mesut Özil macht Schluss und beendet seine aktive Profi-Karriere. Während seiner Laufbahn feierte der 34-Jährige große Erfolge, erlitt jedoch auch einige Rückschläge. Der SPORTBUZZER zeichnet die Karriere des ehemaligen deutschen Nationalspielers nach.

Mehr als 600 Profispiele, spanischer Meister, englischer, deutscher und spanischer Pokalsieger – und über allem thronend: Weltmeister 2014. Mesut Özils nach nunmehr fast 17 Jahren beendete Profikarriere ist voller Erfolge und Höhepunkte. Der SPORTBUZZER, das Sportportal des RedaktionsNetzwerks Deutschland (RND), zeichnet die Laufbahn des früheren deutschen Nationalspielers aus Gelsenkirchen nach.

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Schalke 04

Am 12. August 2006 absolviert das gerade mal 17 Jahre alte Supertalent sein erstes Spiel in der Bundesliga. Beim 1:1 im ersten Spiel der Saison 2006/2007 gegen Eintracht Frankfurt wird Özil, der in der Vorsaison mit Schalkes U19 Deutscher A-Jugendmeister geworden war, in der 80. Minute von Trainer Mirko Slomka für Hamit Altintop eingewechselt. 61.482 Zuschauer sind bei Özils Debüt in der Veltins-Arena dabei. Im Schalker Tor steht Frank Rost, Manuel Neuer sitzt mit der Rückennummer 12 auf der Bank, Mittelstürmer ist Kevin Kuranyi. Insgesamt macht der spätere Mittelfeldstar bis Mitte der Saison 2007/2008 39 Pflichtspiele (1 Tor) für S04.

Letztmals vor seinem Wechsel zu Werder Bremen spielt er 61 Minuten beim 2:1-Heimsieg in der Bundesliga gegen den 1. FC Nürnberg am 15. Dezember 2007. Auf Schalke fällt er in Ungnade, weil er ein Angebot über 1,5 Millionen Euro Jahresgehalt abgelehnt haben soll. Ein brisantes Interview im Kicker, indem der Jungstar dem Klub "eine schmutzige Kampagne" vorwirft, besiegelt das Schalke-Aus. Slomka sagt: "Nach diesem Interview ist die Tür zu. Ich sehe keine Möglichkeit, noch etwas zu retten." Den anschließenden Poker um Özil, in den auch Klubs wie der VfB Stuttgart und Hannover 96 einsteigen, entscheidet Werder für kolportierte 5 Millionen Euro Ablösesumme für sich.

Werder Bremen

Hier geht Özils Stern so richtig auf. In 108 Pflichtspielen für die Bremer trifft er 16-mal, bereitet 54 Tore vor. Mit Werder gewinnt er auch seinen ersten Titel auf Herrenniveau. Im Finale des DFB-Pokals am 30. Mai 2009 wird er sogar zum Matchwinner, schießt das entscheidende Tor beim 1:0-Sieg gegen Bayer Leverkusen. Das Finale der Europa League verliert Özil mit Werder am Ende der selben Saison jedoch gegen Schachtjor Donezk. Während der zweieinhalb Jahre währenden Beziehung wird Özil zum Nationalspieler und empfiehlt sich für den wohl größten Klub der Welt.

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Real Madrid

Mit 21 Jahren wagt Özil den großen Schritt auf Superstarniveau. Nach der für ihn hervorragend verlaufenen WM in Südafrika sichert sich Real Madrid die Dienste des begnadeten Technikers für heutzutage günstig anmutende 18 Millionen Euro Ablöse. Im Starensemble um Spaniens Weltmeister-Torwart Iker Casillas und Portugals Fußball-Ikone Cristiano Ronaldo etabliert sich der deutsch-türkische Youngster aus dem Ruhrgebiet auf Anhieb als Stammspieler, macht in gut drei Jahren 159 Spiele für die Königlichen.

Makel auf Özils Real-Bilanz: Zwar wird er spanischer Meister (2012) und Pokalsieger (2011), die großen Triumphe in der Champions League sammelt Real jedoch vor und nach Özils Zeit beim Hauptstadtklub. Und weil Real zur Saison 2013/2014 neben dem Deutschen mit Luka Modric und Isco zwei weitere potenzielle Spielgestalter in seinen Reihen hat, entscheidet sich Özil, mit 24 Jahren immer noch jung, zum Wechsel.

FC Arsenal

Für 50 Millionen Euro wechselt Özil kurz nach Beginn der Saison 2013/2014 zum FC Arsenal in die Premier League. Es ist ein Rekordtransfer: Özil wird gleichzeitig zum teuersten Verkauf Real Madrids, zum teuersten Neuzugang Arsenals und zum teuersten deutschen Spieler. Mit ihm im Team sind auch die Nationalmannschaftskollegen Per Mertesacker und Lukas Podolski. Özil bleibt am Ende siebeneinhalb Jahre in London, wird in den ersten Jahren wegen seiner Eleganz geliebt, am Ende wegen vermeintlicher Lustlosigkeit mehr und mehr verdammt.

