Die Spieler von Eintracht Frankfurt und Trainer Oliver Glasner wussten nach Abpfiff genau, was ihnen da gerade widerfahren ist. Das 0:2 im Achtelfinal-Hinspiel der Champions League gegen die SSC Neapel in der heimischen Arena war in vielerlei Hinsicht eine Lehrstunde für die hessischen Überflieger, die in den vergangenen Monaten und Jahren so viele Höhepunkte erlebt hatten. "Wir haben heute ein wenig die Nerven verloren", sagte Glasner. Neapel sei einfach "eine andere Nummer". Winterzugang Philipp Max sprach von einer Mannschaft, bei der "viele Mechanismen greifen" und es "manchmal einfach schwer ist, die richtigen Lösungen zu finden".
Durch den Sieg in der Europa League marschierte Frankfurt im Sommer in die Königsklasse, rettete dort im letzten Gruppenspiel furios den Einzug in die K.-o.-Phase. Nicht ganz unberechtigt träumte man am Main von weiteren Sensationen auf allergrößter europäischer Bühne. Doch dort traf der aktuelle Bundesliga-Sechste nun mit Italiens enteiltem Tabellenführer (15 Punkte Vorsprung auf den Tabellenzweiten Inter) auf einen Gegner, der in nahezu allen Belangen eine Klasse besser war. Die überragend aufgelegten Süditalienern haben mit ihren "Mechanismen" (Max) jeden Fehler der SGE ausgenutzt. Sie spielten abgeklärter, temporeicher, konsequenter und waren taktisch perfekt auf die Offensivstärke des deutschen Kontrahenten eingestellt.
Nach einem aktiven Beginn fehlten den Frankfurtern sowohl Mut als auch Ideen. Der Elfmeter in Hälfte eins, den Torwart Kevin Trapp parierte, war zudem ein Paradebeispiel für ihre fehlende Reife: Der schwächelnde rechte Außenspieler Aurelio Buta räumte Victor Osimhen ab, weil der in eine Passbewegung des Eintracht-Profis lief und so am Strafraumrand am Bein getroffen wurde. Ungeschickt auf der einen, pure Cleverness auf der anderen Seite.
Neapel ist Titel-Kandidat in der Champions League
Gravierende Fehlpässe führten sofort zum ersten Gegentor (vor dem 0:1 verlor Mario Götze den Ball) und nur Augenblicke später zum vermeintlichen 0:2, das aber aus Abseitsposition fiel. Fehler bei den Neapolitanern? Fehlanzeige. Kein Team spielte im Frankfurter Stadion in jüngerer Vergangenheit so dominant auf, erst recht zeigte die SSC ihre Überlegenheit nach der Roten Karte für Randal Kolo Muani eine halbe Stunde lang in Überzahl, ohne aber das dritte oder vierte Tor zu erzielen.
In einigen Spielen gegen Topteams reichte Glasners Team bei gravierender Unterlegenheit der starke Rückhalt Trapp – diesmal waren der gehaltene Strafstoß und weitere gute Paraden nicht genug. Neapel wird – das hat diese Glanzvorstellung bewiesen – fraglos ein Anwärter auf den Titel in der Champions League sein. Auch ohne die klangvollen Namen des Weltfußballs, als perfekte Einheit. Die Art und Weise, wie Coach Luciano Spalletti seine Elf spielen lässt, hat Frankfurt gezeigt: Das ist eine andere Liga. Es ist keine Schande für die Eintracht, man ist nicht untergegangen. Aber es musste nicht erst Real Madrid, Paris Saint-Germain oder Manchester City kommen, um den Hessen gnadenlos die Grenzen aufzuzeigen.
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