Mehr als zwei Monate hat Mesut Özil geschwiegen – nun hat er sich zu Wort gemeldet. In einem dreiteiligen Pamphlet, das in Form und Inhalt einmalig ist. Auf Englisch hat die Marke Özil (eigenes Logo inklusive) seinen Abgang inszeniert wie eine Netflix-Serie. Es ist der unrühmliche Höhepunkt einer unglaublichen Posse, die nur ein Mann selbst mit seinem monatelangen Schweigen hervorgerufen hat: Mesut Özil.
"Für mich ging es nicht um Politik", sagt Özil in Bezug auf das Foto mit dem türkischen Despoten Recep Tayyip Erdogan. Lieber Herr Özil, wenn Sie vor der Präsidentschaftswahl in der Türkei ein Bild mit einem Mann posten, der freie Meinungsäußerung unterbindet: Dann ist das Politik pur.
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Nie zuvor hat ein Nationalspieler seinen eigenen Abgang so inszeniert wie Özil – und dabei zu einem großen Rundumschlag (vor allem gegen den bösen DFB-Präsidenten Reinhard Grindel, die bösen Medien und die bösen Sponsoren) ausgeholt; Selbstreflexion? Offenbar Fehlanzeige.
Der Ablauf der Özil-Erdogan-Affäre in Zitaten
Neben seinen vielen deutschen Fans haben sich auch die Nationalspieler, seine Mitspieler, schon während der WM eine Erklärung für das Selfie mit einem Mann, der Menschenrechte mit Füßen tritt, gewünscht. Was sie jetzt bekommen haben, wirkt wie eine beleidigte und beleidigende, zornige Abrechnung eines Gekränkten.
Um es klar zu sagen: Die von Özil angesprochenen und empfundenen Situationen müssen definitiv aufgearbeitet werden. Doch wäre ihm wirklich an einer förderlichen Analyse gelegen, hätte er einen anderen Weg wählen sollen; statt Dinge intern anzusprechen, hat er den Weg der Öffentlichkeit gewählt – selbstverständlich ohne Nachfragen zu gestatten, wie immer.
Internationale Pressestimmen zum DFB-Rücktritt von Mesut Özil
Nach seinen harten Anschuldigungen bleiben Fragen, die nicht nur im DFB, sondern im ganzen Land diskutiert werden müssen. Hier geht es nicht nur um Özil. Hier geht es nicht nur um die Nationalmannschaft. Hier geht es um Politik, große und kleine, um Integration, um Werte – und um Gefühle. Nicht nur die von Özil. Der Einzige, der das offenbar nicht verstanden hat, ist leider: Mesut Özil.
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