Neben vier Erfolgen im FA Cup und 254 Spielen für die „Gunners“ bleibt somit vor allem das unrühmliche Ende haften, als zunächst Arséne Wengers Nachfolger Unai Emery und anschließend dessen Nachfolger Mikel Arteta nichts mit Özil und dessen Spielweise anfangen können. Letztmals läuft der – mittlerweile häufig von Rückenproblemen geplagt – am 7. März 2020 für Arsenal auf. Beim 1:0-Sieg gegen West Ham United bereitet Özil noch das Tor für die Londoner vor. Als er in der heraufziehenden Corona-Pandemie einen Gehaltsverzicht ablehnt, ist Özils Zeit in England trotz laufenden Vertrags im Grunde schon vorbei, gehen will er trotzdem nicht. Für die Saison 2020/2021 meldet Arsenal ihn nicht einmal mehr für den Saisonkader.

Fenerbahce Istanbul

Zur Flucht entschließt sich Özil, dessen Arsenal-Vertrag noch bis Juni 2021 gelaufen wäre, erst Anfang 2021. Nach der Vertragsauflösung wechselt er ablösefrei in die Türkei zu Fenerbahce Istanbul. Für den Klub aus dem Herkunftsland seiner Eltern steht er in anderthalb Jahren 37-mal auf dem Platz, schießt neun Tore, bezeichnet es als "Kindheitstraum" das Trikot des Istanbuler Klubs zu tragen.

Zur Saison 2021/2022 wird der mittlerweile 32 Jahre alte Özil sogar zum Mannschaftskapitän ernannt – um schließlich wie bei Arsenal ein bitteres Ende bei Fenerbahce zu erleben. Acht Spieltage vor Saisonende wird er suspendiert, "Fener"-Präsident Ali Koc schimpft, Özil solle "sich endlich auf seine Arbeit konzentrieren und seine geschäftlichen Angelegenheiten beiseitelegen". Der Vertrag beim Vizemeister wird in der Sommerpause aufgelöst.


Istanbul Basaksehir

Es folgt die letzte Station auf Özils Profireise. Der Mittelfeldspieler kommt zur laufenden Saison beim Istanbuler Ligarivalen Basaksehir und damit beim Lieblingsklub des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan unter. Der sagt gern, dass er den aufstrebenden Verein sogar gegründet habe. Für Özil gibt es nicht mehr viel zu feiern. Er wird mal wieder von Rückenproblemen ausgebremst, steht nur siebenmal für Basaksehir auf dem Platz, wird nur zweimal für die Startelf nominiert: einmal im türkischen Pokal und dann am 2. Februar 2023, seinem letzten Karrierespiel. Bei der 0:1-Niederlage in der Liga bei Kayserispor wird Mesut Özil nach 45 Minuten beim Stand von 0:0 ausgewechselt. Es ist das Ende einer großen Karriere.

Deutsche Nationalmannschaft

20-jährig läuft Özil am 11. Februar 2009 erstmals für Deutschland auf. Bei der 0:1-Pleite im Test gegen Norwegen wird er für Piotr Trochowski eingewechselt und darf zwölf Minuten mitmischen. Ab der Saison 2009/2010 wird er dann ständiger Bestandteil der Auswahl von Joachim Löw, läuft insgesamt 92-mal für Deutschland auf, erzielt dabei 23 Tore und bereitet 40 weitere vor. Nach dem WM-Turnier, als das junge DFB-Team mit von Özil geprägtem, erfrischendem Konterfußball bis ins Halbfinale stürmt (0:1 gegen Spanien), erlebt er das bittere Halbfinalaus gegen Italien (1:2) mit und feiert bei der WM 2014 in Brasilien den größtmöglichen Erfolg für einen Fußballer.

Vor allem das 7:1 im Halbfinale gegen den Gastgeber und das 1:0 durch Mario Götzes Tor in der Verlängerung des Finales gegen Argentinien gehen in die Geschichte ein, Özil ist Teil davon. Und er ist in diesen Jahren eine Art DFB-Dauerbrenner. Inklusive der sechs Spiele bei der EM 2016 steht er bei allen 25 Partien der von ihm seit 2010 absolvierten vier Endrunden in der Startelf. Das Motto von Bundestrainer Löw: Özil spielt immer. Nach der desaströsen WM-Endrunde 2018 ist damit Schluss. Durch ein Foto mit dem umstrittenen türkischen Staatspräsidenten Erdogan war Özil bereits in Misskredit gebracht worden, nach dem blamablen Ausscheiden nach der Vorrunde wird vor allem der damals 29-Jährige für die schlechten Leistungen verantwortlich gemacht. Von den DFB-Bossen fühlt er sich nicht ausreichend verteidigt und tritt aus der Nationalmannschaft zurück. Insgesamt war er dreimal (2011, 2012, 2015) zum Nationalspieler des Jahres gewählt worden.

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