Der Deutsche Fußball-Bund hat seinen nächsten Skandal. Man kann da mittlerweile ja schon den Überblick verlieren, deswegen noch mal chronologisch: Seit Jahren klebt die Sommermärchen-Affäre, die immer noch nicht aufgeklärt wurde, am Verband. Es folgte 2018 das PR-Desaster rund um die Bilder Mesut Özils und Ilkay Gündogans mit dem türkischen Staatspräsidenten Erdogan und bitteren Schuldzuweisungen zwischen Özil und dem DFB. Und schließlich kostete die Affäre um eine geschenkte Luxusuhr den früheren Präsidenten Reinhard Grindel 2019 das Amt. 2020 geht es nun also um Steuerhinterziehung. Im großen Stil.
Der Eindruck, den der größte Sportverband der Welt damit öffentlich hinterlässt, ist erschütternd: Über Jahre wurde offenbar getrickst und betrogen, wie es den jeweiligen Offiziellen gerade in den Kram gepasst hat. Der sportliche Erfolg mit dem Weltmeistertitel 2014 verdeckte mögliche Zweifel. Sollten sich die Vorwürfe im aktuellen Fall jedoch bestätigen, geht es endgültig nicht mehr um Kavaliersdelikte wie eine geschenkte Uhr. Steuerhinterziehung ist eine Straftat, die Geldstrafen und Freiheitsstrafen bis zu zehn Jahren nach sich zieht.



Mehr und mehr wird nun klar, dass der DFB viel zu lange in seinem eigenen Saft geschmort hat. Zu viel interne Postenzuschusterei, zu wenig unbelastete Einflüsse von außen: Der Bodensatz, der sich so gebildet hat, kommt nun Stück für Stück an die Oberfläche. Was da wohl noch alles nach oben gespült wird?
Umso mehr ist jetzt der aktuelle Präsident gefordert. Fritz Keller, seit gut einem Jahr im Amt, war vor seiner Regentschaft nicht beim DFB eingebunden, könnte also unbelastet von alten Seilschaften aufräumen. Die Frage ist, ob er stark genug ist, um sich gegen diese Seilschaften auch durchzusetzen und sie zu sprengen. Es wäre dem deutschen Fußball zu wünschen.