Mit bemerkenswerten und sehr persönlichen Worten haben die Nationalspieler Joshua Kimmich und Leon Goretzka auf die Freistellung von Julian Nagelsmann beim FC Bayern München reagiert. "Ich würde lügen, wenn die letzten Tage uns nicht auch betroffen gemacht haben", sagte Goretzka nach dem 2:0-Sieg des DFB-Teams im Freundschaftsspiel gegen Peru gegenüber dem ZDF. "Das ist immer extrem in diesem Geschäft, wie schnell etwas gehen kann."
Die Münchner hatten sich am Freitag offiziell von Nagelsmann getrennt, der vor weniger als zwei Jahren als Cheftrainer installiert worden war – nachdem es am Donnerstagabend bereits erste Gerüchte über eine Demission des 35 Jahre alten Übungsleiters gegeben hatte. Am Samstagmittag wurde der frühere Chelsea-Coach Thomas Tuchel als Nagelsmann-Nachfolger vorgestellt. Kimmich nannte die rasanten Entwicklungen "kurios" und beschrieb die Situation wie folgt: "Am Ende des Tages ist so das Geschäft: Wenig Liebe, wenig Herz." In der Mixed Zone wenig später ging Kimmich etwas in die Tiefe. "Ja ich habe gesagt, dass in diesem Geschäft wenig Platz für Liebe und Herz ist. Ich glaube das mussten schon viele von uns am eigenen Leib erfahren. Dementsprechend muss man immer wieder probieren, damit umzugehen und irgendwie daraus lernen."
Dies sei "unabhängig von den Bossen" des FC Bayern zu verstehen, sagte der Nationalspieler, der gegen Peru sein 75. Länderspiel absolvierte. "Das ist das ganze Geschäft. Das seid auch ihr Medien. Das sind Entscheidungen, die getroffen werden. Es ist nicht immer so, dass es schön für einen ist, aber so ist das Leben nun mal nicht."
Goretzka über Salihamidzic-Aussagen: "Wäre doof, wenn ich meinem Chef widersprechen würde"
Goretzka wurde von ZDF-Reporterin Claudia Neumann auch mit Aussagen von Hasan Salihamidzic aus der Pressekonferenz konfrontiert. Der Sportvorstand hatte erklärt, dass "die Konstellation zwischen Mannschaft und Trainer nicht gepasst" habe und die FCB-Bosse um Vorstandschef Oliver Kahn, Präsident Herbert Hainer und Salihamidzic deshalb entschieden hätten, Nagelsmann nach dem 1:2 gegen Bayer Leverkusen nicht länger im Amt zu belassen – trotz jüngster Beteuerungen, mit dem Ex-Leipziger langfristig arbeiten zu wollen. Goretzka dazu: "Ich wäre doof, wenn ich meinem Chef widersprechen würde. Ich persönlich hatte keine Risse zu Julian, aber ich weiß nicht, wie das bei anderen Spielern war."
Auch Kimmich wollte ein Zerwürfnis zwischen Mannschaft und Trainer nicht bestätigen. "Ich würde nicht sagen, dass der Trainer die Kabine verloren hat. Ich glaube die Gründe sind, dass wir zu wenig Spiele gewonnen haben, dass wir nicht erfolgreich genug waren. Natürlich sind wir in allen Wettbewerben mit drin, trotzdem hat man gesehen, dass wir in der Bundesliga nicht so souverän agiert haben", sagte der 28-Jährige. "Da haben wir von zehn Spielen nur fünf gewonnen, aber ich kann sagen, dass der Trainer nicht die Kabine verloren hat. Also ich habe schon ein paar Trainerwechsel mitgemacht und es war jetzt nicht so, dass es sich intern in der Kabine angedeutet hat, weil die Spieler unzufrieden waren."
Der Trainerwechsel sei nicht spurlos an der Bayern-Abordnung in der Nationalelf vorüber gegangen, die neben Goretzka und Kimmich derzeit auch noch aus Serge Gnabry besteht. "Wir haben eine sehr enge Beziehung zu Julian gepflegt und jetzt auch die letzten Jahre mit ihm verbracht – oder eindreiviertel Jahre. Wahrscheinlich habe ich ihn häufiger gesehen als meine Familie. Und wenn dann so jemand plötzlich nicht mehr da ist aus dem Nix mehr oder weniger, dann ist das ein Schock für alle, glaube ich", bekannte der Mittelfeldspieler, der seit 2018 in München spielt.
Kimmich übt nach Nagelsmann-Aus Selbstkritik: "Anders kommt so ein Trainerwechsel nicht zu Stande"
Während Goretzka zudem sagte, die Bayern-Spieler müssten in der aktuellen Situation auf ihre Klubverantwortlichen vertrauen, richtete auch Kimmich den Blick nach vorn: "Wir müssen lernen damit umzugehen und mit der Entscheidung leben." Jedoch gelte es auch, selbstkritisch zu sein. "Am Ende des Tages ist es natürlich, wenn es zu einem Trainerwechsel kommt, immer enttäuschend. Das bedeutet, dass wir Spieler versagt haben, weil wir Spieler nicht kontinuierlich die Leistung auf den Platz bekommen haben. Wir haben es nicht geschafft, gute Ergebnisse zu erzielen. Anders kommt so ein Trainerwechsel nicht zu Stande." Nun werden die Bayern-Profis unter Nagelsmanns Nachfolger Thomas Tuchel probieren, in Champions League, Bundesliga und DFB-Pokal neu anzugreifen. Der 49-Jährige unterschrieb in München einen Vertrag bis Juni 2025.
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