Nun hat also auch der FC Bayern München seine Ibiza-Affäre. Obwohl – Moment mal: Affäre? Ist es nicht legitim, dass Arbeitnehmer in ihrer Freizeit eine gemeinsame Lustreise machen, gerade wenn sie der Arbeitgeber abgesegnet und in Person des Sportvorstands "als teambildende Maßnahme akzeptiert" hat? Natürlich, das schon.
Dafür müsste bzw. sollte jedoch die zuvor geleistete Arbeit zur Zufriedenheit der Firma ausgefallen sein. Was beim 1:3 der Bayern am Samstag gegen die überlegenen Underdogs aus Mainz absolut nicht der Fall war. Und als leitender Angestellter stand Trainer Julian Nagelsmann im Regen, wurde von seinen Spielern allein gelassen. Er wählte nach der Pleite deutliche Worte, konnte aber andererseits – mit geballter Faust in der Tasche – nicht das sagen, was er dachte und gerne gesagt hätte. In diese Lage, in eine höchst unangenehme Zwickmühle, hatten ihn der Verein und seine Spieler, die den Wunsch nach dem Ibiza-Kurztrip geäußert hatten, gebracht.
Was hätte Nagelsmann tun sollen? Den Trip untersagen? Damit wäre der 34-Jährige zum Partycrasher geworden. Er hätte sich gegenüber der Mannschaft, in der es ohnehin schon wegen seines teilweise zu anspruchsvollen und zu detailversessenen Trainings rumort, unbeliebt gemacht. So blieb ihm nur, das Go zu erteilen und auf eine ansprechende (Vor-)Leistung seines Teams in Mainz zu hoffen. Er wurde bitter enttäuscht. Daher sein Groll und seine – allerdings vage gehaltene - Brandrede mit dem Wunsch nach Veränderungen.
Andererseits, und das ist die einzig gute Nachricht für Nagelsmann: Die Ausgangssituation vor dem Heimspiel der Bayern am Sonntag gegen den VfB Stuttgart ist in meinen Augen nun ganz einfach: Wirklich motivieren muss der Trainer seine Mannschaft nicht, sondern lediglich das Stichwort Ibiza auf die Tafel schreiben. Nach dem Motto: Männer, zeigt der Liga, den Fans und der Öffentlichkeit, dass ihr trotz – oder wegen - der Partyreise nun ein besonders gutes Spiel machen könnt. Erstens, um jegliches Geschmäckle vom Geraune um eine Wettbewerbsverzerrung gegen einen Abstiegskandidaten im Keim zu ersticken. Zweitens: Um bei der feierlichen Übergabe der Meisterschale nach Abpfiff keine Pfiffe der eigenen Fans zu riskieren. Und drittens: Weil es um euren Ruf selbst geht.
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