Es gab Jubel, als die Kamera bei Portugals Hymne auf die Bank schwenkte und Cristiano Ronaldo auf den vier Videowänden im WM-Stadion von Lusail auftauchte. Er ist immer noch der größte Star im Weltfußball, zusammen mit Lionel Messi, aber er ist – anders als Messi – ein Star, der nicht mehr gebraucht wird. Portugal-Trainer Fernando Santos hatte Ronaldo für das Achtelfinale gegen die Schweiz aus der Startelf gestrichen. Es war eine mutige Entscheidung – aber sie war richtig.

Ohne den 37 Jahre alten Kapitän zeigten die Portugiesen ihre beste WM-Leistung. Mann des Spiels beim 6:1-Erfolg war Goncalo Ramos mit drei Toren – ausgerechnet Ramos! Der 21 Jahre junge Angreifer war für Ronaldo in die Mannschaft gekommen und wurde zum ersten Spieler seit Miroslav Klose 2002 mit einem Dreierpack bei seinem Startelf-Debüt bei einer WM.

Der Sieg gegen die Schweiz bewies, dass Ronaldo ersetzbar geworden ist. Mehr noch: Portugal ist besser ohne den fünfmaligen Weltfußballer, dynamischer, unberechenbarer, effektiver. Die Zuschauer in Lusail erlebten einen Generationenwechsel.

Ronaldos Leistungen reichen nicht für die Startelf

Das Verhältnis zwischen Trainer Santos und Ronaldo war belastet zuletzt, nachdem der Kapitän auf seine Auswechselung im letzten Gruppenspiel gegen Südkorea reagiert hatte wie ein Kleinkind, dem im Sandkasten die Schaufel entwendet wurde. Allerdings dürfte dieses Benehmen nicht der Hauptgrund für Ronaldos Versetzung auf die Bank gewesen sein. Die – für ihn bittere – Wahrheit ist, dass seine Leistungen bei der WM nicht für einen Platz in der ersten Elf reichen.

Die Fans riefen in der Schlussphase seinen Namen. Sie wollten ihren Helden sehen, trotz Portugals klarer Führung – ein Zeichen für den ungesunden Starkult, der Ronaldo umgibt. Trainer Santos erfüllte den Wunsch des Publikums und brachte ihn in der 74. Minute. Es war ein Kurzeinsatz zum Vergessen: Ronaldo schoss einen Freistoß in die Mauer und ein Tor, das wegen Abseits nicht zählte. Sein Auftritt zeigte, warum er ersetzbar geworden ist.